Storchenboom in Oettingen
Tiere Ein Großteil der Bürger liebt die Störche. In Oettingen sind sie sogar zur Touristenattraktion geworden. Und das Chaos, das sie hinterlassen? Dafür hat die Stadt nun eine Lösung
Die hohe Zahl der Störche in Oettingen ist eine große Chance für den Tourismus, sagen Experten. Doch nicht alle Anwohner sind glücklich über die vielen Tiere.
Oettingen Ganz zweifellos: Eine Stadt, in der 18 Storchenpaare leben, die muss etwas Besonderes sein. Nestbau, Klappern, Sinkflüge über der Stadt, das Füttern des Nachwuchses. Die Bewohner erleben die Familienneugründung in Echtzeit mit. Und jetzt kommen auch die Storch-Touristen.
Die besonders vielen Störche hinterlassen allerdings auch besonders viel Dreck. Nistmaterial, zum Beispiel. Und da hätten wir auch das dreckige Geschäft in weiß, dass so manch rotes Kirchen- und Hausdach punktuell neu einfärbt. In Oettingen hat man sich im vergangenen Jahr zusammengesetzt und zumindest eine Möglichkeit gefunden, wie Hausbewohner sich nicht allzu sehr ärgern, wenn der Storch sich unter anderem auf dem Kamin ihres Dachs einen Platz zum Wohnen gesucht hat. Durch herabfliegendes Nistmaterial verunreinigte Dachrinnen werden künftig auf Kosten der Stadt gesäubert, wenn die Störche ihr Nest wieder verlassen haben. „Da sehe ich eine große Möglich- keit, den Hausbewohnern zu helfen“, sagt Oettingens Bürgermeisterin Petra Wagner. Das Problem mit dem Mist, beziehungsweise dem Nistmaterial, sei schließlich offensichtlich.
Nestbauzeit abgeschlossen
Die Nestbauzeit ist jetzt vorbei. Wenn doch einzelne Störche mit Ästen im Schnabel über die Stadt ziehen, dann liegt das laut Storchenschützer Thomas Ziegler an der Auszeit, die sich die Störche von ihren Jungen nehmen. Diese verlangten ständig Nahrung und da gehe es den Tieren ähnlich wie dem Menschen – irgendwann habe man den Schlaf bitter nötig. Die Couch zum Ausweichen ist dann möglicherweise ein anderer Kamin in der Stadt.
In Oettingen scheint ein Großteil der Bürger Gefallen an den Störchen zu haben, auch wenn das Nest nicht unbedingt über dem eigenen Dach thronen muss. Den
liegen zwei anonyme Schreiben vor, in denen sich Anwohner jedoch negativ äußern. Darin wird unter anderem bezweifelt, ob Oettingen so vielen Störchen überhaupt gerecht wird. Der Storchenexperte aus Feuchtwangen winkt ab. Denn gebe es nicht genügend Nahrung, würden erst gar nicht so viele Tiere in Oettingen brüten. Das sagt auch die Bürgermeisterin. Die Tiere profitieren unter anderem von den umliegenden Storchenbiotopen.
Allerdings, so sagt Ziegler, könnte es wegen der vielen Störche sein, dass nur zwei bis drei Storchenbabys in den Nestern aufwachsen werden. Das liege vor allem am Stress und der Unruhe, bedingt durch die hohe Population. „Es fliegt immer mal wieder einer über das Nest des anderen. Da hat der Storch Sorgen, dass dem Nachwuchs etwas passiert.“Also werden die Nahrungsflüge nicht so ausgiebig und weniger Nahrung heißt auch weniger Nachwuchs.
Die ungewöhnlich hohe Storchendichte hat nach Einschätzung des Storchenexperten aber durchaus positive Seiten. Sie suchten gemeinschaftlich nach Nahrung. Ein Angreifer oder ein fremder Storch würden zudem eher erkannt werden.
Tierschützer Ziegler sieht in den Störchen einen Segen für Oettingen. Denn mit dem Titel „Storchenstadt“könnte sie zu einem beliebten Ausflugsziel werden. Dass manch Oettinger gar etwas gegen das Klappern habe – auch das wird im Leserbrief thematisiert – könne der Storchenschützer nicht so ganz nachvollziehen. Aber schließlich gebe es immer Leute, die an allem etwas auszusetzen haben. Der Mist werde bereits bei einem stärkeren Regenschauer wieder von den Dächern gewaschen.
Schlüpfen weitere Junge, dann könnten bald rund 70 Störche in Oettingen wohnen. Nicht alle werden im nächsten Jahr zurückkehren. Die Jungstörche würden erst wieder kommen, so Ziegler, wenn sie geschlechtsreif sind. Und zunächst müssen die Störche über den Winter kommen.
Zwei der Tiere, die im Moment in Oettingen brüten oder bereits Nachwuchs bekommen haben, sind in der Storchenstadt zur Welt gekommen. Nach all den Flugstrecken und Strapazen sind sie nun wieder zurück, um in Oettingen heimisch zu sein.