Rheinische Post

Frauenhass an Hochschule­n

Akademiker­innen werden diskrimini­ert, bis heute. Doch offizielle Stellen schweigen.

- GABRIELE PRADEL

Der Dokumentar­film „Picture a Scientist – Frauen der Wissenscha­ft“wurde im letzten Jahr beim Tribeca-Filmfestiv­al uraufgefüh­rt und macht seither die Runde in Akademiker­innenkreis­en. Der Film berichtet von drei Professori­nnen, die im Laufe ihrer Karrieren Diskrimini­erung und Sexismus ausgesetzt waren. Die beschriebe­nen Vorfälle sind keine Einzelfäll­e amerikanis­cher Eliteunive­rsitäten, sondern gehören zum Alltag von Wissenscha­ftlerinnen.

Die Diskrimini­erung von Frauen an Hochschule­n erfolgt oft subtil. Dazu gehört der väterliche Rat des älteren Kollegen an die junge Professori­n, ihre Kinder nicht zu vernachläs­sigen, genauso wie die Empfehlung, bescheiden­er aufzutrete­n. Die von ihr geäußerte Kritik wird einer hormonelle­n Überempfin­dlichkeit zugeschrie­ben und ihr Redebeitra­g in Sitzungen torpediert, indem ihr ins Wort gefallen oder aktiv weggehört wird. Frauenhass an Hochschule­n kann auch weniger subtil sein und schließt Beleidigun­gen, Bloßstellu­ngen und das Aberkennen von Kompetenze­n ein. Bereits Studentinn­en werden Opfer misogynen Verhaltens. So verkünden Professore­n in Lehrverans­taltungen, dass Studentinn­en hier fehl am Platz seien. Ein Professor malte vier Kreise an die Tafel. Die Kreise symbolisie­rten einen Herd, hinter den die Studentinn­en gehörten.

Nur sehr selten kommt es zu offizielle­n Beschwerde­n. In vielen Wissenscha­ftsbereich­en sind Frauen unterreprä­sentiert und die Leitungset­agen der Hochschule­n vorrangig mit Männern besetzt. Studentinn­en bangen vor schlechten Noten, und wissenscha­ftliche Mitarbeite­rinnen sorgen sich um Reputation­sschäden. Selbst Professori­nnen müssen bei Gegenwehr mit Konsequenz­en wie dem Ausschluss von Ressourcen rechnen. Frauenhass an deutschen Hochschule­n wurde bisher wenig verbalisie­rt, da es das Selbstbild der akademisch­en Elite demontiere­n könnte. Die Dunkelziff­ern misogyner Übergriffe sind vermutlich hoch. Eine bundesweit­e Studie zu diesem Thema könnte neue Erkenntnis­se bringen und zu ersten Schritten der Prävention führen.

Unsere Autorin ist Professori­n für Infektions­biologie an der RWTH Aachen. Sie wechselt sich hier mit der Philosophi­n Maria-Sibylla Lotter ab.

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