Corona fördert illegalen Welpenhandel
In der Pandemie entdecken viele ihr Herz für Hunde. Das zieht auch immer mehr unseriöse Anbieter auf den Markt.
KÖLN/BONN Die Kölner Familie Münch hat sich ihre Entscheidung für einen Hund gut überlegt. „Das hatte mit der Corona-Krise rein gar nichts zu tun“, sagt Monika Münch. Lange hätten die Eltern mit ihren zwei Kindern das Für und Wider ausführlich diskutiert, Fachbücher gewälzt und sich über Rassen informiert. Am Ende sollte es ein Goldendoodle werden. Die Mischung aus Pudel und Golden Retriever gilt als freundlich, intelligent und leicht erziehbar.„Genau das Richtige für uns als Hunde-Einsteiger“, sagt Münch.
Doch dann kam die Ernüchterung: Von den im Internet ausfindig gemachten Züchtern kam auf Anfragen zum Teil gar keine Antwort, zum Teil gab es horrende Geldforderungen.„3800 Euro wollte ein Anbieter für einen Welpen haben, eine Anzahlung von 250 Euro direkt per Paypal“, sagt Münch. Die Kommunikation lief nur überWhatsapp, von einem Besichtigungstermin zum Kennenlernen zwischen Tier und Mensch war nie die Rede. „Wir wären auch bis zu 200 Kilometer weit für den passenden Hund gefahren“, sagt die Kölnerin.„Aber von den Forderungen verschiedener Züchter haben wir uns massiv unter Druck gesetzt gefühlt.“Ihr Eindruck: „Hier geht es nicht um Lebewesen, sondern einfach nur ums Geld.“
Mit Haustieren lässt sich in der Tat gut verdienen. Allein für Futter und Zubehör haben die Deutschen nach Schätzungen des Zentralverbands Zoologischer Fachbetriebe (ZZF) im vergangenen Jahr rund 5,2 Milliarden Euro ausgegeben, etwa 2,4 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Die Corona-Krise hat das Geschäft noch einmal angekurbelt.„Wir erleben einen sehr klaren Anstieg der Nachfrage“, sagt ein Sprecher des Zubehör-Marktführers Fressnapf.
Das Milliardengeschäft mit den Vierbeinern lockt allerdings zunehmend unseriöse Anbieter auf den Markt. Allein für Hamburg melden Tierschützer seit Mai dieses Jahres mehr als 80 Fälle von illegalem Welpenhandel. „Aufgrund der frühen Trennung von der Mutter und der fehlenden medizinischen Versorgung wie Impfungen sind die Tiere meist krank, viele leiden unter dem oft tödlichen Virus Parvovirose“, heißt es in einer Mitteilung des Deutschen Tierschutzbundes mit Sitz in Bonn. Insbesondere vor Weihnachten rechnen die Tierschützer mit einem rapiden Anstieg des Angebots.
Vor allem über Internet-Marktplätze boomt das Geschäft mit den unter qualvollen Bedingungen aufgezogenen Welpen. Eine Tierärztin aus dem Rhein-Sieg-Kreis, die anonym bleiben möchte, kennt die Masche aus Erzählungen ihrer Kunden.„Seit die Grenzen nach dem ersten Lockdown wieder geöffnet wurden, steigt die Zahl der Hunde, die aus dubiosen Quellen aus dem Ausland kommen“, sagt sie. Oft sei den Käufern gar nicht bewusst, dass sie unseriösen Anbietern ins Netz gegangen seien. „Nach ein paar Wochen kommen sie mit dem kranken Hund in die Praxis und sind völlig geschockt, wenn das Tier nur noch eingeschläfert werden kann.“Auch Tiere mit Verhaltensauffälligkeiten wegen der zu frühen Trennung von der Mutter landeten zunehmend in ihrer Sprechstunde.
„Vor dem spontanen Kauf über Internetportale kann ich nur warnen“, sagt die Veterinärin. Ein seriöser Anbieter führe mit dem Käufer ein Gespräch und lasse ihnWelpen und die Mutter der Hunde besuchen. Die
Tiere sollten den Besuchern gegenüber neugierig und freundlich reagieren. „Corona dient jetzt oft als Ausrede, warum die Übergabe nicht im Haus stattfinden kann“, sagt die Tierärztin. „Da sollte jeder Hundekäufer sehr hellhörig werden.“
Doch das Geschäft mit der illegalen Welpenzucht floriert. Nach Einschätzung des Verbandes für das Deutsche Hundewesen stammt die Mehrheit der in Deutschland verkauften Welpen aus dem Ausland. „Nachdem die Grenzen beim ersten Lockdown im März geschlossen worden waren, ging die Zahl der Inserate für Welpen auf Ebay-Kleinanzeigen und anderen Online-Plattformen deutlich zurück“, hat Verbandssprecher Udo Kopernik beobachtet. Nach den Lockerungen im Frühsommer habe das Geschäft noch an Fahrt aufgenommen.„Seriöse Züchter können gar nicht direkt in der Corona-Krise auf die gestiegene Nachfrage reagieren“, sagt Kopernik, „denn sie haben meistens nur eine Hündin, und deren Würfe sind langfristig geplant.“Wer einen Welpen haben wolle, müsse sich daher auf eine gewisse Wartezeit einstellen: „Spontankäufe können und wollen wir gar nicht abwickeln.“