Hollands historische Chance: Deutschland stürzen
Mit einem Sieg gegen Frankreich kann die niederländische Elftal Erzrivale Deutschland in die Zweitklassigkeit der Nations League verabschieden. Für die Häme-geprüften Holländer eine willkommene Gelegenheit für Revanche.
ROTTERDAM/MÜNCHEN (sid) Die Häme der deutschen Fans, die zuletzt„ohne Holland“zu EM undWM fuhren, klingt Ronald Koeman noch in den Ohren. Doch zu einer Retourkutsche lässt sich der Bondscoach nicht hinreißen, auch wenn er den deutschen Erzrivalen in der Nations League in die Zweitklassigkeit stürzen kann.
„Wenn - das zählt im Leben nichts, auch nicht im Fußball“, sagte Koeman angesprochen auf die besondere Konstellation. Sollte Oranje am Freitag (20.45 Uhr/DAZN) Weltmeister Frankreich bezwingen, wäre der deutsche Abstieg in Liga B besiegelt - schon vor dem direkten Duell mit den „Duitsen“am Montag in Gelsenkirchen.
„Deutschland steht vor einer neuen Fußballkrise“, unkt die Zeitung BN/DeStem aus Breda, ansonsten halten sich jedoch auch die Medien sehr zurück. Die Deutschen „degraderen“? Auf Koemans Prioritätenliste steht das nicht sehr weit oben.„Das können Sie mich morgen Abend noch einmal fragen“, sagte er am Donnerstag und lächelte sanft.
Natürlich wolle er am liebsten jedes Spiel gewinnen, auch die Nations League, betonte er, „aber für mich ist es das Wichtigste, dass wir in der EM-Qualifikation Gruppenkopf sind. Dann haben wir es da etwas leichter.“
Dafür braucht es Punkte in der Nationenliga, deren Ergebnisse bei der Quali-Auslosung als Grundlage dienen. Drei Zähler hat die Elftal nach dem berauschenden 3:0 gegen die DFB-Elf im Oktober auf dem Konto. Damit ist selbst der Gruppensieg und die Teilnahme an der Finalrunde noch drin. „Es scheint mehr als den dritten Platz zu geben“, stellte Koeman grinsend fest.
Dass die Depression der vergan- genen Jahre längst neuer Euphorie gewichen ist, findet er jedoch übertrieben. „Frankreich und Deutschland - zuerst hatten wir keine Chance, jetzt wäre es verrückt, wenn wir verlieren. Damit kann ich nicht viel anfangen.“
Dem Europameister von 1988 ist es seit seinem Amtsantritt im Februar allerdings gelungen, Oranje ein Stück Selbstachtung zurückzugeben. „Jeder schaut der Elftal wieder gerne zu“, sagte er, „aber es ist nicht so, dass wir uns zurücklehnen könnten, niemals!“
Die Medien sind von Koemans verjüngtem Team begeistert. „Oranje war fast ein Schimpfwort, jetzt will jeder wieder dabei sein“, schreibt Voetbal International über „das Ende der Generation Mittelmaß“. Andere Blätter schwärmen von den „Koeman Kids“oder den „jungen Tulpen“, zu denen diesmal auch Javairo Dilrosun gehört.
Koeman stellte dem Herthaner „Minuten“in Aussicht, setzt aber zunächst auf die Elf, die in Amsterdam die Deutschen schlug, und die „Magie von De Kuip“. In Rotterdam gewann Oranje seine letzten 14 Länderspiele, das Stadion ist seit Wochen ausverkauft. „Es ist schön, dass die Leute an uns glauben, aber es wird ein sehr schwieriges Spiel“, sagte Koeman. Schließlich haben die Niederlande die jüngsten vier Duelle mit der Equipe tricolore verloren.
Diese hat personelle Probleme, Didier Deschamps nominierte unter anderem Mönchengladbachs Alassane Plea nach. „Wir fahren da hin, um zu gewinnen“, verspricht der Coach seinem Freund Joachim Löw:„Wir sindWeltmeister und werden uns auch so benehmen.“Nach dem 2:1 im Hinspiel reicht Frankreich ein Remis, um sich seinerseits für das Finalturnier 2019 zu qualifizieren.