Rheinische Post

Bürger fordern Straßen-Umbenennun­g

Die Wissmannst­raße ehrt einen Kolonialze­it-Helden. Nun soll eine Stele das erklären. Viele Anwohner wollen das nicht.

- VON NICOLE KAMPE

UNTERBILK Lang ist sie nicht, die Straße, die an einer Seite des Friedenspl­ätzchens in Unterbilk verläuft. 32, vielleicht 34 Hausnummer­n gehören zur Wissmannst­raße, die irgendwann Anfang des 20. Jahrhunder­ts so benannt wurde. Einen Kiosk gibt es an der Straße, ein Café, eine handvoll Altbauten stehen dort. Manche frisch restaurier­t, fast schon modern, andere als hätte die Zeit ihnen nichts angehabt. Eigentlich ist es schön an der Wissmannst­raße. Man kennt sich dort, man engagiert sich, man trinkt Kaffee, man plauscht vor der Tür.

Die Anwohnerin­itiative Friedenspl­ätzchen ist vor 20 Jahren gegründet worden, für einen Bücherschr­ank und einen Wochenmark­t haben sich die Mitglieder starkgemac­ht. Rund um den Platz hat sich vieles getan, die Menschen identifizi­eren sich mit dem Viertel. Einzig der Name der Straße, die dort verläuft, ist den Anwohnern und Mitglieder­n der Initiative ein Dorn im Auge. Denn benannt ist die Wissmannst­raße keineswegs nach einer Person, die geehrt werden sollte, findet Roswitha Heimlich. „Hermann von Wissmann war ein übler Söldner“, sagt die 66-Jährige. Als Reichskomm­issar für Ostafrika unterdrück­te er mit seinen Truppen den Widerstand der Küstenbevö­lkerung im heutigen Tansania und wurde dafür als Kriegsheld gefeiert. Außerdem wird er verantwort­lich gemacht für den Maji-Maji-Krieg, in dem rund 100.000 Einheimisc­he starben, „viele Kinder und Frauen“, sagt Heimlich, die viel recherchie­rt hat zur Geschichte der Kolonialze­it. André Bückendorf, 53 Jahre alt, ist Mitglied der „9. Gesellscha­ft Oberkassel“.

Was war Ihr erster Gedanke, als der Vogel von der Stange fiel? André Bückendorf

Freude.

Was war Ihr erster Gedanke, als er Sie fragte, ob Sie seine Königin werden wollen? Heike Bückendorf

Als der Telefonanr­uf kam, war ich erst einmal sprachlos. Dann aber machte ich mich sofort auf den Weg zu meinem Mann.

Das gibt es nur in unserem Stadtteil oder Verein: André Bückendorf

Der große familiäre Zusammenha­lt im Regiment und die tolle Kameradsch­aft in unserer erst seit 2013 bestehende­n noch jungen „9. Gesellscha­ft Oberkassel“.

Ich freue mich beim Schützenfe­st besonders auf... André Bückendorf:

...den Umzug, die Parade und auf alle Gäste bei unseren Veranstalt­ungen.

Das Schönste am Königsein ist... André Bückendorf:

sche Königin. Da war nur Freude über ...natürlich meine hüb- Das Schützenfe­st mit Kirmes auf der „kleinen“Rheinwiese in Oberkassel, das bereits am Donnerstag begonnen hat, dauert noch bis morgen. Höhepunkt der Festivität­en ist natürlich morgen die Parade.

Um 19.30 Uhr findet heute im Festzelt der Jungschütz­enabend statt.

Um 14 Uhr beginnt der große Festzug. Mit drei Bataillons­zügen und vielen Musikeinhe­iten präsentier­en sich die Schützen. Eine halbe Stunde später finden sich die Ehrengäste im Alten Bahnhof am Belsenplat­z ein. Die große Parade vor der St. Antoniuski­rche ist für 16 Uhr angesetzt. Im Anschluss werden Pagen- und Schülerkön­ig gekrönt, ehe ab 19 Uhr der Regimentsk­rönungsbal­l den Schlussakk­ord einläutet: Das neue Königspaar wird gekrönt, es gibt Ehrungen und ab 22 Uhr den Großen Zapfenstre­ich.

Morgen

ren. „Der Beschluss, eine Stele zu errichten, ist parteiüber­greifend gefasst worden“, sagt Bezirksbür­germeister Walter Schmidt. Wie die Stele aussehen soll und ob sie auf dem Friedenspl­ätzchen aufgestell­t wird, das hätte man noch nicht entschiede­n, hieß es in der letzten BVSitzung. Wolfgang Müller von der CDU regte an, die Stele an der Ecke Wissmannst­raße/Bilker Allee aufzustell­en, dort würden viele Menschen die Tafel lesen. Thorsten Gaeßner von den Grünen setzt sich für eine klare Abgrenzung von EhrenStele­n ein: „Ideen werden mit der Mahn- und Gedenkstät­te ausgearbei­tet“, sagt er. „Das stimmt aber nicht“, widerspric­ht Heimlich, „dafür ist das Stadtarchi­v zuständig.“

„Eine Infotafel kann hier gerne aufgehängt werden, wenn die Straße umbenannt wird“, meint Gudrun Beinke, die seit 30 Jahren an der Wissmannst­raße lebt und inzwischen Kontakt hat zur HeinrichHe­ine-Universitä­t, die an einem Entwurf sitzt, mit Hintergrün­den zur Benennung. Das Forum Freies Theater hat Kontakt zu Beinke aufgenomme­n, ein Schauspiel­er will die Taten aufarbeite­n. „Wir würden uns auch dafür einsetzen, dass die Geschichte nicht vergessen wird“, sagt die 56-Jährige. „Mit Aktionen auf dem Friedenspl­ätzchen etwa.“

Wenn es nach Michael Köster geht, könnte die Straße einfach wieder Kaulbachst­raße heißen, so wie sie es vor mehr als hundert Jahren getan hat. „In Urdenbach ist ein ganzes Kolonialvi­ertel umbenannt worden“, sagt er. Einen Kolonialve­rbrecher ehren, der nicht einmal etwas mit Düsseldorf zu tun hatte, das versteht der 41-Jährige nicht.

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„HIER BIN ICH KÖNIG“– EINE AKTION DER VOLKSBANK DÜSSELDORF NEUSS UND DER RHEINISCHE­N POST.
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RP-FOTO: ANDREAS ENDERMANN Gudrun Beinke und Roswitha Heimlich (v.l.) kämpfen für die Umbenennun­g der Wissmannst­raße.

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