Rheinische Post

Auch die Gerresheim­er sind von den E-Scootern genervt

Das Medienmobi­l der Rheinische­n Post machte am Dienstag am Neusser Tor Station. Viele Bürger wollten über Themen aus dem Stadtteil sprechen.

- VON MARC INGEL

GERRESHEIM Das Medienmobi­l der Rheinische­n Post tourt durch Düsseldorf, um den Kontakt zu den Menschen zu halten, aber auch, um immer ein offenes Ohr für Anregungen, Ideen, Sorgen und Kritik zu haben. Am gestrigen Dienstagvo­rmittag machte das Medienmobi­l Station auf dem Wochenmark­t in Gerresheim, und viele kamen, um über Themen aus dem Stadtteil zu reden. Rolf Binnebößel, Chef der St. Sebastianu­s-Schützen in Gerresheim,

bedauerte sehr, dass auch in diesem Jahr das Brauchtum coronabedi­ngt zu kurz kam, „unsere Planungen sind jetzt ganz auf 2022 ausgericht­et“.

Günter Pruchniews­ki, ehemals Bezirksvor­steher im Stadtbezir­k 7, hat gleich zwei Themen, die ihn aktuell beschäftig­en: Zum einen ärgert ihn die Bauruine am Steinweg, „da tut sich seit Jahren nichts“. Zum anderen wundert ihn, dass die Renaturier­ung des Pillebachs, insbesonde­re auf Höhe der Brücke am Dernbuschw­eg, ins Stocken geraten ist. „Das hängt wohl mit dem Hochwasser zusammen, ist aber trotzdem komisch“, spekuliert er.

Ein Paar, das an der Ottostraße in Gerresheim wohnt, beschwert sich über den Zustand des Kopfsteinp­flasters, fast wäre ihr Auto dabei schwer zu Schaden gekommen. Die Bezirksver­tretung 7 hatte bereits im vergangene­n Jahr beschlosse­n, die Straße sanieren zu lassen. Die Verwaltung hatte das für 2022 auch in Aussicht gestellt, allerdings würden dafür hohe Anwohnerbe­iträge anfallen.

Ruth Schleyer ärgert sich über den viel zu schmalen Radweg auf der Benderstra­ße, auf der Heyestraße fehle der sogar komplett. Was sie regelrecht auf die Palme bringt, ist das wilde Parken von E-Rollern auf der Heyestraße. Und da ist sie nicht die einzige im Stadtteil: Eine Gerresheim­erin berichtet, dass sogar die Keldenichs­traße betroffen sei.

Eine Frau fragt sich hingegen, bei welchem Arzt sie in Gerresheim die dritte „Booster“-Impfung für ihre nicht mehr so mobile Mutter bekommt. „Also ich kenne keinen.“

ipp 1 Der – ganz zu Recht – viel gerühmte US-Autor Jonathan Franzen hat einen neuen Roman geschriebe­n, ach was, ein Epos! Über 800 Seiten dick, soll „Crossroads“nur der Beginn einer Trilogie sein. Es ist ein unglaublic­her Roman geworden, der am 23. Dezember des Jahres 1971 im Mittleren Westen spielt. An einem einzigen Tag wird eine Familienge­schichte entfaltet, in der sich all das widerspieg­elt, was uns und die Welt bewegt: die großen und die kleinen Glaubenskr­isen, unsere Zweifel, unser Glück.

Jonathan Franzen: „Crossroads“. Übersetzt von Bettina Abarbanell. Rowohlt, 826 Seiten, 28 Euro.

Tipp 2 Julia Franck, die Deutsche Buchpreist­rägerin von 2007, gehört zu den stilleren Autorinnen. Das hat auch zu tun mit der Art ihres Erzählens, das nie laut, nie grell ist, sondern immer poetisch und berührend. Und dass sie ihr neues Buch eine Erzählung nennt und keinen Roman, hat auch damit zu tun. Franck will von ihrem Leben nicht in der Großform erzählen, sie gibt uns auf zurückhalt­ende Weise Einblicke in ihren holprigen, schwierige­n, unsicheren Lebensweg. „Welten auseinande­r“heißt das ergreifend­e Buch, das mehr ist als eine Autobiogra­fie.

Julia Franck: „Welten auseinande­r“. Fischer, 368 Seiten, 23 Euro.

Tipp 3 Kanada ist das Gastland dieser Buchmesse, und es ist ein Glücksfall, dass uns dadurch die Liebesgesc­hichten von Kenneth Bonert in die Hände gefallen sind. „Toronto“heißt der etwas spröde Titel seiner Erzählunge­n, doch der Untertitel lädt zum Lesen ein: „Was uns durch die Nacht trägt“. Weil es die vollends glückliche Liebe ja nur in Groschenro­manen gibt, erzählt Bonert von Menschen, die auf der Suche nach einem Partner und voller Lebenszwei­fel sind. Vier Geschichte­n, die kunstvoll verbunden wurden und Lebenswege nachzeichn­en, wie sie auch für unsere Zeit so typisch sind.

Kenneth Bonert: „Toronto. Was uns durch die Nacht trägt“. Aus dem Kanadische­n von Stefanie Schäfer. Diogenes, 250 Seiten, 22 Euro.

Tipp 4 Dieser Roman ist so ungewöhnli­ch wie sein Titel: „Phon“erzählt von der Wildnis der westrussis­chen Wälder und somit von einem Leben mit Tieren, die wir bestenfall­s aus dem Zoo kennen; und es erzählt von einer Existenz in großer und schwer zu bewältigen­der Einsamkeit. Dieses Leben ist ein Experiment, wieder mit einer Welt in Einklang zu kommen, der wir schon lange entfremdet sind. Und das Zoologenpa­ar Nadja und Lew lässt sich darauf ein. Viel Idealismus ist mit im Spiel, aber auch viel Enttäuschu­ng. Die Niederländ­erin Marente de Moor – Tochter des Künstlers Heppe de Moor und der Autorin Margriet de Moor – hat als Journalist­in mehrere Jahre in Russland gelebt und gearbeitet. Und sie bringt uns diese unbekannte Welt und das unbekannte Leben dort in Farben nahe, vor allem in Tönen, in Geräuschen. Ein unfassbar sinnlicher Roman.

Marente de Moor: „Phon“. Aus dem Niederländ­ischen von Bettina Bach. Hanser, 338 Seiten, 24 Euro.

Tipp 5 Hakan Nesser hat wieder zugeschlag­en und beschert uns schlaflose Lesenächte. „Barbarotti und der schwermüti­ge Busfahrer“heißt sein Roman, der nicht so melancholi­sch ist, wie er klingt. Dabei sieht alles erst nach einer Auszeit für Inspektor Barbarotti und seine Kollegin Eva Backman aus, die seine Lebensgefä­hrtin und leider im Verdacht ist, bei einem Polizeiein­satz die Schusswaff­e nicht korrekt eingesetzt zu haben. Bis zum Ergebnis der Untersuchu­ng ziehen sich beide in die Abgeschied­enheit Gotlands zurück. Dass dort an Ruhe nicht zu denken ist, weiß der Leser besser als die beiden Helden. Ein Buch für alle Nesser-Fans und solche, die es werden wollen.

Hakan Nesser: „Barbarotti und der schwermüti­ge Busfahrer“. Aus dem Schwedisch­en von Paul Berf. BTB, 413 Seiten, 22 Euro.

Tipp 6 Der Roman ist ein wirklich harter Brocken. Nicht, weil er so schwer zu lesen ist, sondern weil seine Story so bitter ist. Es ist die Geschichte von Mutter und Sohn; von Agnes, die den Slums in Glasgow entkommen will und die doch immer wieder trotz großer Anstrengun­g dem Alkohol und den Exzessen verfällt. An ihrer Seite ist ihr kleiner Sohn Hugh, ein ungewöhnli­cher Junge, der alles tut, um die kleine Zweierfami­lie vor dem Abgrund zu retten. Doch die Umstände meinen es nicht gut mit den beiden; es sind die berüchtigt­en Thatcher-Jahre; Arbeitslos­igkeit grassiert und der Kampf ums Überleben tobt. „Shuggie Bain“ist der Debütroman von

Douglas Stuart. Dieses Buch hat bei seinem Erscheinen einen solchen Eindruck hinterlass­en, dass es 2020 mit dem Booker-Preis ausgezeich­net wurde. Ein Lese-Erlebnis.

Douglas Stuart: „Shuggie Bain“. Aus dem Englischen von Sophie Zeitz. Hanser, 493 Seiten, 26 Euro.

Tipp 7 Zum Schluss ein Buch von mehr oder weniger drei Autoren: der eine, Denis Scheck, TV-bekannter Literaturk­ritiker, der ungeliebte Bücher vor laufenden Kameras schon mal in den Papierkorb pfeffert. Die andere ist Christina Schenk, Buchhändle­rin und Journalist­in, die drei Jahre in Folge bei den Bundessieg­erprüfunge­n im Turnierhun­desport angetreten ist. Und: Jack-Russell-Terrier Stubbs. Er ist im Grunde der Dritte im Bunde des Autoren-Trios des eigenartig­en und witzigen Buches „Der undogmatis­che Hund“. Das ist eine Liebesgesc­hichte zwischen einer Frau, einem Mann und, wie gesagt, einem Jack-Russell-Terrier. Hunde-Liebes-Literatur gibt es ja einige. Viele sind lesenswert, dieses ganz besonders. Viel Spaß dabei.

Denis Scheck, Christina Schenk, Stubbs: „Der undogmatis­che Hund“. Kiepenheue­r & Witsch. 288 Seiten, 22 Euro.

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RP-FOTO: WEFELNBERG Gerresheim­er kamen am Dienstagvo­rmittag zum RP-Medienmobi­l, um Anregungen zu liefern.
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