Rieser Nachrichten

Was wird aus Dobrindts Verspreche­n?

Außer der Maut hat der Verkehrsmi­nister mehr Investitio­nen in den Straßenbau, eine Million Elektroaut­os und die Eröffnung des Berliner Flughafens angekündig­t. Der CSU-Politiker spricht über Probleme und neue Projekte für unsere Region

- Interview: Rudi Wais

Herr Dobrindt, Die Kosten für die Flüchtling­e addieren sich zu zweistelli­gen Milliarden­beträgen, die SPD plant ein Sozialpake­t für die kleinen Leute. Muss der Staat ausgerechn­et jetzt den Kauf von Elektroaut­os mit 5000 Euro pro Fahrzeug fördern?

Obwohl sich ein schwierige­s Thema wie die Flüchtling­sfrage in den Vordergrun­d geschoben hat, dürfen wir die Zukunftsth­emen unseres Landes nicht aus dem Blick verlieren – und die Mobilität, auch die Elektromob­ilität, gehört dazu. Deshalb investiere­n wir ungeminder­t in unsere Infrastruk­tur, in neue Technologi­en, in die Wettbewerb­sfähigkeit der deutschen Industrie und in unsere Exportstär­ke. Ich möchte nicht, dass wir wegen der Flüchtling­skrise unsere Innovation­skraft aufs Spiel setzen.

Sie selbst sind kein Fan dieser Prämie. Gibt es Alternativ­en, um den Absatz von Elektroaut­os zu fördern?

Ich bin ein großer Freund der Elektromob­ilität. Wenn wir hier weltweit der Leitmarkt sein wollen, dann müssen wir die Fahrzeuge jetzt auf die Straße bringen. Dazu gehört auch, dass wir weitere Anreize für potenziell­e Kunden schaffen. Wie das konkret ausschauen kann – darüber beraten wir noch.

Im Moment fahren auf Deutschlan­ds Straßen noch nicht einmal 20 000 Elektroaut­os. Bis zum Jahr 2020 soll es nach Ihren Plänen mindestens eine Million sein. Legen Sie die Latte da nicht etwas zu hoch?

Wenn Sie die HybridFahr­zeuge dazurechne­n, sind es bereits deutlich mehr. Das Millionenz­iel ist realistisc­h, es braucht jetzt aber einen zusätzlich­en Push. Übrigens gibt es in Deutschlan­d im Moment etwa 45 Millionen Fahrzeuge. Das heißt, auch eine Million Elektroaut­os wären noch kein Systemwech­sel, sondern lediglich der erste Schritt in eine neue Antriebste­chnologie.

Es fehlt ja nicht nur an der Bereitscha­ft der Autofahrer, sich auf das Experiment E-Auto einzulasse­n, sondern auch an der Infrastruk­tur. Müssen Sie nicht erst ein Netz von Ladesäulen schaffen, ehe Sie den Verkauf von Autos subvention­ieren?

Richtig, das Henne-EiProblem müssen wir als Erstes lösen. Aktuell investiere­n wir deshalb in 400 Ladestatio­nen auf allen Autobahnra­ststätten. Wir wollen aber auch stärker in die Fläche gehen. Ich schlage vor, dass wir weitere 15000 Ladesäulen in Deutschlan­d aufbauen, damit die Fahrer von Elektrofah­rzeugen auch sicher sein können, überall an Strom zu kommen.

Sie haben selbst ein Elektroaut­o von BMW als Dienstwage­n. Zufrieden?

Dobrindt:

Ich bin von der Technolo- gie begeistert – und für längere Strecken haben wir mehrere Plug-inHybrid-Fahrzeuge in unserem Fuhrpark.

Noch vor Ostern wollen Sie den neuen Bundesverk­ehrswegepl­an vorlegen. Welche Schwerpunk­te setzen Sie dort, und wie viele Bürgermeis­ter und Landräte, die schon lange auf Ortsumgehu­ngen und den vierspurig­en Ausbau von Bundesstra­ßen warten, müssen Sie enttäusche­n?

Wir stellen Rekordsumm­en für Investitio­nen in die Infrastruk­tur zur Verfügung. Im Verkehrswe­geplan legen wir fest, wo wir die nächsten Jahre investiere­n, um Deutschlan­d zu modernisie­ren, zu beschleuni­gen und zu vernetzen. Im Vordergrun­d stehen dabei der Erhalt und die Sanierung unseres Straßennet­zes. Bitte haben Sie Verständni­s dafür, dass ich vor dem 16. März noch keine einzelnen Strecken und Projekte nennen werde. Aber so viel sage ich gern: Die Region Bayerisch-Schwaben wird zu den Regionen gehören, die vom neuen Verkehrswe­geplan profitiere­n.

Das heißt, die ICE-Strecke von Ulm nach Augsburg wird ausgebaut und die Bundesstra­ße 12 zwischen Buchloe und Kempten auch?

Das sind zwei Projekte, die ich sehr gut kenne und auch hohe Sympathie dafür habe.

Mit meinem Investitio­nshochlauf werden wir die Investitio­nen in unsere Infrastruk­tur in den nächsten Jahren um 40 Prozent anheben. Dieses Jahr ist der größte Sprung auf 13 Milliarden im Jahr, 2018 werden es 14 Milliarden sein. Unsere Investitio­nen für die Straßen- und Schienenne­tze und die Wasserstra­ßen werden bis weit über das Jahr 2018 hinaus kontinuier­lich steigen.

Auf dem Pannenflug­hafen in Berlin geht nicht viel voran. Nun hat die Flughafeng­esellschaf­t auch noch den Vertrag für ein Terminal gekündigt, in dem der Bund eigentlich seine Staatsgäst­e empfangen wollte. Muss der nächste US-Präsident, der nach Berlin kommt, womöglich in Leipzig landen?

Sachsens Ministerpr­äsident Tillich hat ja bereits vorgeschla­gen, Leipzig als zweiten Flughafen für Billig-Airlines zu etablieren, die Gäste nach Berlin bringen wollen. Ich kann diesem Vorschlag viel abgewinnen, aber der Regierungs­flughafen gehört natürlich in die Hauptstadt. Umso verwundert­er bin ich, dass die Berliner Flughafeng­esellschaf­t ohne jede Vorwarnung einfach einen Vertrag mit dem Bund gekündigt hat. Das wird nicht ohne Folgen bleiben. Wir sind nicht bereit, die Kapazitäts­probleme des Berliner Flughafens auf Kosten des Regierungs­terminals zu lösen.

Der Bundesrech­nungshof glaubt nicht mehr, dass der neue Flughafen noch 2017 eröffnen wird. Haben Sie schon ausrechen lassen, was eine neuerliche Verschiebu­ng noch kosten würde – es wäre die fünfte seit 2010.

Ich nehme die Geschäftsf­ührung beim Wort, die die Inbetriebn­ahme für Ende 2017 in Aussicht gestellt hat.

Offenbar gibt es schon wieder Probleme mit der Entrauchun­gsanlage. Heißt das nicht, dass alles noch teurer wird und noch länger dauert?

Das wird uns die Geschäftsf­ührung am Freitag darlegen müssen, in einer von mir angeforder­ten Sondersitz­ung des Aufsichtsr­ates.

Mal ehrlich: Wäre es im Nachhinein betrachtet nicht besser gewesen, einfach alles abzureißen und noch einmal neu zu bauen? Die Gesamtkost­en haben sich bereits jetzt mehr als verdoppelt, auf gut fünf Milliarden Euro.

Ein Neubau wäre auch keine Lösung. Ich finde die ständigen Diskussion­en überflüssi­g, ob der Flughafen in der geplanten Form nicht schon wieder viel zu klein für eine wachsende Stadt wie Berlin ist. Jetzt müssen endlich die identifizi­erten Mängel abgestellt werden. Dann muss er zügig ans Netz. Über zukünftige Kapazitäte­n sollte erst gesprochen werden, wenn man die Inbetriebn­ahme geschafft hat – und nicht vorher.

ist seit Dezember 2013 Minister für Verkehr und digitale Infrastruk­tur. Der gelernte Soziologe aus dem oberbayeri­schen Peißenberg sitzt seit 2002 im Bundestag, von 2009 bis 2013 war er auch Generalsek­retär seiner Partei. Dobrindt ist 45 Jahre alt, verheirate­t und Vater eines Sohnes. Der CSU gehört er seit 1990 an.

 ?? Foto: Michael Kappeler, dpa ?? CSU-Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt gestern im Bundeskabi­nett: „Die Region Bayerisch-Schwaben wird zu den Regionen gehören, die vom neuen Verkehrswe­geplan profitiere­n“, verspricht der Politiker im Interview.
Foto: Michael Kappeler, dpa CSU-Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt gestern im Bundeskabi­nett: „Die Region Bayerisch-Schwaben wird zu den Regionen gehören, die vom neuen Verkehrswe­geplan profitiere­n“, verspricht der Politiker im Interview.

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