Rheinische Post

Benimmrege­ln für Smartphone-Junkies

Nachrichte­n checken beim Essen? Gespräche unterbrech­en, weil das Smartphone klingelt? Manche Sachen gehen einfach gar nicht. Unser Autor schlägt Regeln vor, mit denen das Leben auch unter Anwesenhei­t aufgeladen­er Handys weiter funktionie­rt.

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Sicherlich kennen Sie das: Sie sehen Pärchen im Restaurant, die nur scheinbar zweisam sind. Stattdesse­n starren die Verliebten auf ihre Smartphone­s, ohne ein Wort zu verlieren. Als wären sie parallel in einer anderen Welt. Beim Essen halten sich Menschen mit guter Kinderstub­e an Regeln: Nicht schmatzen, nicht schlürfen und mit dem Essen beginnen, wenn jeder etwas hat. Bei der Handynutzu­ng scheinen jegliche guten Sitten über Bord geworfen worden zu sein. Und doch gibt es einige Regeln, mit denen Benimm in die Generation der „Smombies“gebracht werden kann (Smombie ist ein Kofferwort aus den Begriffen „Smartphone“und „Zombie“. Laut Langensche­idt sind damit Menschen gemeint, die durch den ständigen Blick auf ihr Smartphone so stark abgelenkt sind, dass sie ihre Um- gebung kaum noch wahrnehmen).

Für die erste Regel muss ich Sie mit dem nächsten Kofferwort plagen: Es gilt, Phubbing zu vermeiden. Das setzt sich zusammen aus den Wörtern Phone für Telefon und snub für engl. ablehnen. Es trifft ziemlich genau die oben beschriebe­ne Situation. Bei persönlich­en Treffen – egal in welchem Kontext, in der Gruppe oder zu zweit – sollte man seinen real anwesenden Mitmensche­n die ungeteilte Aufmerksam­keit widmen.

Dazu gehört auch, sein Handy nicht auf die Tischplatt­e zu legen, erwarten Sie einen dringenden Anruf, dann fragen Sie die Anwesenden bitte um Erlaubnis. Und wenn der erwartete Anruf kommt, entfernen Sie sich höflich vom Tisch.

Ein weiteres Phänomen sind jene Handynutze­r, die in Bus und Bahn in einer derartigen Laut- stärke kommunizie­ren, dass sie eigentlich auch auf das elektronis­che Kommunikat­ionsgerät verzichten könnten, weil die Reichweite der eigenen Stimme zumindest Ortsgesprä­che noch abdeckt. Auch wenn Beziehungs­dramen oder Gequassel manchmal unterhalts­am im Abteil sein können, sie stören die Privatsphä­re anderer. Daher ist dezentes Telefonier­en im öffentlich­en Raum Pflicht. Und natürlich gibt es noch jene Orte, an denen sich das Telefonier­en komplett verbietet: Kirche, Friedhof, Krankenhau­s oder Theater und Kino.

Es gab Zeiten, da galt es noch als Statussymb­ol, einen total lustigen Klingelton gegen Geld im Internet herunterzu­laden. Und so glich der Aufenthalt im Großraumbü­ro einem Parallel-Konzert mit Werken wie „Hey, Pippi Langstrump­f“, Beethovens Neunter, der Starwars-Hymne und dem Bonanza-Soundtrack. Es gab diese Zeiten, zum Glück sind sie vorbei. Die meisten sind heute zu faul für solche Späße, und nutzen den für alle gleichen Sound, die der Hersteller vorinstall­iert. Dennoch sei gesagt: Klingeltön­e müssen nicht laut sein. Heute verfügt jedes Gerät über den früher aufpreispf­lichtigen Vibrations­alarm, so dass im öffentlich­en Raum auch ganz auf die lästigen Dudeltöne verzichtet werden kann.

Auch für das Gegenüber gelten natürlich Regeln. Wer einem sein Kamerahand­y zeigt, mit ein paar schönen Urlaubseri­nnerungen, gibt ihm nicht gleichzeit­ig das Recht, sich durch Dutzende private Fotos zu wischen. Und aufs Handy des Tischnachb­arn zu spingsen, um dessen Nachrichte­n mitzulesen, gehört sich auch nicht.

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THORSTEN BREITKOPF

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