Im Laufschritt zum Erfolg
Um Marathons zu bewältigen, benötigt man Disziplin und Willensstärke. Hilft der Sport der Karriere?
Der Marathon gilt für Läufer als die Königsdisziplin. Wer die 42,195 Kilometer schaffen will, braucht Willenskraft, Zielorientierung, Durchhaltevermögen und darf sich nicht durch Rückschläge aus dem Konzept bringen lassen. Eigenschaften, die auch im Berufsleben gefragt sind. Kommen Marathonläufer also auch auf der Karriereleiter schneller vorwärts?
„Es scheint jedenfalls einen Zusammenhang zu geben zwischen Erfolg im Beruf und Erfolg im Sport“, sagt Christian Zepp von der Deutschen Sporthochschule in Köln, selbst Marathonläufer. Seine Bestzeit: zwei Stunden, 50 Minuten. Dass man durch regelmäßigen, ambitionierten Ausdauersport seine Karriere befördern kann, sei zu schlicht gedacht. Wer im Sport erfolgreich, durchsetzungsstark und zielorientiert ist, sei das zwar oft auch im Beruf. „Aber diese Werte entstehen nicht ausschließlich, weil Sie Sport machen, es sind häufig angeborene Eigenschaften.“
Auch Daniel Holzinger, Management Coach aus Stuttgart, ebenfalls mit Marathonerfahrung (Bestzeit: 2 Stunden, 45 Minuten), ist skeptisch: „Ich kenne Sportler, die beruflich Versager waren, und auch den ge- nau umgekehrten Fall. Es gibt keine Garantie, dass sportlicher Erfolg zu beruflichem führt.“Dass Manager oft Marathon laufen, hat auch er beobachtet. „Das sind Beißertypen, die bei Dauerbelastungen sogar Spaß empfinden“, sagt er. Da, wo es anfängt, anderen wehzutun, fühlen sie sich wohl. „Ich war auch so“, sagt Holzinger, „für mich konnte die Trainingseinheit früher gar nicht hart genug sein.“Wer so tickt, sei frustrationstolerant. „Das ist natürlich ein Vorteil für die Karriere.“
Wie groß das Interesse von Managern an Bestzeiten auf der Langstrecke ist, zeigt sich jedes Jahr in Frankfurt: Beim Marathon dort gibt es seit 2008 eine eigene Wertung für Führungskräfte. Von den rund 11800 Teilnehmern beim Lauf im Oktober hatten sich 240 dafür gemeldet. „Und da sind schon einige gute Läufer dabei“, sagt ein Sprecher des Frankfurt-Marathons.
Sieger in der Manager-Wertung wurde damals Oliver Kunz aus Grafenau bei Böblingen mit einer Zeit von 2 Stunden und 39 Minuten. Bei seinem ersten Marathon 2005 war er noch Metallbauer, ist beruflich anschließend erst richtig durchgestartet. Erst wurde er Key Account Manager und ist nun Vertriebsleiter bei einem mittelständischen Unternehmen. Kunz sieht einen Zusammenhang mit dem Sport. „Wer nie an seine Grenzen geht, wird nie wissen, wozu er fähig ist“, zitiert er sein Leitmotto. Beim Laufen diese Erfahrung gemacht zu haben, gab ihm mentale Stärke. Kunz läuft jede Woche fünf- bis siebenmal, zusammen 80 bis 100 Kilometer. „Die Ideen für Entscheidungen, die ich täglich tref- fe, entwickele ich alle beim Laufen“, erzählt er. Dort habe er eine andere Ruhe als im Büro.
Christian Zepp ist sich sicher, dass Erfolg auch mit den jeweiligen Persönlichkeitsmerkmalen zu tun hat: „Die Herausforderung beim Marathonlauf ist die Vorbereitung darauf“, sagt Zepp, „sich monatelang immer wieder die Schuhe zu binden und regelmäßig zu trainie- ren.“Gewissenhaftigkeit, Ehrgeiz, Disziplin und die Fähigkeit, auf ein Ziel hinzuarbeiten, sind dann genauso gefragt wie die, mit Misserfolgen umgehen zu können. Solches Wissen könne einen beruflich voranbringen. Das ist nach Zepps Einschätzung auch einer der Gründe, warum manche Unternehmen versuchen, ehemalige Leistungssportler als Führungskräfte für sich zu gewinnen. Marathonerfahrung ist ein Karriere-Pluspunkt. Wer sie hat, sollte das in seiner Bewerbung nicht verschweigen, rät er.
Aber soll man Langstreckenläufer werden in der Hoffnung, beruflich weiterzukommen? „Ob’s immer gleich ein Marathon sein muss, bezweifle ich“, sagt Daniel Holzinger. Auch Christian Zepp ist skeptisch. Bei einer Laufgruppe am Arbeitsplatz mitzumachen, stärke aber das Gemeinschaftsgefühl und erhöhe bei den Teilnehmern die Bereitschaft, sich beruflich zu engagieren, sagt er.
Oliver Kunz hat sich zum Laufen nie groß überwinden müssen: „Ich stehe dafür schon mal um fünf auf“, sagt er. „Für mich gibt es nichts Schöneres, als morgens eine Stunde raus zu können. Und auf dem Rückweg hole ich dann Brötchen.“