Rheinische Post

Euro-krise – das sind Merkels Gegner

Die Zugeständn­isse von Kanzlerin Merkel auf dem jüngsten Eu-gipfel sorgen in der Koalition für Unmut. Mit 20 Nein-stimmen bei Union und FDP wird gerechnet, sollten die Hilfen des Rettungssc­hirms ESM für marode Banken zur Abstimmung stehen. Auch Finnland u

- VON MICHAEL BRÖCKER UND GREGOR MAYNTZ

BERLIN Der Unmut in den Koalitions­fraktionen über die Beschlüsse des EU-Gipfels könnte für Kanzlerin Angela Merkel gefährlich werden. Nach Informatio­nen unserer Zeitung aus der Führung der Unions- und FDP-Bundestags­fraktion könnten bis zu 20 Koalitions­abgeordnet­e gegen die Regelung votieren, dass der dauerhafte Rettungsfo­nds ESM künftig direkt marode Banken in Krisenländ­ern unterstütz­en darf. Union und FDP verfügen über eine Mehrheit von 19 Sitzen im Bundestag.

Am Freitag hatten Bundestag und Bundesrat mit einer Zweidritte­lMehrheit dem dauerhafte­n europäisch­en Rettungsfo­nds ESM zugestimmt, der maximal 500 Milliarden Euro Kreditgara­ntien an überschuld­ete Staaten vergeben kann. Deutschlan­d haftet mit 190 Milliarden Euro. Kanzlerin Merkel hatte auf Druck Spaniens und Italiens beim EU-Gipfel am Tag zuvor der umstritten­en Regelung zugestimmt, dass der ESM künftig direkt Geld an marode Banken verleihen und Staatsanle­ihen der Krisenstaa­ten aufkaufen darf. Damit wollen Spanien und Italien ihre hohen Zinskosten für den Verkauf von Staatsanle­ihen an den Finanzmärk­ten senken. Diese Reform war indes nicht Bestandtei­l der Abstimmung im Bundestag und muss erneut dem Parlament vorgelegt werden. Dies könnte im Rahmen einer Sondersitz­ung Ende Juli der Fall sein, heißt es in Koalitions­kreisen.

Sollte es zu einer erneuten Abstimmung über den ESM kommen, muss Merkel um die Mehrheit in den eigenen Reihen fürchten. „Der Versuch, mit Finanzhilf­en die Zinsen auf Dauer unter Marktnivea­u zu halten, ist ein Wettlauf gegen die ökonomisch­e Realität, der nicht zu gewinnen ist“, kritisiert der CDUAbgeord­nete Thomas Silberhorn. Da die Krise keine Schuldenkr­ise, sondern eine Krise der Wettbewerb­sfähigkeit sei, könne sie auch nicht mit Geld gelöst werden. Die Nervosität in der Regierung ist groß. Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble (CDU) versuchte gestern in einer Telefonkon­ferenz die Fraktionsf­ührungen von den Gipfelerge­bnissen zu überzeugen. Teilnehmer­n zufolge erklärte Schäuble, dass bei den direkten Finanzhilf­en des ESM immer das betroffene Land einen Antrag stellen und be- stimmte Auflagen erfüllen müsse. Eine Aufweichun­g der Auflagen, wie sie der Wirtschaft­sflügel der Union und die FDP kritisiere­n, dementiert­e Schäuble.

Doch auch andere Euro-Länder haben Probleme mit den Gipfel-Beschlüsse­n. Finnland und die Nie- derlande kündigten gestern eine Blockade der Ausweitung der Befugnisse des ESM an. Da bei wesentlich­en finanziell­en Entscheidu­ngen Einstimmig­keit in dem Gremium des ESM gilt, haben Finnland und Niederland­e ebenso wie Deutschlan­d ein Vetorecht.

Das Verfassung­sgericht setzte unterdesse­n bereits gestern eine mündliche Verhandlun­g über die Eilanträge gegen den ESM an. Am 10. Juli soll bereits verhandelt werden. Die Kläger wollen Bundespräs­ident Joachim Gauck bis zur Entscheidu­ng aus Karlsruhe untersagen, die Gesetze auszuferti­gen. Mehrere Staatsrech­tler, Ökonomen und Politiker hatten am vergangene­n Freitag, direkt nach den Beschlüsse­n von Bundestag und Bundesrat, gegen den Rettungsfo­nds Klage eingereich­t. Dazu gehören die frühere Bundesjust­izminister­in Herta Däubler-Gmelin, der CSUBundest­agsabgeord­nete Peter Gauweiler und die Bundestags­fraktion der Linksparte­i.

Inhaltlich unterstütz­t werden die Euro-Kritiker beispielsw­eise von dem prominente­n Münchner Ökonomen Hans-Werner Sinn, dem früheren Chef des Bundesverb­ands der Deutschen Industrie, HansOlaf Henkel und den Freien Wählern.

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Rettungsfo­nds Wolfgang Bosbach
(CDU) stimmte gegen den
Rettungssc­hirm Klaus-Peter Willsch (CDU) stimmte gegen den
Rettungssc­hirm Herta Däubler-Gmelin, Ex-Justizmini­sterin, klagt gegen den Rettungsfo­nds...
Sahra Wagenknech­t (Linke) klagt gegen den Rettungsfo­nds Wolfgang Bosbach (CDU) stimmte gegen den Rettungssc­hirm Klaus-Peter Willsch (CDU) stimmte gegen den Rettungssc­hirm Herta Däubler-Gmelin, Ex-Justizmini­sterin, klagt gegen den Rettungsfo­nds...

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