Oettinger Klinik ist fit für die Zukunft
Die jahrelangen Spekulationen um eine mögliche Schließung sind verstummt. Inzwischen hat das Krankenhaus eine echte Nische gefunden
Was wurde in den zurückliegenden Jahren nicht alles spekuliert über das Oettinger Krankenhaus. Dass es dort keine ordentliche medizinische Versorgung gebe, dass dort nur noch alte Leute liegen würden und das Haus aus wirtschaftlichen Gründen ohnehin bald geschlossen werde. Dies hat mitunter zu großen Verunsicherungen bei den Beschäftigten, aber auch in der Bevölkerung geführt. Der Ruf des Hauses war nicht gerade der beste.
2013 wollte eine vom gemeinsamen Kommunalunternehmen (gKU) für teures Geld beauftragte Unternehmensberatung im Rahmen eines neuen Medizinkonzeptes für die Kreiskliniken dem Oettinger Haus sogleich den Garaus machen. „Nicht wirtschaftlich zu betreiben“lautete seinerzeit der Befund. Doch die Verantwortlichen des Landkreises ließen sich davon nicht sonderlich beeindrucken – eine Schließung der Klinik kam insbesondere aus politischen Gründen nicht in Frage.
Mittlerweile sind die Spekulationen weitgehend verstummt. Das Haus steht inzwischen wirtschaftlich auf recht soliden Beinen, trotz aller Probleme und Risiken, die es nach wie vor gibt. 2016 hat es sogar ein positives Wirtschaftsergebnis gegeben (wir berichteten). Gelungen ist dies vor allem mit einer Disziplin, die in der Medizin immer noch eine Nische darstellt, in Oettingen mittlerweile jedoch zu einem Schwerpunkt geworden ist: dem Weaning. Darunter versteht man die Entwöhnung von langzeitbeat- meten Patienten. Sie sollen während ihres Aufenthaltes wieder lernen, alleine zu atmen. Häufig handelt es sich dabei um schwerkranke Menschen, denen dadurch eine Rückkehr in ihr häusliches Umfeld ermöglicht wird.
Die Weaning Plätze reichen nicht mehr aus
Zu dieser Entwöhnung werden inzwischen Patienten aus Augsburg, Günzburg, Aalen, Gunzenhausen und Weißenburg nach Oettingen verlegt, weil sich dort mit Chefarzt Dr. Helmut Kern und seinem Team anerkannte Spezialisten den Betroffenen annehmen. Die Aufenthaltsdauer beträgt nach Angaben Kerns je nach Krankheitsverlauf von einer Woche bis zu zwei Monaten.
Weil es so gut läuft, reichen inzwischen die fünf Weaning-Plätze auf der Intensivstation nicht mehr aus. Im März sollen deshalb zwei Betten dazu kommen. Die dafür notwendigen Umbauten werden laut dem gKU-Vorstandsvorsitzenden Jürgen Busse acht bis neun Wochen bei laufendem Betrieb in Anspruch nehmen. Die Investitionskosten sind mit rund 300000 Euro veranschlagt. 200000 Euro kommen aus dem Kreis-Etat, den Rest bringt das Kommunalunternehmen selbst auf. „Damit wird die Klinik weiter gestärkt“, zeigt sich Busse überzeugt.
Dass es wirtschaftlich mit dem Oettinger Haus langsam aufwärts geht, liegt unter anderem an der Vergütung, die es von den Kassen für die Behandlung der WeaningPatienten erhält. Die ist viel höher als etwa für die geriatrische Reha, die seit vielen Jahren angeboten wird. Busse zufolge wollen die gKU-Verantwortlichen aus den gleichen Beweggründen die RehaPatienten künftig etwas zurückfahren und stattdessen die internistischen Betten im Rahmen der Akutgeriatrie belegen.
Durch die anstehende Erweiterung der Intensivstation sucht das Krankenhaus weitere Pflegekräfte. Auch im Ärztebereich wird es laut Busse Veränderungen geben. Die langjährige Oberärztin Tatjana Bissinger verlasse das Haus zum 1. April und ihre Kollegin Marianne Wippel übernehme künftig nur noch Oberarztdienste und sei damit nicht mehr ständig vor Ort. Dafür rücke die bisherige Assistenzärztin Dr. Marianna Borsdorf nach bestandener Facharztprüfung nach. Ein weiterer Oberarzt werde noch gesucht. gKU-intern wechselt laut Busse zum Jahresende ein weiterer Facharzt aus der Donauwörther Klinik nach Oettingen.
Wie Chefarzt Kern im Gespräch mit unserer Zeitung sagte, könne man das Oettinger Krankenhaus mittlerweile als Spezialklinik für Weaning-Patienten bezeichnen. Sie sei derzeit die einzige in der Region und genieße in Fachkreisen und bei den betroffenen Patienten einen guten Ruf. Beste Voraussetzungen also für ein Weiterbestehen des kleinsten Hauses im Klinikverbund des Landkreises.