Ein riesiges Experiment
Die Welt des Fußballs ist groß. Größer als die „normale“Welt. Die Vereinten Nationen zählen 193 Mitgliedsstaaten. Der Fußball-Weltverband Fifa verzeichnet sogar 211 Nationalverbände in seiner Mitgliederkartei.
Fußballer besitzen halt ein großes Herz und haben deshalb auch „Länder“wie die Amerikanischen Jungferninseln oder Taiwan aufgenommen, die bei den UN keine Anerkennung finden.
Fast jedes vierte Fifa-Mitglied darf nun ab 2026 an der Endrunde einer Weltmeisterschaft teilnehmen. Was noch viel großherziger ist. Natürlich wissen alle, dass dahinter lediglich machtpolitisches Kalkül steckt. Dieses Thema muss nicht diskutiert werden.
Die drängende Frage ist, ob „Spielmacher“Infantino mit der WM-Aufblähung dem Fußball schadet. Aus Sicht der „Großen“sicherlich. Der elitäre Zirkel der dominierenden Nationen würde am liebsten unter sich bleiben, die WM ruckzuck hinter sich bringen, damit man sich in den nationalen Ligen schnell wieder dem Geldverdienen widmen kann.
Aber: Die „neue“WM ist zwar teilnehmermäßig aufgebläht. Allerdings ist es Infantino mit dem geplanten Turnierformat gelungen, den zeitlichen Aufwand im bestehenden Rahmen zu halten. Der Weltmeister wird nicht mehr Spiele absolvieren müssen als bisher. Ein cleverer Schachzug, mit dem der Fifa-Chef viel Wind aus den Segeln der Kritiker genommen hat.
Für den Zuschauer kann eine WM mit vielen „Exoten“durchaus einiges Vergnügen bringen. „Kleine“haben immer wieder große Turniere belebt und bereichert. Siehe zuletzt Island bei der EM. Auf der Gegenseite ist eine Häufung langweiliger, einseitiger Partien zu Turnierbeginn natürlich nie auszuschließen.
Vor größeren Herausforderungen werden Organisatoren und Gastgeber stehen. Mehr Teilnehmer, mehr Spiele, mehr Aufwand, mehr Arbeit, mehr Kosten – die Gleichung ist einfach. Die Zahl der Gastgeber, die dieses Mega-Event stemmen können, wird jedenfalls noch kleiner sein als bisher.
Größter Schwachpunkt in Infantinos Plan ist sicherlich der Modus. Das Format mit den Dreier-Gruppen birgt große Gefahren, unter anderem die der Wettbewerbsverzerrung. Kein Wunder, dass gestern keine Lösungen präsentiert wurden. Ob es tatsächlich gelingt, Regularien zu entwerfen, die einen fairen, interessanten Wettbewerb garantieren? Spannende Frage. Die „neue“WM droht ein riesiges Experiment zu werden.