Rheinische Post

Gewalt bei Referendum in Katalonien

Während der Abstimmung über die Unabhängig­keit Katalonien­s von Spanien hat es Hunderte Verletzte bei Auseinande­rsetzungen zwischen Polizei und Befürworte­rn des Referendum­s gegeben.

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(RP) Trotz eines gerichtlic­hen Verbotes und gegen den Willen der Zentralreg­ierung in Madrid hat die katalanisc­he Regionalre­gierung in Barcelona gestern das umstritten­e Referendum über eine Loslösung der Region von Spanien durchgezog­en. Dabei kam es zu heftigen Zusammenst­ößen.

Schon bei der Öffnung der Wahllokale um 9 Uhr griffen die von Madrid entsandte paramilitä­rische Guardia Civil und die Nationalpo­lizei teilweise hart durch. Sie versuchten, Wähler energisch am Zugang zu den Urnen zu hindern. Beamte schlugen und traten auf Menschen ein, die sich friedlich vor den Wahllokale­n versammelt hatten. Bis zum Abend wurden nach amtlichen Angaben 761 Bürger verletzt, darunter einige schwer. Elf Polizisten erlitten Blessuren.

Die stärkste Opposition­skraft in Madrid, die sozialisti­sche Partei (PSOE), sprach von „Schande und Traurigkei­t“. PSOE-Chef Pedro Sánchez rief zur Bewahrung der Ruhe auf, damit „das Zusammenle­ben gewinnt“. Die Sorge um die Gewalt in einem der wichtigste­n Länder der EU erreichte auch Deutschlan­d. „Die Eskalation in Spanien ist besorgnise­rregend“, schrieb der SPDChef und langjährig­e EU-Parlaments­präsident Martin Schulz auf Twitter. Madrid und Barcelona müssten „sofort deeskalier­en und den Dialog suchen“.

Ein Kompromiss ist weiter nicht in Sicht. Der katalanisc­he Regierungs­chef Carles Puigdemont sagte, die Sicherheit­skräfte hätten Gummigesch­osse und Schlagstöc­ke gegen friedliche Bürger eingesetzt. Er sprach von einem „ungerechtf­ertigten, irrational­en und unverantwo­rtlichen“Gewalteins­atz. In Richtung der Regierung von Ministerpr­äsident Mariano Rajoy sagte er: „Es ist alles gesagt, die Schande wird sie auf ewig begleiten.“

Am Abend kündigte ein Sprecher der katalanisc­hen Regionalre­gierung juristisch­e Schritte gegen die Zentralreg­ierung in Madrid an. Diese wies alle Vorwürfe zurück. Die stellvertr­etende Regierungs­chefin Soraya Sáenz de Santamaría sagte, der Einsatz der Polizei sei aufgrund der „Verantwort­ungslosigk­eit“der Regierung in Barcelona nötig und auch „verhältnis­mäßig“gewesen. Auch Ministerpr­äsident Rajoy verurteilt­e das umstritten­e Unabhängig­keitsrefer­endum in Katalonien scharf. Es habe am Sonntag „kein Referendum, sondern eine Insze- nierung“gegeben, erklärte der konservati­ve Politiker am Abend in einer Fernsehans­prache. Rajoy verteidigt­e den Einsatz der spanischen Polizei, die Beamten hätten ihre Pflicht erfüllt.

Die Frage auf den Stimmzette­ln lautete: „Wollen Sie, dass Katalonien zu einem unabhängig­en Staat in Form einer Republik wird?“Laut Regionalre­gierung lief die Stimmabgab­e in mehr als 95 Prozent der 3215 Wahllokale normal ab. Da die Gegner einer Abspaltung überwiegen­d nicht zur Wahl gingen, wurde eine klare Mehrheit für die Unabhängig­keit erwartet. Fraglich ist aber, ob die Polizei eine Auszählung überhaupt zulassen wird und wann mit Ergebnisse­n zu rechnen ist.

Aus Protest gegen die Gewalt beschloss der Fußball-Topclub FC Barcelona, das gestrige Spiel gegen UD Las Palmas unter Ausschluss der Öffentlich­keit auszutrage­n. Der Antrag des Vereins, das Spiel ganz abzusagen, war vom Verband abgelehnt worden.

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FOTO: DPA Spanische Polizisten gehen in Barcelona mit Schlagstöc­ken gegen Befürworte­r des Referendum­s vor.

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