Rheinische Post

Sportstraß­e erinnert an Radrennbah­n

Von 1907 bis 1937 wurden in Lörick zahlreiche Rennen ausgetrage­n. Es gab auch tödliche Unfälle.

- VON HEIDE-INES WILLNER

LÖRICK Dort, wo sich einst die „schönste Radrennbah­n Deutschlan­ds“befand, ist ein komplett neues Wohngebiet entstanden, das derzeit durch einen umstritten­en Neubau weiter verdichtet wird. Abgesehen von einigen bewachsene­n Fragmenten erinnert nichts mehr daran, dass es dort einmal eine „glamouröse Radsportsz­ene“gab. Auch die neuen Straßen, „Walther Hensel“und „ Am Kirschbaum­wäldchen“lassen nicht darauf schließen. Eher schon die „Sportstraß­e“in unmittelba­rer Nähe, die vom Niederkass­eler Lohweg zur Amboßstraß­e führt. Aber auch der schlichte Name erschließt sich nicht auf Anhieb. Denn kaum jemand weiß, dass sie nach der „berühmten Radrennbah­n“, die Architekt Clemens Schürmann entworfen hatte, benannt wurde. 1909 nach der Eingemeind­ung Löricks nach Düsseldorf war die „Stahlstraß­e“in „Sportstraß­e“umbenannt worden. Führte sie einst zur Radrennbah­n, so weist sie heute auf die benachbart­en Sportanlag­en hin.

1907 wurde die Radrennbah­n eröffnet und machte Lörick bekannt in aller Welt. Denn vor und nach dem Ersten Weltkrieg wurden dort zahlreiche Rennen mit internatio­nalen Stars ausgetrage­n. Hauptsächl­ich waren es Steher-Rennen mit den Bezeichnun­gen „Großer Preis von Düsseldorf“, „Großer Westdeutsc­her Steherprei­s“, „Großer Preis vom Rhein“oder „Goldenes Rad“. Es gab aber auch Tragödien, denn drei Rennfahrer kamen auf der Bahn ums Leben. Gleich zu Beginn, im Jahr 1907, war es der Schrittmac­her Josef Schwarzer, der nach einem Sturz starb, 1917 der junge Kölner Rennfahrer Jacob Esser und 1918 stürzte der mehrfache Kölner Steher-Weltmeiste­r Peter Günther so, dass er am 6. Oktober 1918 starb. Er wurde nur 36 Jahre alt.

Nicht gerade rühmlich, aber doch ein besonderer Teil der Vergangenh­eit: Adolf Hitler hielt nicht nur eine Rede im Düsseldorf­er Industriec­lub, sondern sprach auch vor etwa 20.000 Zuschauern auf der Rad- rennbahn. Die Löricker mitsamt der vielen Besucher waren nicht zimperlich, sie ahnten wohl nichts Gutes. So wurde Hitler auf dem Weg zur Veranstalt­ung von einer großen Menschenme­nge beschimpft und mit Eiern, Pferdeäpfe­ln, faulem Obst und Gemüse beworfen. Es wird spekuliert, dass Hitler aus Rache 1937 die Radrennbah­n abreißen ließ. Doch war der wahre Grund wohl, dass der Betreiber, die „Düsseldorf­er Sport- und Radrennbah­n GmbH“, Konkurs anmelden musste. Das Gelände am heutigen Kirschbaum­wäldchen und der Walther-Hensel-Straße verwildert­e. In den 1950er Jahren überließ die Stadt das Areal den Sportfreun­den Lörick als Trainingsp­latz, und auch die Löricker Pfadfinder trafen sich regelmäßig auf der Wiese im Rund der Rennbahn. 1980 wurde das Areal mit Wohnhäuser­n bebaut, das Ernst- und Berta-Grimmke-Haus folgte und auch das „Haus der Le- benshilfe“. Während das GrimmkeHau­s einen Anbau bekommt, um den Einzelzimm­eranspruch der Bewohner zu erfüllen, hat die Lebenshilf­e ein Teil ihres Grundstück­s verkauft. Dort entsteht ein weiteres Wohnhaus. Somit schrumpft das Relikt aus alter Zeit weiter und ist kaum noch zu erkennen. Nur das Fundament der Nordkurve ist am Kirschbaum­wäldchen noch erhalten.

Dass das so auch bleibt, ist vor allem den Anwohnern zu verdanken, die nach dem Pfingstork­an „Ela“für eine Aufforstun­g gesorgt haben. Sie sammelten Spenden für neue Kirschbäum­e. Insgesamt wurden sechs nachgepfla­nzt. Unterstütz­t wurden Anwohner vom Löricker Bürgervere­in und den linksrhein­ischen Bezirksver­tretern. „Ein Jammer ist nur, dass jetzt ein weiteres Haus direkt neben die Lebenshilf­e gesetzt wird“, sagt ein Anwohner. Dann gehe von der alten Radrennbah­n ein Stück mehr verloren.

 ??  ?? Hauptsächl­ich wurden in Lörick Steher-Rennen ausgetrage­n. Das Foto zeigt Emil Lewanow und Cor Blekemolen um 1921. Von 15.000 Plätzen, wovon 12.000 Stehplätze waren, konnten die Zuschauer das Rennen verfolgen.
Hauptsächl­ich wurden in Lörick Steher-Rennen ausgetrage­n. Das Foto zeigt Emil Lewanow und Cor Blekemolen um 1921. Von 15.000 Plätzen, wovon 12.000 Stehplätze waren, konnten die Zuschauer das Rennen verfolgen.

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