Nördlingen reist vor die Haustür
In und um die Stadtmauern können Bürger mit einem neuen Angebot ihrem Alltag entfliehen. Wie die Stadt vom „Tapetenwechsel“profitieren will
Als Nördlinger in Nördingen Urlaub machen, klingt zunächst eher unnötig. Immerhin kennen die Einheimischen die Umgebung, den Daniel und die Restaurants. Der Schwabe an sich wird sich ohnehin denken, warum denn Geld für ein Hotel in der Heimat ausgeben? Die Stadt Nördlingen bewirbt in einer neuen Aktion aber genau das. Nördlinger sollen Urlaub in Nördlingen machen. Günstiger, als eigentlich üblich, aber nur im Februar. Der sogenannte „Tapetenwechsel“richtet sich darüber hinaus nicht nur an die Einheimischen. Die Stadt will, dass alle vom Schnäppchen-Februar profitieren.
Ein Wochenend-Urlaub vor der eigenen Haustür könnte in Nördlingen dann wie folgt aussehen. Eine Familie übernachtet zwei Mal im Gästehaus Goldener Stern, wahlweise auch in anderen Hotels, die sich beteiligen. Nach der ersten Nacht folgt je nach Geschmack eventuell ein Besuch im Rieskrater-Museum oder aber in „My little Guitarworld“, wo allerlei Instrumente ausprobiert werden dürfen. Am Abend gibt es dann das „Winzermenü“in Wengers Brettl und anschließend erfahren Besucher in Dschedsches Irish Pub Wissenswertes rund um das Guinness-Bier. Nach der zweiten Nacht geht es nach einer Turmbegehung des Daniel zurück in die eigenen vier Wände. Hoffentlich – so der Wunsch des Stadtmarketingvereins Nördlingen – gut erholt und begeistert vom touristischen Angebot in der eigenen Stadt, dass der Tipp an Freunde und Familie weitergegeben wird.
Es gibt mehrere Städte, die ein ähnliches Projekt bereits umgesetzt haben. Eine davon ist Lübeck, über 700 Kilometer von Nördlingen entfernt. Der „Tapetenwechsel“hat nach Aussagen der dortigen Initiatoren die Auslastung von Hotels und Gästehäusern für das ganze Jahr angekurbelt. In Lübeck allerdings gilt die Aktion ausschließlich für Einheimische. Buchungen werden dort nur akzeptiert, wenn man sich in einem Gebiet mit entsprechender Postleitzahl wohnt.
Die Leiterin des Gästeservices Alexandra Grohe ist davon überzeugt, dass es Lübeck nur Vorteile gebracht hat. Auch wenn es am Anfang schwer gewesen sei, die Hotelpartner vom Nutzen des Tapetenwechsels zu überzeugen. Denn klar ist für sie, die Hoteliers oder wie im Nördlinger Fall die Betreiber von Restaurants oder Museen machen mit dem Tapetenwechsel nicht Geschäft schlechthin. Dazu seien die Rabatte für ein solches zu großzügig. Zumindest kommt der erwünschte Marketing-Effekt nicht unmittelbar im selben Monat.
In Lübeck hätte sich der Tapetenwechsel inzwischen soweit herumgesprochen, dass einige Bürger nicht mehr ihre Sofas für die Verwandten anbieten würden, sondern auf die Angebote bei den Hotels verwiesen. Genau das wollte die Marketing GmbH nach eigenen Angaben erreichen. Grohe sagt aber auch, dass sie im Laufe der Jahre dazulernen mussten. Das betrifft vor allem die Storno- und Umbuchungsbedingungen. Zu Beginn habe es keinerlei Gebühren gegeben. Einige Interessenten hätten das ausgenutzt und mehrere Übernachtungstermine bei verschiedenen Hotels geblockt. „Das war ungerecht. Deshalb haben wir beschlossen, die Gebühren zu erheben“, sagt die GästeserviceLeiterin.
Der Arbeitskreis Gastronomie und Tourismus im Stadtmarketingverein „Nördlingen ist’s wert“hat die Kampagne „Tapetenwechsel“speziell für Nördlingen entwickelt. Hinter der Werbe-Kampagne stecke mehr, als nur den Februar zu
„Tapetenwechsel“in anderen Städten erfolgreich
Nördlingen sollen Sprachrohr für ihre Stadt werden
beleben, der für Touristen nicht gerade beliebt sei. Arbeitskreisleiter David Wittner erhofft sich, dass die Einheimischen noch mehr zu „Botschafter ihrer eigenen Stadt“werden.
Am Projekt beteiligen sich in Nördlingen insgesamt knapp 20 Anbieter aus den Bereichen Kulinarik, Kultur und Übernachten. Die Aktion gilt den gesamten Februar und ist bereits jetzt buchbar. Die Reservierungen erfolgen direkt beim teilnehmenden Betrieb und unter Vorbehalt. Den offiziellen Auftakt macht eine Auktion, bei der es diverse Angebote im Aktionszeitraum zu ersteigern gibt. O
Info Weitere Details zum Projekt gibt es im Internet unter www.noerdlin gen.de.