Rheinische Post - Xanten and Moers
Islamisten und Hooligans im Blick
Im Internet schüren Terroristen Ängste vor Anschlägen auf die Fußball-EM. Auch Problemfans sind auf dem Radar der Behörde.
Einen Monat vor Beginn der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland sind die Sicherheitsbehörden in erhöhter Alarmbereitschaft. „Für NordrheinWestfalen liegt nach wie vor ein hohes abstraktes Bedrohungs- und Gefährdungspotenzial durch den islamistischen Terrorismus vor“, teilte das NRW-Innenministerium mit.
Eine große Gefahr bestehe demnach durch selbst radikalisierte, allein handelnde Täter. „Bei diesen ist nicht auszuschließen, dass die Ereignisse – wie etwa der Nahostkonflikt – eine Tatmotivation fördern können. Die gesamte Veranstaltung (gemeint ist die Europameisterschaft, Anm. d. Red.) unterliegt insoweit einem Gefährdungspotenzial, das solchen internationalen Sportgroßveranstaltungen grundsätzlich innewohnt“, teilte das Landesinnenministerium mit.
Bei der am 14. Juni beginnenden Fußball-EM wird in NordrheinWestfalen an vier Standorten gespielt – Düsseldorf, Dortmund, Gelsenkirchen und Köln. Wegen der beiden Großflughäfen Düsseldorf und Köln/Bonn sowie seiner Grenzen zu den Niederlanden und Belgien spielt das bevölkerungsreichste Bundesland eine zentrale Rolle in den Sicherheitsplanungen der Behörden. In Neuss steht deswegen auch mit dem IPCC die Kommandozentrale aller Sicherheitsorgane während des vierwöchigen Turniers; das Kürzel steht für „International Police Cooperation Center“. Dort laufen alle sicherheitsrelevanten Informationen zusammen.
Die Sicherheitslage bei der jetzigen EM sei nicht mehr vergleichbar mit der Situation beim „Sommermärchen“2006, sagte der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei in Nordrhein-Westfalen, Michael Mertens. „Erstens hat sich die Bedrohungslage durch den Terror seitdem gravierend verändert. Sie ist zwar in der Regel abstrakt, sie kann aber auch konkret werden wie zuletzt an Silvester“, erklärte Mertens. „Zweitens leben wir in einem ganz anderen Kommunikationszeitalter als bei der WM vor 18 Jahren. Große Gruppen von Fans können sich heutzutage blitzschnell über Whatsapp-Gruppen treffen – friedliche wie gewaltbereite“, so Mertens. Diese Verabredungen, die dann zu großen Versammlungen führen könnten, stellten die Polizei bei solchen Großveranstaltungen vor enorme Herausforderungen, „weil wir dann auch immer schnell Kräfte verschieben müssen“, so Mertens.
Die Sicherheitsorgane haben die Gefährdungslage durch den islamistischen Terrorismus nach eigenen Angaben besonders im Blick. „Bereits jetzt sind verstärkte Propagandaaktivitäten und Aufrufe zu Anschlägen im Fußballkontext festzustellen, die dem IS Provinz Khorasan zugeordnet werden können“, so das nordrhein-westfälische
Innenministerium. Bei diesem Ableger sei eine hohe Anzahl von Tadschiken aktiv. Dieser IS-Ableger, der auch für den Terroranschlag in einer Konzerthalle nahe Moskau mit mindestens 139 Menschen verantwortlich sein soll, ruft aktuell zu Anschlägen während der EM auf und nennt als Ziele die Städte Berlin, München und Dortmund. Erst wenige Tage davor hatten die Islamisten ein Bild in Videospiel-Optik veröffentlicht, das einen Mann in einem Stadion mit einer automatischen Waffe zeigt. Eine ähnliche Veröffentlichung hatte es vor einigen Wochen bereits im Zusammenhang mit Spielen der Champions League gegeben. „Damit soll gezielt Angst verbreitet werden“, hieß es aus Sicherheitskreisen dazu.
„Wir leben leider in Zeiten, wo wir jederzeit mit einem Anschlag rechnen müssen. Dass dieser Ableger aus Tadschikistan dazu bereit ist, steht fest“, sagte Erich Rettinghaus, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft in NRW. „Die Gruppierung war ja auch an dem vereitelten Anschlag am Kölner Dom zum Jahreswechsel beteiligt. Dieser Fall zeigte aber auch, wie wachsam die Sicherheitsorgane sind“, sagte Rettinghaus.
Eine weitere Gefahr für die innere Sicherheit bei der Fußball-EM geht von Hooligans aus. Schwere Straßenschlachten wie bei der vorherigen Heim-Europameisterschaft 1988 in Düsseldorf und Hamburg sollen sich nicht wiederholen.
„Es ist davon auszugehen, dass aus jeder der 24 teilnehmenden Nationen auch potenzielle Störer kommen werden“, hieß es aus dem NRW-Innenministerium. Aus welchen Ländern die meisten gewaltbereiten Personen kommen werden, möchten die Sicherheitsbehörden nicht offiziell sagen, um die Lage nicht weiter anzuheizen. Nach Informationen aus Polizeikreisen gelten jedoch Hooligans aus England und Südosteuropa als besonders gefährlich. Die Sicherheitsbehörden versuchen, diese Problemfans schon bei der Einreise nach Deutschland ausfindig zu machen oder deren Einreise gleich komplett zu verhindern. „Im Vorfeld des Turniers findet ein stetiger Austausch der deutschen und internationalen Sicherheitsbehörden statt, um alle Maßnahmen zu treffen, damit gewaltbereiten Störern bei der EM keine Bühne für mögliche Auseinandersetzungen geboten wird“, heißt es aus dem nordrhein-westfälischen Innenministerium.