Rheinische Post - Xanten and Moers
Bitte kontinuierlich, kritisch, konstruktiv
In einer Festrede formuliert NRW-Medienminister Nathanael Liminski, was er vom Journalismus erwartet.
(RP) Für die Verleihung des Wächterpreises hat Nathanael Liminski Termine in NordrheinWestfalen sausen lassen. Der Medienminister und Staatskanzleichef des Landes wollte die Gelegenheit nutzen, im Frankfurter Römer als Festredner Grundsätzliches über den Journalismus und die Medienlandschaft zu formulieren. Die ausgezeichneten Texte zeigten, dass Journalismus „kontinuierlich, kritisch und konstruktiv sein muss, um relevant zu bleiben“, mahnte der CDU-Politiker, selbst Sohn eines Journalisten. In sozialen Medien finde „eine konfuse Kakofonie“statt. „Meinungen und Fakten sind schwer auseinanderzuhalten. Absender bleiben oft anonym. Es wundert da niemanden, dass viele Menschen überfordert und hilflos davorstehen, am liebsten Augen und Ohren verschließen.“Das biete Verschwörungstheorien Raum. Der Wächterpreis strafe alle Lügen, „die glauben, dass Politik und Medien Hand in Hand arbeiten“.
Und in der Tat zeigt der erste Preis, dotiert mit 10.000 Euro, das ganz besonders. Ausgezeichnet wurden die landespolitischen Korrespondenten der vier Redaktionen in Rheinland-Pfalz, Karin Dauscher von der „Rheinpfalz“, Bastian Hauck von der „Rhein-Zeitung“, Sebastian Stein vom „Trierischen Volksfreund“, der zur Rheinische Post Mediengruppe gehört, und Stephen Weber von der „Allgemeinen Zeitung“. In der JuryBegründung heißt es: „In mehr als 100 Beiträgen enthüllten sie behördliches und politisches Versagen. Sie deckten Vertuschungsversuche auf und erzwangen die Herausgabe brisanter Dokumente.“Am Ende der Recherchen stand unter anderem der Rücktritt von Innenminister Roger Lewentz (SPD).
Der zweite Preis, dotiert mit 6000 Euro, ging an Nicola Meier und Vivian Pasquet von der „Süddeutschen Zeitung“für ihre Reportage über einen tödlich verlaufenen Notarzteinsatz. Ein sechs Monate alter Junge hatte zu hoch dosierte Medikamente erhalten – eine Folge des Umstands, dass in der Notarztausbildung die Behandlung von Kindern eine geringe Rolle spielt.
„Die hervorragend recherchierte und stilistisch glänzende Reportage macht dem Wächterpreis alle Ehre“, so die Jury. Zu hoffen bleibe, dass diese „Versorgungslücke“– so der Titel des Artikels – schnell geschlossen werde. Den dritten Preis, dotiert mit 4000 Euro, erhielten Angelika Kleinhenz, Jonas Keck und Henrik Rampe von der „Main-Post“in Würzburg. In einer aufwendigen Recherche hatten sie aufgedeckt, dass in einem ohnehin sehr trockenen Gebiet in Unterfranken Industrie, Landwirtschaft und Haushalte unkontrolliert Grundwasser entnehmen können. Bei seiner Rede im Kaisersaal des historischen Frankfurter Rathauses forderte Liminski auch mehr Unterstützung für die Verlage. Staatliche Unterstützung sei immer nur die zweitbeste Lösung. „Dennoch halte ich es für richtig, den Verlagen zumindest vorübergehend zu helfen, ihre gedruckten Zeitungen auch im ländlichen Raum bereitzustellen.“Für viele Menschen sei das unverzichtbar. Dass die Bundesregierung ihr Versprechen
einer Zustellförderung nicht umsetze, sei ein großer Fehler: „Ich kämpfe weiter dafür, mitunter ja mehr als mancher eigentlich dazu berufene Verband, weil ich davon überzeugt bin.“
Zugleich brach Liminski eine Lanze für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der oft als Staatsfunk diffamiert werde: „Wir alle in diesem Saal wissen: Das ist Unfug. Gut wäre es, wenn alle zu gleicherweise wüssten und beherzigten, dass Fehler von Medien in diesem populistisch aufgeladenen Umfeld überproportionale Wirkung haben.“Der Mehrwert von Qualitätsmedien, ob privat oder öffentlich-rechtlich, liege in journalistischer Sorgfalt, politischer Ausgewogenheit und Pluralität, technologischer Transparenz und einer offenen Fehlerkultur.
Der Wächterpreis der Tagespresse gilt als einer der renommiertesten Journalistenpreise. Seit dem Jahr 1969 wird er jährlich vergeben. Die Preisgelder stammen aus der Stiftung „Freiheit der Presse“, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg aus Lizenzeinnahmen der Alliierten beim Aufbau der Verlage speiste. Die vierköpfige Jury wird von Moritz Döbler, dem Chefredakteur der Rheinischen Post, geleitet.