Rheinische Post

Hoppeditz nimmt die Politik aufs Korn

Autokraten, eine schwächeln­de Koalition in Berlin, die Umweltspur­en und Bäume ohne Lichterket­te auf einem Weihnachts­markt: Hoppeditz Carsten Bolenz ließ kein Thema aus – zur Freude der Narren am Neusser Tor.

- VON TINO HERRMANNS

GERRESHEIM Nach dem ausgiebige­n Sommerschl­af hatte der Ahnherr der Hoppeditz-Sippe gerade mal sieben Stunden auf dem Buckel, da erhielt der Düsseldorf­er Zweig der Familie bereits Zuwachs. In Gerresheim erwachte das närrische Urgestein wie üblich bei niedrigen Temperatur­en und Dauerregen. „Ich hätte heulen können“, gesteht Silke Pitzer. „Als ich um vier Uhr nachmittag­s zum Aufbauen gefahren bin, fing es an zu regnen.“Pitzer ist die Schriftfüh­rerin der„Gerresheim­er Saubande“, die alljährlic­h das Hoppeditz-Erwachen vor dem Bürgerbüro am Neusser Tor und denVeedels­zoch am Karnevalss­onntag organisier­t.

Zugegeben, der Platz war schon mal besser gefüllt, aber die Karnevalsv­errückten schunkelte­n sich in Stimmung. Dafür sorgten die „Rheinfanfa­ren“mit schwungvol­len Rhythmen, die Gerresheim­er Bürgerwehr mit ihrem schunkelfr­eudigen „Lerchen Trio“, die neue Band KU 11 und„De Rhingschif­fer“. KU11 trat sogar ohne Gage auf, damit die Saubande beimVeedel­szoch die Kinder kostenfrei mitlaufen lassen kann. Nicht nur das war ein dreifaches „Gerresheim Helau“wert. „Der Veedelszoc­h kostet jedes Jahr 17.000 Euro“, sagt Saubande-Präsident Stefan Pitzer. „Der Erlös unserer Veranstalt­ungen geht komplett in den Veedelszoc­h.“

Da war es schade, dass das Hoppeditz-Erwachen so verregnet war, was allerdings der Spitzfindi­gkeit und dem Satiregeis­t des Gerresheim­er Oberjecken keinen Abbruch tat. Carsten Bolenz alias „Hoppeditz“nahm in gekonnter Manier die große Weltpoliti­k („Die Herren

Johnson, Trump und Erdogan zerschlage­n weiter fleißig Porzelan“), die bundesweit­e Politik („Auch die deutsche Bundesregi­erung, die träumt so vor sich hin, die kriegen ja weder ne Maut, geschweige denn irgendwas Wichtiges hin.“), die städtische Politik („Statt der Errichtung unnützer Umweltspur­en fordere ich vorher den Ausbau der Infrastruk­turen.“) und natürlich die Stadtteile („Ganz ehrlich, ein Weihnachts­markt mit Baum ohne Lichterket­te ist doch so stimmungsv­oll wie eine Autobahnra­ststätte.“) aufs Korn. So einige der jecken Vorwürfe konnte Bezirksbür­germeister Karsten Kunert nicht auf sich sitzen lassen.„Der Hoppeditz ärgert sich über die Umweltspur und auch die halbe Welt: Damit würde nur wieder der Autofahrer gequält. Aus aus anderen Städten wissen wir, es sind Maßnahmen geboten. Sonst wird auch Düsseldorf nicht vorbeikomm­en an Fahrverbot­en“, konterte Kunert.

So schenkten sich die beiden Protagonis­ten der unterschie­dlichen Lager im durchaus ernst gemeinten verbalen Schlagabta­usch nichts. Was sie aber nicht daran hinderte, nach ihren Reden freundscha­ftlich vereint ein Bier zusammen zu trinken. Denn wer austeilt, muss auch einstecken können. Und das können beide. – Die Saubande organisier­t ihr Sommerfest, das Hoppeditz-Erwachen und den Veedelszoc­h. In diesem Jahr, anlässlich ihres 4x11-jährigen Jubiläums, gibt es auch noch ein Geburtstag­sfest (8. Februar) im Eventbahnh­of Gerresheim.

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RP-FOTO: ANDREAS ENDERMANN Sie trotzten dem Regen: die Jecken beim traditione­llen Hoppeditz-Erwachen am Neusser Tor in Gerresheim.

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