Rheinische Post

Anklage: Bahn mit Tickets um 350.000 Euro betrogen

- VON WULF KANNEGIESS­ER

Eigentlich betrieb er jahrelang eine sehr spezielle, nämlich heimliche Art von Reisebüro – und genau dafür soll sich ein 25-jähriger Familienva­ter demnächst vor dem Amtsgerich­t in Düsseldorf verantwort­en.

Gewerbsmäß­igen Betrug mit ergaunerte­n Online-Tickets der Deutschen Bahn in 1317 Fällen und mit einem Gesamtscha­den von fast 350.000 Euro wird ihm hier vorgeworfe­n. Rund drei Jahre lang, zwischen August 2014 bis Juli 2017, soll er sich Fahrkarten für Einzel-, aber auch für Gruppenfah­rten mit fremden Kreditkart­en erschwinde­lt und diese Tickets dann zu Schleuderp­reisen an seine zahlreiche­n Kunden vertickt haben. Neben einem Callshop nahe dem Düsseldorf­er Hauptbahnh­of war auch ein Online-Café in München einer seiner Stützpunkt­e für seine Betrügerei­en, so die Anklage.

Aufgefalle­n war seiner Umgebung, dass der 25-Jährige im Tatzeitrau­m immer besonders schick angezogen war und stets über die neuesten, teils extrem teuren Handys verfügte. Dabei bezog er offiziell Sozialleis­tungen, die zwar Monat für Monat auf einem Konto eingingen, die aber angeblich über Jahre hinweg nie angerührt, also nie abgehoben wurden. Denn den Lebensunte­rhalt für sich, seine Düsseldorf­er Freundin und ein gemeinsame­s Kind soll er nach Ansicht der Staatsanwa­ltschaft durch seine Ticket-Betrügerei­en finanziert haben.

So loggte er sich angeblich unter 25 verschiede­nen Alias-Namen immer wieder als Ticket-Käufer in ein

Internet-Portal der Deutschen Bahn AG ein, bestellte dort serienweis­e Fahrkarten, die er über fremde Kreditkart­en dann bezahlen wollte. Dabei war ihm kein Reiseziel zu weit, keine Strecke zu kurz, so die Anklage. Demnach orderte er Tickets für Fahrten von München nach Paris, aber auch nach Kiel, Zürich, Düsseldorf, Mailand, Bologna oder Neapel sowie nach Kopenhagen, Malmö oder Göteborg. Auch für eine Bahnreise von Paris nach Neuss oder eine einfache Fahrt von Düsseldorf nach Köln orderte er die nötigen Tickets.

Da er bei dieser Fülle von 1317 Taten unmöglich selbst sämtliche Fahrschein­e benutzt haben kann, die er auf diese Art ergaunert haben soll, geht die Anklage jetzt davon aus, dass er die Tickets weitergab – für durchschni­ttlich 30 Euro an „Kunden“, die bei ihm nach verbilligt­en Fahrschein­en gefragt hatten. Ihnen soll er erzählt haben, er käme zu besonders günstigen Preisen an jede Art von Bahnticket­s. Wann jetzt der Strafproze­ss gegen den 25-Jährigen beginnt, ist nach derzeitige­r Lage noch völlig ungewiss.

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