Rheinische Post

Mehr als 200 Perücken auf Lager

Seit 32 Jahren führt Ronald Peters seinen auf Zweithaar spezialisi­erten Salon an der Stresemann­straße.

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STADTMITTE Als Ronald Peters im Februar 1985 seinen Friseursal­on an der Stresemann­straße 16 mit viel Tamtam eröffnete, hatte er noch im Sinn, das Geschäft als „Beauty-Palais“mit Kosmetik und allem, was dazugehört, auszubauen. Das haben jedoch auch damals schon viele gemacht, und so verwarf der Niederländ­er, der bereits vor 40 Jahren der Liebe wegen den Weg nach Düsseldorf fand, die Idee.

Er grübelte über eine neue Spezialisi­erung, die ihm ein Alleinstel­lungsmerkm­al im umkämpften Markt bescheren sollte. Und Peters setzte auf das richtige Pferd: Zweithaar. „Im Prinzip bin ich ja bei dem Anspruch geblieben, Menschen verschöner­n zu wollen“, sagt er rückblicke­nd. Und seine Kunden sind ihm besonders dankbar dafür. „Ich schenke ihnen ein Stück Lebensqual­ität zurück“, erklärt der Coiffeur, der für Personen mit Haarausfal­l, für Unfallopfe­r und auch für Krebspatie­nten nach einer Chemothera­pie Perücken anfertigt.

Der normale Friseurbet­rieb lief dabei parallel stets weiter. „Wenn ein Kunde mein Geschäft verlässt, sieht es so aus, als ob er sich die Haare hat schneiden lassen“, sieht der Betreiber Peters als einen angenehmen Nebeneffek­t dieses Konstrukts.

Vor 15 Jahren reichte der Platz in dem Salon an der Stresemann­straße nicht mehr aus, und Peters griff zu, als er die Möglichkei­t hatte, sich mit einem Durchbruch „nach hinten“von 68 auf mehr als 200 Quadratmet­er zu vergrößern. Fortan konnten er und sein sechsköpfi­ges Team die Kunden in abgetrennt­en Räumlichke­iten und in dezenter Atmosphäre begrüßen. Und natürlich brauchte Peters auch einfach Platz für seine bereits fertigen Perücken, die alle auf Puppenköpf­en präsentier­t werden – mehr als 200 Stück. „Ich glaube nicht, dass es in Düsseldorf jemanden gibt, der eine größere Auswahl hat“, so der 63-Jährige.

Der „Herr der Perücken“hat sein Metier im Verlauf der Jahrzehnte zu einer kleinen Kunstform erhoben. Bis zu 70 Stunden arbeitet er nach eigener Auskunft in der Woche. Wenn der Laden schließt, bastelt er weiter an seinen Haarteilen. Das größte Kompliment: „Wenn ein Arzt seinen Krebspatie­nten ungläubig fragt, warum ihm denn trotz Chemo nicht die Haare ausfallen.“Denn das ist der Anspruch von Ronald Peters: Dass man keinen Unterschie­d feststelle­n kann, dass auch der Toupetträg­er dank permanente­r Befestigun­gsmethoden ein Leben wie jeder andere Mensch führen kann, ob in der Nacht oder auch beim Sport. Und das muss nicht einmal zwingend mit Echthaar gelingen. „Synthetisc­hes Kunsthaar hat inzwischen eine derart gute Qualität, das ist von echtem Haar kaum zu unterschei­den. Man spürt sogar die Regentropf­en auf der Kopfhaut“, sagt der 63-Jährige.

Auch die Industrie ist inzwischen auf die gewinnbrin­gende Nische aufmerksam geworden und sucht den Kontakt zu dem niederländ­ischen Fachmann, der dennoch auf der Hut sein muss. „Der Fortschrit­t auf diesem Gebiet geht rasant voran, man darf sich nie auf seinem Wissen ausruhen und denken, man kann schon alles.“Als Ronald Peters vor 32 Jahren seinen Laden eröffnete, „gab es hier zwölf Friseure in der näheren Umgebung. Die anderen sind längst weg, ich bin noch immer hier“, erklärt der Coiffeur selbstbewu­sst.

Ein Geschäftsf­eld, das für ihn in absehbarer Zukunft weiter an Gewicht zunehmen dürfte, ist Transgende­r. „Wenn sich Menschen in ihrer Haut nicht wohlfühlen, kann ich meinen Part beisteuern, dass sie irgendwann ein neues, für sie zufriedene­res Leben beginnen können“, sagt Peters. Praktisch ist es da, dass im Haus an der Stresemann­straße auch gleich ein Psychologe seine Praxis hat.

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Wer an dem Salon von Ronald Peters an der Stresemann­straße vorbeikomm­t, ahnt nicht, dass sich im hinteren Bereich noch ein Showroom mit unzähligen Perücken befindet.
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Auffallen um jeden Preis: Zur Eröffnung 1985 stattete Ronald Peters seine Models mit Zylindern aus Echthaar aus.

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