Xabi Alonso wäre ein Coup für Gladbach
Der frühere Weltklasse-Spieler aus Spanien wird mit Lob überschüttet. Doch was hat er wirklich als Trainer drauf?
MÖNCHENGLADBACH Roland Schmidt konnte es nicht glauben, als er vor einigen Jahren einen Medizincheck bei einem neuen Spieler des FC Bayern durchführte.„Der hatte eine Ruhe-Herzfrequenz von 27“, erinnerte sich der Mannschaftsarzt in einem Podcast des Vereins. „Ich dachte im ersten Augenblick, das EKG ist kaputt.“Den Namen des Profis nannte der Schmidt nicht, ein „spanischer Mittelfeldspieler, der jetzt nicht mehr aktiv ist“war es. Und da gibt es nur einen, auf den diese Beschreibung zutrifft: Xabi Alonso.
Der Puls vieler Fans von Borussia Mönchengladbach tendierte am Montagvormittag gen 180, und dafür war der Mann verantwortlich, der Bayerns Teamdoktor im Jahr 2014 fassungslos machte. „Sport Bild“und „Bild“hatten berichtet, dass Xabi Alonso zur neuen Saison Trainer bei Borussia werden soll und damit Nachfolger von Marco Rose. Am Abend ruderten beide etwas zurück und schrieben, dass Manager Eberl noch mit mindestens einem weiteren Kandidaten rede.„Sky“hatte die Ursprungsmeldung zuvor bestätigt. Doch die Fans waren da längst in Wallung versetzt. „Wenigstens für einige Stunden wieder was fühlen“, schrieb ein Borussia-Fan bei Twitter. Eine Anhängerin des FC Bayern meinte sogar:„Ich werde ab sofort Gladbach-Fan. Was muss ich dafür können?“
Der ehemalige Weltklasse-Spieler beendete 2017 seine aktive Laufbahn, übernahm 2018 die U14 seines Ex-Vereins Real Madrid und wurde 2019 Cheftrainer des B-Teams von Real Sociedad San Sebastián. Borussia selbst wollte die Meldung über Xabi Alonsos möglichen Wechsel auf Anfrage nicht kommentieren. Man werde sich melden, wenn es etwas zu vermelden gibt, richtete ein Vereinssprecher aus. In Spanien schrieb die Sportzeitung „Marca“, dass nichts fix sei und Xabi Alonsos Umfeld die Gerüchte aber weder bestätige noch dementiere.
Gladbachs Manager Max Eberl hatte direkt nach Roses Abschieds-Entscheidung angekündigt, keine Wasserstandsmeldung zur Trainersuche abgeben zu wollen. „Ich will in Ruhe meinen Job im Hintergrund machen, bis jetzt hat das sehr gut funktioniert“, sagte er vor einigen Tagen noch. Xabi Alonso wäre das, was man in Gladbach oft einen „typischen Eberl“nennt, garniert mit jeder Menge Flair der ganz großen Fußballwelt. Schließlich gewann Xabi Alonso die Champions League mit dem FC Liverpool und Real Madrid, Meisterschaften mit Real und dem FC Bayern sowie den WM- und den EM-Titel mit der spanischen Nationalmannschaft.
Nachdem die Herzfrequenz allenthalben wieder in den zweistelligen Bereich gefallen war (wenn auch nicht auf einen Puls von 27), kam aber schnell die Frage auf, was Xabi Alonsos Meriten als Aktiver über sein Potenzial als Trainer aussagen. Mit Real Sociedad B führt er die Gruppe 2, Untergruppe A der dritten spanischen Liga an. Am Wochenende qualifizierte sich das Team für die neue zweigleisige Version der „Segunda B“und die Playoffs um den Zweitliga-Aufstieg. Das sind die bisherigen Arbeitsnachweise des 39-Jährigen als Trainer im Seniorenbereich. Viel Ballbesitz, hohe Intensität, defensive Absicherung – so lässt sich der Stil von Xabi Alonsos Team knapp zusammen fassen.
Aus Spanien ist zu hören, dass es ihm an Angeboten aus der Primera División nicht mangelt. Karl-Heinz Rummenigge, der Vorstandsboss des FC Bayern, enthüllte bereits vor zwei Jahren en passant, dass Xabi Alonso als Co-Trainer von Julian Nagelsmann bei RB Leipzig im Gespräch gewesen sei. Auch beim Rekordmeister, für den er drei Jahre aktiv war, schwirrte der Name herum, als Niko Kovac entlassen wurde. Und natürlich kämpft auch San Sebastián um seinen wahrscheinlich berühmtesten Fußball-Sohn. Im Sommer läuft Xabi Alonsos Vertrag aus. „Wir möchten sehr, dass Xabi mit uns weitermacht. Wir werden auf ihn warten, bis er will“, sagte Sportdirektor Robert Olabe. Allerdings hat der Trainer der ersten Mannschaft, Imanol Alguacil, bis 2023 verlängert.
Die Zeitung „AS“kommentierte den Bericht über seinen möglichen Wechsel mit einer Lobeshymne: „Xabi ist prädestiniert, die großen Klubs in Europa zu führen. Er wurde von den Besten wie Benítez, Mourinho und Guardiola genährt, und er hat in seiner DNA all die Weisheit, die ihm sein Vater Periko, ebenfalls ein angesehener Spieler und Techniker wie er, übermittelt hat.“Zu Bayern-Zeiten galt Xabi Alonso als verlängerter Arm Pep Guardiolas, als einer, der auf dem Platz schon denkt wie ein Trainer.
Was er in Gladbach erreichen könnte? Völlig offen. Genauso offen wie die Wahrscheinlichkeit, dass Xabi Alonso es am Ende wirklich wird. Klar ist jedoch auch: Diese Personalie hätte das Potenzial, die schlechte Stimmung rund um den Verein zu wenden. Die Bundesliga bekäme einen Weltstar zurück, es wäre ein Coup. Da würde Xabi Alonso ein niedriger Ruhepuls nicht schaden.