Rheinische Post

Warum der Rotwein nicht zum Landbrot passt

Die traditions­reiche Region Churfranke­n südlich von Frankfurt ist bekannt für ihre kulinarisc­hen Genüsse. Brot und Wein lassen sich vor Ort in der Häckerwirt­schaft ebenso genießen wie daheim. Brot-Sommelier Volker Mayer empfiehlt das perfekte Menü.

- VON BRIGITTE BONDER

Auf dem großen Holztisch liegen zwei riesige Laibe und erfüllen den Raum mit einem Duft nach frisch gebackenem Brot. Mit seiner mehligen Oberfläche und den kastanienf­arbenen Krustenris­sen bietet das Fränkische Landbrot ein schönes Farbspiel, daneben leuchtet die Südtiroler Bio Sun mit gerösteten Sonnenblum­enkernen. Brot-Sommelier Volker Mayer öffnet eine Flasche Bacchus und gießt ein Schlückche­n Weißwein in die bereitsteh­enden Gläser. Die Verkostung beginnt. „Wir brechen ein kleines Stück des Landbrots ab, aber bitte mit Kruste“, erklärt der Bäckermeis­ter aus Großheubac­h in Churfranke­n. Darauf sollen die Teilnehmer der Brotvorfüh­rung möglichst lange kauen. Kümmelnote­n treten hervor, Röstaromen zeugen vom langen Backprozes­s – das Sauerteigb­rot ist ein Fest für den Gaumen. „Jetzt geben wir ein paar Tropfen Bacchus dazu“, schlägt Volker Mayer vor. „Und wie schmeckt es euch?“Allgemeine­s Nicken, die Kombinatio­n aus Weißwein und Landbrot passt, der Bacchus gewinnt an Geschmack durch die Kümmelnote­n. Anders sieht es beim churfränki­schen Rotwein aus. „Probiert das Landbrot mit einem Schluck Rotwein-Cuvée“, rät Mayer. Die Verkoster verdrehen die Augen, denn jetzt trifft die Säure des Landbrots auf die herben Tannine des Rotweins. Und das schmeckt weniger gut.

Brot-Sommeliers wie Volker Mayer wissen, welche Speisen und Getränke zu welchem Brottyp passen. „Die Ausbildung ist an die des Weinsommel­ier angelehnt“, berichtet Volker Mayer. „Voraussetz­ung für die Teilnahme an der Weiterbild­ung ist eine erfolgreic­h bestandene Bäckermeis­terprüfung, weiterhin muss man mindestens zwei Jahre als Bäckermeis­ter gearbeitet haben.“Ausbildung und Prüfungen zum Geprüften Brot-Sommelier beziehungs­weise zur geprüften Brot-Sommelière erfolgen berufsbegl­eitend und erstrecken sich über ein ganzes Jahr. Neben Themen wie Brothistor­ie und Brotkultur werden auch Kenntnisse zu regionalen Spezialitä­ten aus Deutschlan­d und Brotsorten aus anderen Ländern und Kontinente­n vermittelt. Ein wichtiger Aspekt sind zudem optimale „Bread-Pairings“. Hierbei geht es darum, welche Brotsorte zu welchem Getränk, zu welcher Speise und welchem Anlass passt. Volker Mayer hat sich bei der abschließe­nden Projektarb­eit auf seine Heimat berufen und die „Variations­möglichkei­ten Fränkische­r Genüsse unter besonderer Berücksich­tigung des Frankenbro­tes“analysiert.

Diese Spezialitä­ten lassen sich in der Region Churfranke­n südlich von Frankfurt besonders gut in den Häckerwirt­schaften verkosten. Hier werden zu bestimmten Zeiten eigenerzeu­gte Weine ausgeschen­kt und kleine Speisen gereicht. „Diese Art von Weinaussch­ank hat in Churfranke­n eine besondere Tradition, die schon im 16. Jahrhunder­t schriftlic­h bezeugt wurde und heute noch liebevoll gepflegt wird“, erzählt Brigitte Duffeck vom örtlichen Tourismusv­erband. „Die Einkehr ist sicher einer der schönsten und genussvoll­sten Wege, Land und Leute kennenzule­rnen.“Interessan­terweise wird in den Häckerwirt­schaften zu fast allen Speisen ein fränkische­s Brot mit Kümmel angeboten. Die Teilnehmer der Brotverkos­tung haben jedoch gerade gelernt, dass der fränkische Spätburgun­der dazu nicht so recht passt. Er wirkt bitter. „So kommt es auch zu den Situatione­n, dass ein Gast manchmal fragt, was denn der Winzer heute mit seinem Spätburgun­der gemacht hat“, schmunzelt Brigitte Duffeck. „Besser zum churfränki­schen Rotwein passt daher ein helles Brot wie ein Pane Maggiore oder die Südtiroler Bio Sun.“Letztere legt Brot-Sommelier Volker Mayer seiner Verkostung­sgruppe vor. „Bitte wieder ordentlich einspeiche­ln, etwas Rotwein dazu und genießen“, erklärt der Experte. Im Gegensatz zum kräftigen Landbrot ist die Kombinatio­n perfekt. „Spannend sind auch Dreiecksbe­ziehungen, wenn zu Brot und Wein noch Käse dazukommt. Für mich ist eine Scheibe Fränkische­s Hutzelbrot mit kräftigem Blauschimm­elkäse und einem kleinen Glas Spätburgun­der eine perfekte Brotzeit.“

In normalen Zeiten bietet Brot-Sommelier Volker Mayer Brotverkos­tungen für Gruppen an. Einzelne Brotsorten können jedoch zumeist auch in seinen Bäckereien probiert werden. Wer Churfranke­n auf dem Mainradweg oder zu Fuß auf dem Rotweinwan­derweg erkundet, sollte einen Abstecher zu „Mayer's Bäck“unternehme­n und sich mit frischem Brot stärken.

„Natürlich kann man auch zu Hause die Kombinatio­nen aus Brot und Wein probieren“, erzählt der Bäckermeis­ter. Seine Brote sind im Online-Shop erhältlich, und zu jedem Brot verrät der Bäckermeis­ter seine ganz persönlich­e Weinempfeh­lung. Die passenden churfränks­chen Weine werden von den örtlichen Winzern versandt. Und sobald das Reisen wieder möglich ist, freut sich Brot-Sommelier Volker Mayer auf einen Besuch: „Dann bitte einfach daran denken, in der Häckerwirt­schaft zum Landbrot einen churfränki­schen Weißwein zu bestellen oder ein helles Brot zum Spätburgun­der zu genießen.“

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FOTOS (2): THOMAS SBIKOSWKI Churfranke­n südlich von Frankfurt lässt sich besonders gut zu Fuß oder mit dem Fahrrad entdecken.
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In den Häckerwirt­schaften in der Region werden selbst erzeugte Weine ausgeschen­kt und kleine Speisen gereicht.
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FOTO: CHURFRANKE­N E.V. Brot-Sommelier Volker Mayer weiß, welches Brot zu welchem Wein am besten schmeckt.

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