Görges will sich zurückkämpfen
Die Deutsche gewinnt ihr erstes Match bei den Australian Open. Jan-Lennard Struff scheidet gegen Nowak Djokovic aus.
MELBOURNE (dpa) Unter dem tropfenden Hallendach der Rod-Laver-Arena sorgte Jan-Lennard Struff kurzzeitig für Kopfschütteln bei Titelverteidiger Novak Djokovic. Der Rekordsieger der Australian Open war für den mutig aufspielenden Sauerländer aber zu stark: Anders als Julia Görges und Philipp Kohlschreiber musste sich Struff am verregneten, aber nicht von schlechter Luftqualität beeinträchtigten Eröffnungstag in Melbourne verabschieden. Görges und Kohlschreiber spielen dagegen am Mittwoch um den Drittrunden-Einzug.
Auf Kohlschreiber wartet dann ein reizvolles Duell mit dem griechischen Tennis-Shootingstar und Vorjahres-Halbfinalisten Stefanos Tsitsipas. „Er ist Favorit, ich haue mich rein und gebe einfach alles“, kündigte der 36-Jährige nach dem 7:5, 6:1, 6:2 gegen den weitgehend unbekannten US-Amerikaner Marcos Giron an.
Gegen den serbischen Weltranglisten-Zweiten Djokovic schaffte Struff im dritten Vergleich seinen ersten Satzgewinn, musste sich am Ende aber mit 6:7 (5:7), 2:6, 6:2, 1:6 geschlagen geben. Vor fast 15.000 Zuschauern beeindruckte phasenweise auch Struff. Als er im ersten Satz ein 2:5 wettmachte und einen grandiosen Passierball spielte, schüttelte Djokovic mit dem Kopf. „Lob für seinen großen Kampf“, sagte der Topfavorit im Siegerinterview mit John McEnroe anerkennend. 2019 war Struff bei den French Open im Achtelfinale von Djokovic entzaubert worden, nun hatte er Pech mit der Auslosung.
Hinter der Grundlinie in der Rod-Laver-Arena waren Ballkinder auch damit beschäftigt, Regen wegzuwischen, der durch das Dach tröpfelte. Statt verrauchter Luft infolge der Buschbrände wirbelte heftiger Regen den Spielplan durcheinander. Von schlechter Luftqualität, die während der Qualifikation Stoff für Kritik und Diskussionen geliefert hatte, war dagegen „gar nichts“zu merken, wie Görges nach ihrem 6:1, 6:2 gegen die Slowakin Viktoria Kuzmova berichtete.
Görges will ihren Melbourne-Aufenthalt gern noch möglichst lange verlängern. Im vergangenen Jahr kam die Bad Oldesloerin bei den vier wichtigsten Tennis-Turnieren nur bei den US Open bis ins Achtelfinale. An ihre starken Auftritte von 2018, als sie in Wimbledon die Chance auf ein Finale gegen Angelique Kerber hatte und zeitweise zu den Top Ten derWelt gehörte, konnte sie nicht anknüpfen. Dennoch schloss sie die Saison als zweitbeste Deutsche ab.
Inzwischen ist einiges anders. Görges zählt als Weltranglisten-39. in Melbourne nicht mehr zu den gesetzten Spielerinnen. Und sie denkt, wie sie der„Süddeutschen Zeitung“vor einigen Wochen erzählte, auch an ihr Leben nach der Tennis-Karriere in zwei, drei Jahren. Doch weil sie sich im erfahrenen Tennis-Alter noch weiterentwickeln will, entschied sie sich auch für den nächsten Neuanfang. Nach einer Testphase zum Ende der vergangene Saison entschloss sich Görges zur Zusammenarbeit mit dem vorherigen FedCup-Trainer Jens Gerlach, der die Russin Anastasia Myskina 2004 zum French-Open-Titel führte.
Was ihre Gegnerinnen anstreben, zählt für sie schon länger nicht mehr. „Ich konzentriere mich auf mich selber. Ich will das Zepter in die Hand nehmen“, sagte Görges. Gegen Kuzmova gelang ihr das am Montag überzeugend. „Ich habe mein Ding durchgezogen“, bilanzierte Görges. Ein „blitzsauberer Auftakt“, lobte Barbara Rittner, die Damen-Chefin des Deutschen Tennis Bunds.
Martic dürfte eine schwierigere Prüfung werden, die Bilanz gegen die Nummer 13 der Setzliste spricht mit zwei Siegen in zwei Spielen aber für Görges. Mit einem weiteren starken Auftritt würde sie auch den Betroffenen der Buschbrände helfen. Die einstige Nummer neun derWelt schloss sich der Sammelaktion auf der Tour an und spendet für jedes Ass 100 australische Dollar. Gegen Kuzmova gelangen ihr neun. „Ist doch super. Wir hoffen mal, dass es noch weitergeht“, sagte sie.