Lange am Sauerstoff
Covid-19-Patienten, aber auch Menschen, die an COPD leiden, können von einer Sauerstoffzufuhr profitieren. Ihr Einsatz will aber gut überlegt sein.
Beate S. (72) aus Neuss fragt: „Unsere Nachbarin hat eine Corona-Erkrankung überstanden. Jetzt hat sie zuhause ein Sauerstoffgerät, weil sie immer noch schlecht Luft bekommt. Ich leide an der chronisch obstruktiven Lungenkrankheit (COPD). Kann ich auch Sauerstoff bekommen?“
Winfried Randerath Es ist gut, den Sauerstoff wie ein Medikament zu betrachten. So sollte er denen verordnet werden, die ihn tatsächlich brauchen, die davon langfristig Nutzen haben, aber denen er auch nicht schadet.
Unsere Lunge erfüllt zwei Aufgaben: den Sauerstoff aufzunehmen und das Kohlendioxid (CO2) abzuatmen. Für die Sauerstoffaufnahme brauchen wir freie Atemwege, gesunde Lungenbläschen und ein gutes Herz-Kreislaufsystem. Wenn hier etwas nicht stimmt, zum Beispiel bei einer Lungenentzündung oder einem Lungenemphysem, kann die Sauerstoffgabe helfen. Wenn aber die Atemimpulse vom Gehirn oder die Atmungsmuskulatur nicht funktionieren, steigt das CO2 an. Hier hilft der Sauerstoff nicht, er kann sogar schaden. Stattdessen wird eine Atemunterstützung (Beatmung) benötigt.
Bei Ihrer Nachbarin sind die Lungenbläschen geschädigt, daher hilft ihr der Sauerstoff, wenn sich die Lunge wieder erholt. Bei der COPD können beide Faktoren zusammenkommen: Lungenbläschen und Blutgefäße der Lunge können den Sauerstoff nicht richtig aufnehmen – hier kann die Sauerstoffgabe helfen. Aber auch die Atemmuskulatur kann nachlassen, so dass eine zusätzliche Atemunterstützung notwendig werden kann. Ob eine Sauerstoffbehandlung nötig ist, untersuchen Lungenfachärzte durch die Bestimmung der Sauerstoffwerte (Sättigung oder Partialdruck) in der Ruhesituation, unter Belastung, im Schlaf und mit der Gabe verschiedener Sauerstoffkonzentrationen.
Der Mensch kann den Sauerstoff nicht speichern. Dar
Sauerstoff, der verordnet wird, muss oft genutzt werden
um gilt: Wenn er verordnet wird, muss er 16 bis 24 Stunden pro Tag genutzt werden, um langfristig das Herz zu entlasten. Ab und zu eine kurze Zeit Sauerstoff einzuatmen, ist nicht sinnvoll es kann allenfalls Menschen in den letzten Tagen ihres Lebens Erleichterung verschaffen.
Sauerstoff kann aber den Atemimpuls und damit die Atempumpe schwächen und somit auch schaden. Das CO2 steigt an und kann zum Bewusstseinsverlust führen. Außerdem ist erwiesen, dass eine unnötige Sauerstoffgabe die Mobilität der Betroffenen einschränkt. Man bewegt sich einfach viel weniger mit dem technischen Hilfsgerät. Und das ist das Schlechteste für Lungenpatienten. Sprechen Sie Ihren Lungenarzt an.