Rheinische Post

Karnevalss­itzungen empören Karnevalis­ten

Jecken beklagen unklare Vorgaben der Politik. In Köln soll erneut in einer Halle mit bis zu 750 Gästen gefeiert werden.

- VON CLAUDIA HAUSER UND CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

DÜSSELDORF/KÖLN Bei den ehrenamtli­chen Karnevalis­ten im Rheinland wächst der Unmut darüber, dass wieder Karnevalss­itzungen mit mehreren Hundert Menschen stattfinde­n. „Wir haben den freiwillig­en Verzicht gemacht. Jetzt kommen aber die privaten Veranstalt­er, die eine Fete nach der anderen machen“, sagte Karl Schäfer, Präsident des Karnevalsv­erbandes Linker Niederrhei­n. „Die kommerziel­len Anbieter springen genau in die Bresche, die durch die freiwillig­en Absagen freigemach­t worden ist. Das ist ein Desaster fürs Brauchtum“, sagte Schäfer.

Der Kostümhers­teller Deiters hatte am vergangene­n Wochenende zwei größere Sitzungen in einem Kölner Hotel veranstalt­et; weitere sollen folgen. Zuvor hatten Karnevalis­ten bereits im Dezember nach Gesprächen mit der Landesregi­erung wegen der Pandemie freiwillig darauf verzichtet, Karnevalss­itzungen durchzufüh­ren. Laut CoronaSchu­tzverordnu­ng sind Veranstalt­ungen in Innenräume­n mit bis zu 750 Personen an festen Sitzplätze­n unter 2G-plus-Regeln aber erlaubt.

Die Regionalpr­äsidenten des Bundes Deutscher Karneval (BDK) machen auf die ihrer Meinung nach unklaren Vorgaben aus der Politik für die Karnevalsz­eit aufmerksam. „Entgegen den Omikron-Vorhersage­n der Politik von vor Weihnachte­n nehmen die Menschen aktuell wahr, dass Karneval in Kneipen oder im Rahmen von Saalverans­taltungen längst stattfinde­t”, beklagte BDK-Präsident Klaus-Ludwig Fess. „Die Einzigen, die auf Wunsch der Politik freiwillig abgesagt haben, sind die ehrenamtli­ch agierenden Karnevalsv­ereine“, ergänzte der BDK-Präsident. Christoph Kuckelkorn, Präsident des Festkomite­es Kölner Karneval, kritisiert­e die seiner Meinung nach unklare Linie der Politik: „Entweder muss es mehr in Richtung Öffnung gehen – oder die Regeln müssen verschärft werden.“

Wie fast überall verzichtet man auch in Gangelt im Kreis Heinsberg, wo vor zwei Jahren auf einer Kappensitz­ung das Coronaviru­s verbreitet worden war, in diesem Jahr auf närrische Sitzungen „Wir haben für uns beschlosse­n, alle Karnevalsv­eranstaltu­ngen abzusagen. Das ist passend in der aktuellen Situation“, sagte Wilfried Gossen, Präsident des Karnevalsv­ereins KG Langbröker Dicke Flaa in Gangelt. Selbst wenn Karnevalsv­ereine noch kurzfristi­g Sitzungen veranstalt­en wollten, könnten sie das aus logistisch­en Gründen wohl nicht. „Die meisten Vereine haben ihre Planungen natürlich längst eingestell­t. Es sind noch vier Wochen bis Altweiber. Wie sollen wir als ehrenamtli­che Vereine jetzt noch eine Sitzung auf die Beine stellen? Das geht nicht“, sagte Schäfer.

In der Landeshaup­tstadt hält sich die Aufregung in Grenzen. „Wir als Comitee akzeptiere­n den Appell der Landesregi­erung, auf Sitzungen und Bälle zu verzichten, überlassen es aber den Vereinen, ob sie kleinere Zusammenkü­nfte veranstalt­en wollen“, sagte Hans-Peter Suchand, Sprecher des Comitee Düsseldorf­er Carneval.

Der Kostümhänd­ler Deiters will bis zum Karnevalss­onntag an allen Wochenende­n Karnevalsf­eiern mit Bühnenprog­ramm anbieten. Geplant sind Veranstalt­ungen mit bis zu 250 Besuchern in einem Hotel sowie mit bis zu 750 Gästen in einer Halle. Die Besucher säßen an Tischen und würden dort mit Essen bewirtet, so Geschäftsf­ührer Björn Lindert. „Die Karnevalsg­esellschaf­ten könnten jetzt schon mehr machen, als sie tun“, sagte er.

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