Kaum Plätze für Kurzzeitpflege
Porträt Der Löpsinger Dr. Klaus Engel hat ein grafisches Verfahren entwickelt, das in der Medizin angewendet wird. Dafür wurde er für den Deutschen Zukunftspreis nominiert
Wer im Landkreis spontan einen betreuten Platz für seine Angehörigen sucht, hat schlechte Karten. Mehr lesen Sie auf
Erlangen Der Deutsche Zukunftspreis wird im November von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier persönlich verliehen; Hauptaspekt ist dabei der breite gesellschaftliche Nutzen der wissenschaftlichen Entwicklung. Von ursprünglich -zig Bewerbungen sind jetzt noch drei Teams nominiert; darunter die Gruppe um den 48-jährigen Dr. Klaus Engel, der aus Löpsingen stammt. Er entwickelte das „Cinematic Rendering“, mit dem medizinische Daten aus ComputerTomographie (CT)- oder Magnetresonanz (MRT)-Aufnahmen dreidimensional, fotorealistisch und nach allen Seiten drehbar abgebildet werden. Per Tastendruck erlauben Schnitte durch die plastischen Abbildungen jeden gewünschten Einblick.
Klaus Engels Vater war Amateurfunker, die Personal Computer sehr früh nutzten, um zum Beispiel Texte in Morsezeichen umzuwandeln. Der Sohn war weniger am Funken interessiert, sondern an den technischen Möglichkeiten, unter anderem des Commodore 64, vor allem im grafischen Bereich. „Ich bin sehr audiovisuell veranlagt, so hat mich auch das Kino schon immer begeistert“, charakterisiert sich der Wissenschaftler selbst. Noch als Schüler schrieb er erste Programme für Schaufenster- oder Disko-Werbung sowie erste Computerspiele. Im Gespräch schlägt er eine Brücke aus diesen Anfängen zu seiner heutigen hoch wissenschaftlichen Arbeit: „Damals schon lernte ich, alles an Ressourcen aus den Geräten zu holen; heute gilt es genauso, das vorhandene Potenzial zu optimieren.“
Nach dem Abitur am Nördlinger THG 1989 war der Weg zum Informatik-Studium in Würzburg und Erlangen schon vorprogrammiert nach seinem Motto: „Ich bin immer dem gefolgt, was mir Spaß machte und mich am meisten interessierte.“
Zwischendurch kam er etwas von der Bildhaftigkeit ab, arbeitete bei einer Software-Firma im Bereich „Embedded Software“, also Programmen von Klein-Computern, beispielsweise in Autos. Doch bald begeisterte ihn als Doktorand der neue Lehrstuhl für Computergrafik in Erlangen und später in Stuttgart. Hier beschäftigte er sich mit chemi- schen Daten, unter anderem mit Elektronenmikroskopen analysiert. Aus denen rechnete er dann beispielsweise Bilder von Molekülen in Form von Oberflächen heraus. Es war ein für ihn wichtiger technischer Wechsel, als die privat unerschwingliche Hardware in Computern, die unter anderem die Saurier in „Jurassic Park“zum Leben erweckten, durch kleine, kostengünstige Grafik-Steckkarten abgelöst wurde.
Engel hat schon zahlreiche Preise für seine Idee erhalten
Engel entwickelte die etwas abstrakten Formen zu immer fotorealistischeren Abbildungen weiter, Blutgefäße wirkten nun nicht mehr wie Plastikschläuche, sondern wie echte Adern. 2014 kam er auf die entscheidende Idee, nicht nur das Körperinnere, sondern auch die Lichtquellen realistisch zu simulieren, sodass die Adern, Knochen, Organe oder Tumore plastisch ausgeleuchtet wirken. Können Röntgenbilder, CT- oder MRT-Aufnahmen bislang nur von Radiologen richtig gelesen und in deren Köpfen zu dreidimensionalen Bildern umgesetzt werden, ist dies mit „Cinematic Rendering“nun auch beispielsweise für ungeübte Studenten, Mitarbeiter der verschiedenen Gesundheitsberufe und sogar für Laien möglich.
Auf seine zahlreichen, teils preisgekrönten Veröffentlichungen wurde man zunächst bei Siemens im amerikanischen Princeton aufmerksam, wo man ihn als Forscher einstellte, bevor er nach Erlangen zu Siemens Corporate Technology und Siemens Healthineers wechselte. 2016 schaffte er es zum Siemens-Erfinder des Jahres, heuer geht es um den Deutschen Zukunftspreis. Mit im Team ist Prof. Dr. Franz Fellner, Chef der Radiologie am Universitätsklinikum Linz, der in der Show „Universum Mensch“am Ars Electronica Center Linz Engels Verfahren populär macht; auch Dr. Robert Schneider, Engels Entwicklerkollege bei Siemens Healthineers, wird allein schon durch die Nominierung mit ausgezeichnet.
Dr. Klaus Engel blickt bereits in die Zukunft und sieht Chirurgen, die mit Augmented Reality3-D-Brillen und Cinematic Rendering die Patienten vor sich so betrachten, als wären sie durchsichtig.