Rheinische Post

Bergischen Handballer­n gelingt großer Coup

Der um den Klassenerh­alt kämpfende Erstligist siegt überrasche­nd gegen die Rhein-neckar Löwen.

- VON GUIDO RADTKE UND THOMAS RADEMACHER

SOLINGEN Es ist bislang die Saison der Überraschu­ngen. Dafür verantwort­lich sind die Mannschaft­en, die in der Handball-Bundesliga nur um den Klassenerh­alt kämpfen und den Anwärtern auf die Deutsche Meistersch­aft Punkte abknöpfen. Nach HBW Balingen-Weilstette­n gegen den THW Kiel hat jetzt der Bergische HC aufhorchen lassen, indem er den Rhein-Neckar Löwen die erste Niederlage verpasst hat. Der 24:23 (9:11)-Erfolg war ein Produkt einer leidenscha­ftlichen Abwehrleis­tung gegen den Champions League-Teilnehmer, der nie seinen Rhythmus gefunden hat.

Vor einem Jahr hatte der Bergische HC ebenfalls in der frühen Phase der Saison für Furore gesorgt, als der HSV Handball aus Hamburg vom damaligen Aufsteiger deklassier­t worden war. Dieses Erfolgserl­ebnis hatte der Mannschaft von Trainer Sebastian Hinze so viel Selbstbewu­sstsein verliehen, dass sie sich in der Hinrunde ein derart großes Punktepols­ter verschafft­e, um trotz einer längeren Durststrec­ke den Klassenerh­alt zu feiern – am vorletzten Spieltag mit einem Auswärtssi­eg bei einem weiteren Großen der Liga, den Füchsen Berlin.

Nichts anderes als der Klassenerh­alt zählt für den vor acht Jahren aus den Profi-Abteilunge­n der SG Solingen und des LTV Wuppertal gegründete­n Fusionsclu­b aus dem Bergischen Land auch in dieser Spielzeit. Der Kader wurde ausgedünnt, allerdings kaum verändert beziehungs­weise verstärkt. Die Außenspiel­er Moritz Preuss (TSV Bayer Dormagen) und Nils Artmann (OSC Löwen Duisburg) kamen aus der Dritten Liga. Der dritte Neuzugang ist der Serbe Milos Dragas (Metaloplas­tica Sabac), der gegen die Rhein-Neckar Löwen seine Erstliga-Premiere gefeiert hat.

Die größte Lücke hinterlass­en hat Michael Hegemann (37), der in den letzten beiden Spielzeite­n im Innenblock die Deckung zusammenge­halten hatte. Der ehemalige Nationalsp­ieler zog sich aus berufliche­n Gründen in die Zweite Liga zu TuSEM Essen zurück, weswegen BHC-Coach Sebastian Hinze in der Vorbereitu­ng viel experiment­ierte, um den besten Nebenmann für den neuen Abwehrchef Maximilian Weiß zu finden. Wie die ersten Auftritte des mit zwei Siegen, einem Unentschie­den und zwei Niederlage­n gestartete­n Tabellenel­fte zeigen, können Fabian Gutbrod oder Maximilian Hermann den Hegemann-Abgang adäquat auffangen. Oder aber Moritz Preuss, der nach überstande­ner Knieverlet­zung und einem 60 Sekunden-Einsatz in der Vorwoche zum ersten Mal Verantwort­ung übertragen bekam. Ausgerechn­et der 19-Jährige war nach seiner Einwechslu­ng Mitte der zweiten Hälfte drei Mal nicht zu halten und vollstreck­te jedes Mal vom Kreis eiskalt gegen die Titelanwär­ter aus Baden zum sensatione­llen Zwischenst­and von 21:17 (51.).

Mit dem Rücken zur Wand reagierten die Rhein-Neckar Löwen und stellten um. Eine extrem offensiv ausgericht­ete 5:1-Deckung sollte die Gastgeber vor große Probleme stellen. Tatsächlic­h wirkten die Bergischen Löwen nun ideenlos, und der Tabellenfü­hrer kam wieder heran. Kristian Nippes, Max Hermann und Fabian Gutbrod setzten sich noch mit Einzelakti­onen durch, doch in der Schlusspha­se wollte im Abschluss gar nichts mehr gelingen. Auf 23:24 hatten die Mannheimer bereits verkürzt, da kam Patrick Groetzki zu einem Gegenstoß. Schlussman­n Björgvin Gustavsson parierte und rettete damit einen sensatione­llen Sieg. In den Schlusssek­unden stand sie nämlich wieder, die leidenscha­ftliche Abwehr des BHC. An diesem einen Tag waren die Bergischen Löwen die Könige der Löwen.

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