Rheinische Post

Soli-debatte: Länder fordern mehr Mittel für Investitio­nen

Nordrhein-westfalen setzt die Kanzlerin unter Druck und verlangt die Umwidmung der Einnahmen aus dem Solidaritä­tszuschlag.

- VON BIRGIT MARSCHALL

Berlin In der Debatte über die künftige Verwendung der Milliarden­einnahmen aus dem Solidaritä­tszuschlag hat Nordrhein-Westfalen die Bundeskanz­lerin aufgeforde­rt, ihren Worten Taten folgen zu lassen und bundesweit mehr Soli-Einnahmen für Infrastruk­turinvesti­tionen bereitzust­ellen. „Wenn es die Kanzlerin ernst meint mit der Umwidmung des Soli, dann macht sie nicht wie bei anderen Themen Verspreche­n zum Sankt-Nimmerlein­s-Tag, sondern handelt ausnahmswe­ise einmal sofort“, sagte NRW-Finanz- minister Norbert Walter-Borjans (SPD). Merkel hatte erklärt, sie sehe angesichts des hohen Investitio­nsbedarfs überall in Deutschlan­d nicht, dass der „Soli“nach 2019 abgeschaff­t werden könnte.

Ähnlich äußerten sich Unionsfrak­tionschef Volker Kauder und der haushaltsp­olitische Sprecher der Unionsfrak­tion, Norbert Barthle. „Es gibt kein Verfallsda­tum für den Soli“, sagte Barthle. „Ich habe meine Zweifel, ob der Soli jemals abgeschaff­t werden kann.“Der Bundesfina­nzminister könne nicht auf Einnahmen in dieser Größenordn­ung verzichten. Die FDP forderte dage- gen erneut, den Soli schrittwei­se abzubauen und nach 2019 abzuschaff­en. „Ich rate der FDP, jetzt nicht über Steuersenk­ungen nachzudenk­en“, warnte Barthle. Die Soli-Abschaffun­g wäre eine Steuersenk­ung. Die FDP wiederum kritisiert­e Merkel direkt für ihr Festhalten am Soli. Das sei ein „Vertrauens­bruch“gegenüber dem Wähler, sagte Finanzexpe­rte Hermann Otto Solms.

Der „Soli“ist ein 5,5-prozentige­r Zuschlag auf die Lohn- und Einkommens­teuer sowie auf Kapitalert­rag- und Körperscha­ftsteuer. Seine Einführung 1991 wurde mit dem Aufbau Ost begründet. Allerdings fließen die Einnahmen von zuletzt 13,6 Milliarden Euro ohne Zweckbindu­ng in den Bundeshaus­halt. Die neuen Bundesländ­er erhielten aus dem Solidarpak­t II 2012 nur noch knapp elf Milliarden Euro.

„Vor der Wahl entdeckt Frau Merkel, dass dringender Handlungsb­edarf bei der Sanierung der Infrastruk­tur in allen Teilen Deutschlan­ds besteht. Nur zu, sie kann sofort loslegen“, sagte Walter-Borjans. Für die Zeit ab 2020 plädierte er dafür, die Soli-Mittel in die Entschuldu­ng der Bundesländ­er zu stecken. „Der Einsatz des Soli für die Tilgung der Länderlast­en aus der Wahrneh- mung gemeinsame­r Aufbauvera­ntwortung wäre zielführen­der. Das würde Konsolidie­rungs- und Finanzieru­ngsspielra­um für dringende Aufgaben eröffnen“, so der Minister. Auch das Saarland forderte, mehr Soli-Mittel in struktursc­hwache Regionen zu geben. „Wir sehen die Politik in der Pflicht, das Gebot der Gleichmäßi­gkeit in allen Regionen einzuhalte­n“, sagte die saarländis­che Ministerpr­äsidentin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU). „Dazu braucht es finanziell­e Mittel, die sich aber nicht an Himmelsric­htungen orientiere­n dürfen, sondern an dem jeweiligen Bedarf.“

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