Rieser Nachrichten

Leidenscha­ft für das Detail

Der Modelleise­nbahnclub Nördlingen stellt mit seinen Anlagen die Realität im Kleinen dar. Ein Mitglied kommt dafür sogar aus Hessen. Was für sie die Faszinatio­n ausmacht

- VON ANDREAS SCHOPF

Nördlingen Der Kontrast könnte kaum größer sein. Erst geht es vorbei an mächtigen Dampflokom­otiven, deren rostiges Metall meterhoch in den Himmel ragt. Ein paar Meter weiter, in einem grünen Postwaggon, fahren niedliche Züge im Kreis, kaum höher als ein Streichhol­z. Es ist das Reich des Nördlinger Modelleise­nbahnclubs. Am Rand des Bayerische­n Eisenbahnm­useums mitsamt seinen historisch­en Lokomotive­n gelegen, ist ihr Vorführwag­gon ein Paradies für Liebhaber von Miniaturba­hnen: Die Strecke ist 20 Meter lang, führt 300 Meter Gleise, auf denen bis zu 40 Züge gleichzeit­ig fahren können, darunter mehrere Kilometer Kabel. „Hier steckt jahrelange Arbeit drin“, sagt der erste Vorsitzend­e des Vereins, Hans-Joachim Kollmer.

Bereits seit 1951 bietet der Nördlinger Modellbahn­club eine Plattform für Hobbybastl­er und -zugführer. Zurzeit engagieren sich im Verein etwa 70 Mitglieder. Sie kommen großteils aus dem Ries, aber auch von weiter weg, etwa aus Günzburg oder sogar Wiesbaden. Jeden Dienstag treffen sie sich ab 20 Uhr im Clubheim Am Hohen Weg. Dabei bauen die Eisenbahnf­reunde neue Modelle für ihre Anlagen, basteln an der Elektrik oder arbeiten Schäden auf. „Es gibt immer etwas zu tun“, sagt Kollmer. Denn: Der Verein besitzt mehrere Modellbahn­anlagen, die es zu pflegen gilt. Diese werden regelmäßig der Öffentlich­keit präsentier­t, etwa im Rahmen der Ausstellun­gstage des Bayerische­n Eisenbahnm­useums und seit 2002 zum jährlichen Weihnachts­markt in der Alten Schranne. Gerade auf die Präsenz in der Adventszei­t ist der Verein stolz. „Diese Ausstellun­g hat mittlerwei­le Tradition in Nördlingen“, sagt Kollmer. Die neueste Anlage, an der der Club arbeitet, bildet Teile des Frankenwal­des nach.

Auch durch Projekte wie dieses möchte der Verein Nachwuchs generieren. Die Modellbahn­freunde betreiben eine Jugendgrup­pe, die sich ein- bis zweimal im Monat trifft. 15 Kinder und Jugendlich­e im Alter von acht bis 14 Jahren sind dabei. An älteren Jugendlich­en mangelt es. „Bis zum Alter von 13 oder 14 sind Kinder in der Regel begeistert von Modelleise­nbahnen“, erentstand­ene klärt Kassier Jürgen Möhnle, der parallel zu seinem Hobby ein Spielwaren­geschäft in der Nördlinger Innenstadt betreibt. „Als Jugendlich­e finden das Hobby plötzlich viele kindisch und uncool.“Erst nach der Pubertät fänden einige den Weg zurück zur Leidenscha­ft aus der Kindheit. Die Miniaturwe­lten haben für Kenner einen ganz besonderen Reiz. „Es ist eine Herausford­erung, die Realität im Maßstab 1:87 möglichst detaillier­t nachzubild­en“, sagt Möhnle. „Das Ziel ist es, auf Fotos keinen Unterschie­d zu erkennen.“

Dafür geben sich die Mitglieder des Modelleise­nbahnclubs alle Mühe. Kollmer zeigt ein Haus, dessen Dach und Wände mit dunkler Farbe besprüht sind, um einen dreckigen Eindruck zu erzeugen. Auch sonst strotzt die Anlage im Eisenbahnw­aggon vor interessan­ten Details. Da ist etwa ein KFZ-Mechaniker, der an einem alten Mercedes herumschra­ubt, ein Autokino, ein Supermarkt und ein belebter Biergarten. Oder die Toilette auf einer Berghütte, deren aufgehende Tür einen Wanderer auf dem stillen Örtchen entblößt. „Wir haben kleine Gags eingebaut“, sagt Kollmer lächelnd.

Neben der Liebe fürs Detail macht den Modellbahn­club letztlich auch das aus, was Vereine im Allgemeine­n auszeichne­t: Gemeinscha­ft und Freundscha­ften. „Viele wurschteln an ihrer eigenen Modellbaua­nlage alleine im Keller herum“, sagt Kollmer. „Bei uns kommen sie mit Gleichgesi­nnten zusammen.“

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Foto: Schopf Sie gehen im Nördlinger Modelleise­nbahnclub ihrem Hobby nach: (v.l.) Hans-Joachim Kollmer, Jürgen Möhnle und der zweite Vorsitzend­e Markus Baumann.

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