Frauenhass an Hochschulen
Akademikerinnen werden diskriminiert, bis heute. Doch offizielle Stellen schweigen.
Der Dokumentarfilm „Picture a Scientist – Frauen der Wissenschaft“wurde im letzten Jahr beim Tribeca-Filmfestival uraufgeführt und macht seither die Runde in Akademikerinnenkreisen. Der Film berichtet von drei Professorinnen, die im Laufe ihrer Karrieren Diskriminierung und Sexismus ausgesetzt waren. Die beschriebenen Vorfälle sind keine Einzelfälle amerikanischer Eliteuniversitäten, sondern gehören zum Alltag von Wissenschaftlerinnen.
Die Diskriminierung von Frauen an Hochschulen erfolgt oft subtil. Dazu gehört der väterliche Rat des älteren Kollegen an die junge Professorin, ihre Kinder nicht zu vernachlässigen, genauso wie die Empfehlung, bescheidener aufzutreten. Die von ihr geäußerte Kritik wird einer hormonellen Überempfindlichkeit zugeschrieben und ihr Redebeitrag in Sitzungen torpediert, indem ihr ins Wort gefallen oder aktiv weggehört wird. Frauenhass an Hochschulen kann auch weniger subtil sein und schließt Beleidigungen, Bloßstellungen und das Aberkennen von Kompetenzen ein. Bereits Studentinnen werden Opfer misogynen Verhaltens. So verkünden Professoren in Lehrveranstaltungen, dass Studentinnen hier fehl am Platz seien. Ein Professor malte vier Kreise an die Tafel. Die Kreise symbolisierten einen Herd, hinter den die Studentinnen gehörten.
Nur sehr selten kommt es zu offiziellen Beschwerden. In vielen Wissenschaftsbereichen sind Frauen unterrepräsentiert und die Leitungsetagen der Hochschulen vorrangig mit Männern besetzt. Studentinnen bangen vor schlechten Noten, und wissenschaftliche Mitarbeiterinnen sorgen sich um Reputationsschäden. Selbst Professorinnen müssen bei Gegenwehr mit Konsequenzen wie dem Ausschluss von Ressourcen rechnen. Frauenhass an deutschen Hochschulen wurde bisher wenig verbalisiert, da es das Selbstbild der akademischen Elite demontieren könnte. Die Dunkelziffern misogyner Übergriffe sind vermutlich hoch. Eine bundesweite Studie zu diesem Thema könnte neue Erkenntnisse bringen und zu ersten Schritten der Prävention führen.
Unsere Autorin ist Professorin für Infektionsbiologie an der RWTH Aachen. Sie wechselt sich hier mit der Philosophin Maria-Sibylla Lotter ab.