So kommen Flüchtlinge in Ausbildung
Wie die IHK Schwaben junge Migranten in die Betriebe der Region bringen will
Augsburg In den vergangenen Wochen hat Josefine Steiger unzählige Fotos ihrer Schützlinge per Handy erhalten. Darauf sind aber nicht die Gesichter der jungen Auszubildenden zu sehen, sondern ihre Zwischenzeugnisse. Steiger freut sich mit jedem Einzelnen, der sein erstes Lehrjahr abgeschlossen hat: „Sie sind mittlerweile sehr gut integriert. Die Betriebe sind für manche eine Art Familie geworden.“
Steiger ist Leiterin des Pilotprojekts „Junge Flüchtlinge in Ausbildung“der Industrie- und Handelskammer (IHK) Schwaben. Das Vorhaben ist bayernweit einzigartig. Ziel ist es, die jungen Migranten individuell zu begleiten und gezielt auf den Arbeitsmarkt vorzubereiten. Davon würden auch die regionalen Betriebe profitieren, die so die fehlenden Nachwuchskräfte ausgleichen könnten, sagt Steiger.
Für den Hauptgeschäftsführer der IHK Schwaben, Peter Saalfrank, ist das Projekt ein Modell für die Zukunft: „Wenn wir dem Fachkräftemangel in den kommenden 15 Jahren entgegentreten wollen, müssen wir die jungen Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt integrieren.“Im Dezember 2014 startete das deutschlandweit beachtete Projekt. Im vergangenen Ausbildungsjahr begannen 60 junge Flüchtlinge, fast ausschließlich Männer, in Schwaben eine Lehre – 52 sind immer noch dabei. Der Zuspruch der schwäbischen Unternehmen sei groß – rund 244 große und kleine Betriebe unterstützen die jungen Flüchtlinge. Die IHK Schwaben rechnet damit, dass rund 100 junger Migranten mithilfe des Projekts am 1. September ihre Lehre beginnen werden. Auch für die einheimischen Nach- wuchskräfte setzt sich die IHK ein. So gibt es nicht nur Unterstützung bei der Berufswahl, auch während der Ausbildung und darüber hinaus werden die Lehrlinge durch das Bewerbungsmanagement betreut.
Trotzdem werden viele Lehrstellen in der Region unbesetzt bleiben. Besonders hoch sei der Bedarf an Fachkräften in der Gastronomie. Vor allem an Köchen fehle es – auch bei den Flüchtlingen kein beliebter Beruf: „In ihren Heimatländern gibt es so einen Beruf für Männer nicht, da kocht die Mutter“, sagt Steiger. Auch Berufskraftfahrer oder Straßenbauer werden händeringend gesucht. Die IHK versucht, die jungen Flüchtlinge in die entsprechenden Berufe zu vermitteln: „Das ist unser Ansatz, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen“, sagt Steiger und fügt hinzu: „Die Migranten nehmen aber keinem den Platz weg, sondern decken die Nachfrage ab.“
Die IHK vermittelt nicht jeden Flüchtling an die Betriebe. „Wir schauen uns die Migranten genau an, ob sie schon so weit sind“, sagt Steiger. Die IHK setzt dabei auf eine umfassende Betreuung. Ein wichtiger Baustein ist es, die Wünsche und Fähigkeiten der Flüchtlinge genau zu erfassen. Die Betriebe bekommen diese Porträts zugeschickt und können sich mit den jungen Menschen in Verbindung setzen.
Nicht jeder Migrant könne aber sofort eine Ausbildung beginnen, sagt Steiger. „Die Flüchtlinge sind unterschiedlich. Mit einigen muss man viel Geduld haben.“Ein Hindernis sei nicht nur die Sprache, auch mangelnde mathematische Kenntnisse seien beispielsweise in einigen Lehrberufen problematisch. Hinzu komme in vielen Fällen die fehlende Arbeitserlaubnis sowie die langen Anfahrtswege zum Betrieb.