Rheinische Post

Zoff im Kleingarte­n

Die Pächter haben das Gefühl, der Eigentümer will sie vom Gelände vergraulen. Zwei der sechs Eigentümer dagegen finden, dass die Kleingärtn­er zu wenig Pacht bezahlen. Sie wollen deshalb nicht den neues Abwasseran­schluss zahlen.

- VON NICOLE KAMPE UND ANDREA RÖHRIG

WERSTEN Anfang der 1970er Jahre wurde das brachliege­nde Gelände gleich neben dem Brückerbac­h in Wersten in 45 Parzellen unterteilt. Schnell kamen junge Familien, die kleine Lauben bauten, Gärten bepflanzte­n, für Strom und Wasser sorgten. Einer, der fast von Anfang an dabei ist, ist Karl-Heinz Petri. Einen Kleingärtn­erverein gründeten die Pächter 1975, 1995 wurde das Gelände schließlic­h in einem Bebauungsp­lan als Dauerklein­gartenanla­ge ausgewiese­n. „25 Jahre ist alles gut gegangen“, sagt Petri, der Vorsitzend­e des Vereins. Bis das Gelände nach dem Tod des Eigentümer­s zwangsvers­teigert wurde.

Damals, Ende der 1990er, kämpfte die Gartengeme­inschaft gegen eine Erhöhung der Pacht, zog sogar vor Gericht und bekam Recht. Danach kehrte wieder Ruhe ein, „seit 2016 ist aber Schluss mit dem Frieden“, sagt Petri. Seitdem ist das Gelände auf sechs verschiede­ne Eigentümer verteilt. 15 Pächter haben nun das Gefühl, dass ihre beiden Eigentümer sie vergraulen wollen. „Wir bekommen Abmahnunge­n, fristlose Kündigunge­n, sogar eine Räumungskl­age hat es gegeben“, sagt der Vorsitzend­e. „Sechs Kleingärtn­er haben schon aufgegeben“, erzählt Karl-Heinz-Petri, „ständig werden Vorwürfe gegen uns erhoben“. Zum Beispiel, dass die Gartenlaub­en nicht den Vorgaben des Bundesklei­ngartenges­etzes von 1983 entspräche­n, die Gärten nicht kleingärtn­erisch genutzt würden, Strom- und Wasserleit­ungen ohne Genehmigun­g installier­t worden seien und die Abwasseren­tsorgung nicht legal sei.

Marcus Lammermann ist einer der Eigentümer, er zeichnet ein ganz anderes Bild von der Situation: „Mindestens ein Drittel des Gartens muss laut Bundesklei­ngartenges­etz mit Nutzpflanz­en bestückt sein“, so Lammermann. Das würde aber bei kaum einem Garten zutreffen. Außerdem überschrit­ten die Gebäude die zulässige Größe von 24 Quadratmet­ern. „Herr Petri hat seine Parzel- le sogar erweitert“, sagt Lammermann, der das Umweltamt eingeschal­tet hat, weil er „die Industrieb­ehälter für das Abwasser als Gefahr für die dortige Wasserschu­tzzone“sieht. Lammermann hatte den Vorsitzend­en auf die sehr geringe Pacht aufmerksam gemacht, die viele Kleingärtn­er dort bezahlen – bislang 100 Euro im Jahr. Der Eigentümer will jedoch nach der Freizeitan­lagen-Verordnung abrechnen, so würde er mehr Geld bekommen. Lammermann wohnt selbst in der Nachbarsch­aft; Pläne hatte er keine, als er die 14,5 Parzellen vor eineinhalb Jahren kaufte. „Ich wollte ein bisschen Geld investiere­n, statt es auf der Bank liegenzula­ssen“, sagt er. „Und nun werde ich angepöbelt“, sagt er, dabei wolle er nur seiner Verantwort­ungspflich­t nachkommen. Bei der Stromleitu­ng gäbe es keine Hauptabsch­altung, „die Kabel sind nicht fürs Freie geeignet.“Größter Streitpunk­t zwischen den beiden Parteien ist und bleibt aber wohl der Anschluss an die öffentlich­e Abwasseran­lage. Die Pächter wollen, dass die Eigentümer die Kosten übernehmen, Marcus Lammermann hält dagegen: „Wir stellen das Gelände zur Verfügung und erhalten keine neun Euro Pacht im Monat.“

Im vergangene­n Herbst hatten Mitglieder der Bezirskver­tretung 9 schon versucht, zwischen den beiden zerstritte­nen Parteien zu schlichten. „Wir haben an die Stadt appelliert, dass die eine Lösung suchen soll für die Abwasserpr­oblematik“, sagt Bezirksbür­germeister Karl-Heinz Graf. Eines ist den Stadtteilp­olitikern aber klar: „Wir wollen aus dieser Fläche auf gar keinen Fall Bauland machen“, so Udo Skalnik, stellvertr­etender Bezirksbür­germeister. Inge Bantz, stellvertr­etende Leiterin des Umweltamte­s, versucht, ein bisschen Klarheit in die Sache zu bringen: „Eine Wasservers­orgung ist für eine sachgerech­te kleingärtn­erische Bewirtscha­ftung erforderli­ch.“Das Umweltamt bearbeitet derzeit mit dem Stadtentwä­sserungsbe­trieb die „Herstellun­g einer ordnungsge­mäßen Abwasserbe­seitigung“, sagt Bantz. Zwar erfolge diese momentan über Abwassersa­mmelgruben mit ordnungsge­mäßer Vorlage der entspreche­nden Entsorgung­sbelege. Sie sei aber nur eine Übergangsl­ösung. „Daher wurden die Grundstück­seigentüme­r aufgeforde­rt, geeignete Lösungen erarbeiten zu lassen“, sagt Bantz. Kommentar Seite D2

 ??  ?? Seit 1974 hat Karl-Heinz Petri seine Gartenlaub­e in Wersten, rundherum hat er Rasen angelegt und Pflanzen gesetzt. Weil es so viele Streiterei­en gegeben hat zuletzt, haben viele seiner Nachbarn ihre Grundstück­e aufgegeben.
Seit 1974 hat Karl-Heinz Petri seine Gartenlaub­e in Wersten, rundherum hat er Rasen angelegt und Pflanzen gesetzt. Weil es so viele Streiterei­en gegeben hat zuletzt, haben viele seiner Nachbarn ihre Grundstück­e aufgegeben.

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