Bewerbungstraining für Jugendliche im Arrest
Der Verein Freunde für B3 unterstützt junge Menschen in Haft dabei, sich auf eine Bewerbung nach der Entlassung vorzubereiten. Angefangen hat alles vor 20 Jahren mit einem Magazin und einer von der Stadt organisierten Jobbörse.
B3 – das steht für Beratung, Beschäftigung und Berufsausbildung und ist der Name einer Berufsbörse, die Anfang der 2000er Jahre in Düsseldorf die grassierende Jugendarbeitslosigkeit bekämpfen sollte. In diesem Rahmen druckte der Düsseldorfer Verein Kreis der Freunde für B3 ein Magazin, das Jugendliche und junge Erwachsene auf der Suche nach einem Arbeitsplatz helfen sollte. Jobporträts, ein paar Comics und Interviews, unter anderem mit dem damaligen Oberbürgermeister Joachim Erwin, dazu Berichte aus der Jugendwelt, das ganze in knalligen Farben und hochwertig gedruckt. „Wir haben uns damals wirklich Mühe mit dem Produkt gegeben, um den Jugendlichen ein Zeichen der Wertschätzung zu geben“, sagt Henri Berners heute. Er ist Kassenwart und zeitgleich so etwas wie die Speerspitze des Vereins, dessen Aufgabenbereich sich stark gewandelt hat.
War in den frühen 2000er Jahren die Jugendarbeitslosigkeit noch ein vorherrschendes Problem in der Gesellschaft, gelingt es heute der überwiegenden Mehrheit der jungen Leute, eine Ausbildung und einen Beruf zu bekommen. DerVerein kümmert sich seit der Einstellung der Jobbörse B3 im Jahr 2004 um diejenigen, die damit Probleme haben. Der Fokus liegt dabei auf Jugendlichen im Arrest. Henri Berners geht in die Haftanstalten um vor Ort mit den Jugendlichen zu arbeiten. „Die erste Herausforderung ist meist schon das Erstellen eines Lebenslaufs“, weiß er zu berichten. Viele der jungen Inhaftierten haben ihr Leben noch nie geordnet zu Papier gebracht. Ist dies mit Hilfe von Berners gelungen, wird ein Bewerbungsschreiben verfasst und die jungen Leute zu einem fingierten Jobgespräch mit echten Personalleitern in einem Büro im Düsseldorfer Hafen eingeladen. Während des zweitägigen Projekts arbeiten die Jugendlichen mit modernen Tablets und bekommen ihre Unterlagen auf einem USB-Stick. „Dass wir sie nicht auf ausrangierten Laptops arbeiten lassen und ihnen die Daten auf CD brennen, ist ebenfalls ein Zeichen der Wertschätzung“, sagt Henri Berners. Seiner Erfahrung nach fehlte diese für viele der jungen Straftäter in ihrem Leben. „Ich bin für viele eine Art Großvater-Figur, und ich lasse mich auf sie ein, und das merken die jungen Menschen auch.“Jeweils vier Jugendliche betreut er bei seinen Terminen, die von der Leitung der Haftanstalt ausgewählt wurden.„Ich erlebe jedes Mal eine positive Gruppendynamik und junge Menschen, die motiviert sind, ihr Leben in geordnete Bahnen zu lenken“, berichtet Berners zufrieden. Bei seiner Arbeit wird er von Vereinsmitgliedern und ehrenamtlichen Helfern unterstützt.
„Diese jungen Leute haben in ihrem Leben oft nur das Scheitern erfahren“, sagt Vereinsvorsitzende Marianne Holle. Sie organisiert die Vereinsarbeit, die neben den Inhaftierten bis vor einigen Jahren beispielsweise auch Schüler an Düsseldorfer Haupt- und Förderschulen unterstützte. „Dort ist die Berufsvorbereitung inzwischen aber so gut, dass unsere Arbeit dort nicht mehr gebraucht wird“, sagt Holle.
Einer der Förderer der Arbeit des Vereins B3 ist Stadtdirektor Burkhard Hintzsche, der auch für den Bereich Jugend verantwortlich ist. „Momentan sind die Zahlen der Jugendarbeitslosigkeit in Düsseldorf sehr günstig“, stellt der Politiker klar. Dennoch sei jeder junge Mensch, der keine Stelle habe, einer zu viel. Deswegen begrüßt er, dass der Verein mit denjenigen Jugendlichen arbeitet, die von der Gesellschaft an den Rand gestellt oder gar bereits aufgegeben wurden.„Im Jugendarrest haben die Inhaftierten keinen Kontakt zur Außenwelt – müssen sich aber dennoch auf das Leben in Freiheit als Teil der Gesellschaft vorbereiten. Das gelingt nur mit Hilfe“, so Hintzsche.
Wie viel ihre Arbeit mit den jungen Gefangenen tatsächlich bewirkt, das können die Mitglieder des Vereins nicht sagen.„Wir erheben keine Daten, verfolgen ihre Lebensläufe nach der Entlassung nicht weiter“, sagt Marianne Holle.
Dennoch ist sich Henri Berners sicher: „Wenn wir auch nur einem Jugendlichen auf den rechten Weg geholfen haben, ist das schon ein Gewinn für die Gesellschaft.“Und dass seine Arbeit mit den Inhaftierten Früchte trägt, weiß er: Denn ein paar der jungen Menschen, mit denen er gearbeitet hat, hat er durch Zufall wiedergetroffen – zum Beispiel als Kellner in einem Restaurant. „Er hat mir damals gesagt, aus ihm sei etwas geworden. Das war für mich die schönste Bestätigung“, erinnert sich Berners.