Neue Krawalle erschüttern die Pariser Vororte
In Frankreich brennen wieder Autos. Auslöser ist eine Festnahme nach einem Verstoß gegen das Verschleierungsverbot.
PARIS Am Anfang steht eine banale Personenkontrolle: Als Polizisten am vergangenen Donnerstag im Pariser Vorort Trappes eine Frau anhalten, weil diese trotz des BurkaVerbots einen Ganzkörperschleier trägt, kommt es zu einem Handgemenge mit deren Ehemann. Der 21Jährige wird festgenommen. Daraufhin eskaliert die Situation: 400 aufgebrachte Jugendliche bewerfen eine Polizeistation mit Steinen und Feuerwerkskörpern. Mülltonnen und Autos gehen in Flammen auf. Die Beamten schießen mit Tränengas zurück. Am Ende der mehrtägigen Ausschreitungen gibt es zahlreiche Verletzte und Festnahmen.
Erst gestern kehrte in der tristen Satelliten-Stadt im Westen von Paris, die schon 2005 zu Regierungszeiten der Konservativen Schauplatz schwerer Krawalle war, wieder weitgehend Ruhe ein. Zwar gab es nach Polizei-Angaben vereinzelte kleinere Brände, doch insgesamt sei die Lage „unter Kontrolle“, erklärte Innenminister Manuel Valls. Der als Hardliner bekannte Sozialist hatte umgehend das Polizeiaufgebot in Trappes und Umgebung aufgestockt. Bei einem Besuch in Trappes sprach Valls von „nicht tolerierbaren Angriffen“, die „sich der Staat nicht bieten“lasse.
In Frankreich ist die Vollverschleierung in der Öffentlichkeit seit 2011 verboten. Bei Zuwider- handlung drohen Strafen von bis zu 150 Euro. Wie die Zeitung „Liberation“berichtet, hat das Burka-Verbot aber nicht viel geändert: Die Zahl der verschleierten Frauen sei mit schätzungsweise 2000 bis 3000 genauso hoch wie vorher. Den Behör- den zufolge wurden seit Inkrafttreten des Gesetzes 705 muslimische Frauen kontrolliert, davon hatte mehr als die Hälfte auch das Gesicht komplett verdeckt. Immer wieder kommt es bei den Kontrollen zu Zwischenfällen, weil sich die Frauen der Polizei widersetzen. Die Kontrollen seien aus politischen und religiösen Gründen „heikel“, räumt Frédéric Lagache von der Polizeigewerkschaft ein.
In Trappes beklagen viele Einwohner, die wie in anderen französischen Banlieues (Vorstädten) vorwiegend aus Nord- und Schwarzafrika stammen, Schikane und Diskriminierung vonseiten der Polizei. Von „sozialer Malaise“spricht auch Mohammed Mechmache, Autor eines Regierungs-Berichts über die Lage in den Banlieues. Wenn Menschen – nur weil sie einen Schleier tragen – von der Gesellschaft ausgeschlossen würden, obwohl sie Bürger der Republik seien, dann sei dies „beängstigend“, erklärt er kürzlich.