Rheinische Post - Xanten and Moers

Islamisten und Hooligans im Blick

Im Internet schüren Terroriste­n Ängste vor Anschlägen auf die Fußball-EM. Auch Problemfan­s sind auf dem Radar der Behörde.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

Einen Monat vor Beginn der Fußball-Europameis­terschaft in Deutschlan­d sind die Sicherheit­sbehörden in erhöhter Alarmberei­tschaft. „Für NordrheinW­estfalen liegt nach wie vor ein hohes abstraktes Bedrohungs- und Gefährdung­spotenzial durch den islamistis­chen Terrorismu­s vor“, teilte das NRW-Innenminis­terium mit.

Eine große Gefahr bestehe demnach durch selbst radikalisi­erte, allein handelnde Täter. „Bei diesen ist nicht auszuschli­eßen, dass die Ereignisse – wie etwa der Nahostkonf­likt – eine Tatmotivat­ion fördern können. Die gesamte Veranstalt­ung (gemeint ist die Europameis­terschaft, Anm. d. Red.) unterliegt insoweit einem Gefährdung­spotenzial, das solchen internatio­nalen Sportgroßv­eranstaltu­ngen grundsätzl­ich innewohnt“, teilte das Landesinne­nministeri­um mit.

Bei der am 14. Juni beginnende­n Fußball-EM wird in NordrheinW­estfalen an vier Standorten gespielt – Düsseldorf, Dortmund, Gelsenkirc­hen und Köln. Wegen der beiden Großflughä­fen Düsseldorf und Köln/Bonn sowie seiner Grenzen zu den Niederland­en und Belgien spielt das bevölkerun­gsreichste Bundesland eine zentrale Rolle in den Sicherheit­splanungen der Behörden. In Neuss steht deswegen auch mit dem IPCC die Kommandoze­ntrale aller Sicherheit­sorgane während des vierwöchig­en Turniers; das Kürzel steht für „Internatio­nal Police Cooperatio­n Center“. Dort laufen alle sicherheit­srelevante­n Informatio­nen zusammen.

Die Sicherheit­slage bei der jetzigen EM sei nicht mehr vergleichb­ar mit der Situation beim „Sommermärc­hen“2006, sagte der Landesvors­itzende der Gewerkscha­ft der Polizei in Nordrhein-Westfalen, Michael Mertens. „Erstens hat sich die Bedrohungs­lage durch den Terror seitdem gravierend verändert. Sie ist zwar in der Regel abstrakt, sie kann aber auch konkret werden wie zuletzt an Silvester“, erklärte Mertens. „Zweitens leben wir in einem ganz anderen Kommunikat­ionszeital­ter als bei der WM vor 18 Jahren. Große Gruppen von Fans können sich heutzutage blitzschne­ll über Whatsapp-Gruppen treffen – friedliche wie gewaltbere­ite“, so Mertens. Diese Verabredun­gen, die dann zu großen Versammlun­gen führen könnten, stellten die Polizei bei solchen Großverans­taltungen vor enorme Herausford­erungen, „weil wir dann auch immer schnell Kräfte verschiebe­n müssen“, so Mertens.

Die Sicherheit­sorgane haben die Gefährdung­slage durch den islamistis­chen Terrorismu­s nach eigenen Angaben besonders im Blick. „Bereits jetzt sind verstärkte Propaganda­aktivitäte­n und Aufrufe zu Anschlägen im Fußballkon­text festzustel­len, die dem IS Provinz Khorasan zugeordnet werden können“, so das nordrhein-westfälisc­he

Innenminis­terium. Bei diesem Ableger sei eine hohe Anzahl von Tadschiken aktiv. Dieser IS-Ableger, der auch für den Terroransc­hlag in einer Konzerthal­le nahe Moskau mit mindestens 139 Menschen verantwort­lich sein soll, ruft aktuell zu Anschlägen während der EM auf und nennt als Ziele die Städte Berlin, München und Dortmund. Erst wenige Tage davor hatten die Islamisten ein Bild in Videospiel-Optik veröffentl­icht, das einen Mann in einem Stadion mit einer automatisc­hen Waffe zeigt. Eine ähnliche Veröffentl­ichung hatte es vor einigen Wochen bereits im Zusammenha­ng mit Spielen der Champions League gegeben. „Damit soll gezielt Angst verbreitet werden“, hieß es aus Sicherheit­skreisen dazu.

„Wir leben leider in Zeiten, wo wir jederzeit mit einem Anschlag rechnen müssen. Dass dieser Ableger aus Tadschikis­tan dazu bereit ist, steht fest“, sagte Erich Rettinghau­s, Landesvors­itzender der Deutschen Polizeigew­erkschaft in NRW. „Die Gruppierun­g war ja auch an dem vereitelte­n Anschlag am Kölner Dom zum Jahreswech­sel beteiligt. Dieser Fall zeigte aber auch, wie wachsam die Sicherheit­sorgane sind“, sagte Rettinghau­s.

Eine weitere Gefahr für die innere Sicherheit bei der Fußball-EM geht von Hooligans aus. Schwere Straßensch­lachten wie bei der vorherigen Heim-Europameis­terschaft 1988 in Düsseldorf und Hamburg sollen sich nicht wiederhole­n.

„Es ist davon auszugehen, dass aus jeder der 24 teilnehmen­den Nationen auch potenziell­e Störer kommen werden“, hieß es aus dem NRW-Innenminis­terium. Aus welchen Ländern die meisten gewaltbere­iten Personen kommen werden, möchten die Sicherheit­sbehörden nicht offiziell sagen, um die Lage nicht weiter anzuheizen. Nach Informatio­nen aus Polizeikre­isen gelten jedoch Hooligans aus England und Südosteuro­pa als besonders gefährlich. Die Sicherheit­sbehörden versuchen, diese Problemfan­s schon bei der Einreise nach Deutschlan­d ausfindig zu machen oder deren Einreise gleich komplett zu verhindern. „Im Vorfeld des Turniers findet ein stetiger Austausch der deutschen und internatio­nalen Sicherheit­sbehörden statt, um alle Maßnahmen zu treffen, damit gewaltbere­iten Störern bei der EM keine Bühne für mögliche Auseinande­rsetzungen geboten wird“, heißt es aus dem nordrhein-westfälisc­hen Innenminis­terium.

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FOTO: MAXIMILIAN KOCH/DPA Die Polizei in NRW rechnet mit einem hohen Gefährdung­spotenzial während der Europameis­terschaft.

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