BVB trainiert Bescheidenheit
DORTMUND In einem Kleinbus der Jugendabteilung kam der Deutsche Meister zum Trainingsauftakt gefahren. Eine Handvoll Fans wartete im Dortmunder Hoeschpark, auf der Laufbahn joggte ein Senior, ein Platzwart schrieb mit Kreide in großen Buchstaben „Gesperrt!“auf den öffentlichen Sportplatz. So startete der Deutsche Meister und Pokalsieger der vergangenen Spielzeit in die Vorbereitung auf die neue Saison. Statt sich selbst, die Meisterschale und den Pokal bei einem öffentlichen Training im Stadion von Tausenden feiern zu lassen, wie es in den vergangenen Jahren der Fall gewesen war, setzte Trainer Jürgen Klopp einen Fitnesstest an einem bis gestern Morgen geheim gehaltenen Ort an.
Bescheiden und bodenständig – so präsentierte sich der Doublesieger gestern vor einer Saison, in der die Erwartungen an ihn nach zwei Meisterschaften in Serie sicher nicht kleiner geworden sind. Wie üblich machte sich das Führungstrio daraus einen Spaß. „Wir haben stundenlang getagt und uns über das Saisonziel unterhalten“, verkündete Geschäftsführer HansJoachim Watzke genüsslich und fügte an: „Wir wollen uns wieder für die Champions League qualifizieren.“In Deutschland gebe es nämlich den FC Bayern, der wirtschaftlich alles überstrahle und mit der Favoritenbürde gesegnet sei. Aber der Schatten, den der BVB in diesem Licht wirft, wird immer größer.
Erstmals in seiner Geschichte machte Borussia Dortmund im gerade abgelaufenen Geschäftsjahr mehr als 200 Millionen Euro Umsatz. Und zwar „deutlich“, wie Watzke versicherte. 90 000 Dauerkarten hätte der BVB verkaufen können, bei 54 000 Abos war Schluss. Und dazu hat Klopp einen Kader beisammen, der trotz des Abgangs von Shinji Kagawa nicht schlechter besetzt ist als in der vergangenen Saison. Von Marco Reus, der für gut 17 Millionen Euro aus Mönchengladbach kommt, versprechen sie sich viel in Dortmund. „Er hat bei der EM gezeigt, warum wir ihn unbedingt wollten“, sagte Sportdirektor Michael Zorc, der weitere Abgänge ausschloss. Julian Schieber soll Lucas Barrios als zweiten Stürmer ersetzen, und Oliver Kirch dürfte vorerst Sparringspartner für Außenverteidiger Lukasz Piszczeck sein. Kirch sagte brav: „Ich möchte an ein paar Einsätze kommen.“Und Schieber verkündete, er wolle sich „reinarbeiten“.
Klopp ist zufrieden mit den Neuen. Er hat bekommen, was er wollte, Geld genug für seine Wunschspieler war vorhanden. „Die Transfers bieten uns viel Potenzial für Verbesserungen“, sagte Klopp. „Jetzt will ich die Jungs aber auch mal kicken sehen. Gelaufen sind sie heute jedenfalls toll.“Heute reist der im Moment nur elf Profis umfassende Kader ins erste Trainingslager nach Österreich. Die EM-Teilnehmer stoßen bis zum 22. Juli zur Mannschaft. Dann bleiben immer noch fast fünf Wochen bis zum Auftaktspiel gegen Bremen. „Wir wollen aus dem guten Kader eine besondere Mannschaft formen“, sagt Klopp.
Was unterdessen in München passiert, interessiert die Borussen nur am Rande. Als Klopp auf die Verpflichtung Matthias Sammers als Sportdirektor beim Rekordmeister angesprochen wurde, zuckte er die Schultern: „Das ist sicher der spektakulärste Sportdirektor-Transfer in der Geschichte des deutschen Fußballs. Ich fände das Problem deutlich größer, wenn er als Spieler in Bestform zu den Bayern gewechselt wäre.“