Rheinische Post - Xanten and Moers
Mitmach-Rad ist für Bildung unterwegs
Der Kirchenkreis Moers hat ein innovatives Projekt gestartet, das buchstäblich an den Rädern der Erwachsenenbildung dreht, weil es von den Erfahrungen potenzieller Kursleiter lernen will.
MOERS „Was kannst Du besonders gut? Welche Themen beschäftigen Dich? Was ist Dir besonders wichtig im Leben?“Über diese Fragen kamen Petra Kurek und Paul Groschinski mit anderen ins Gespräch, als sie Mitte März das neue Lastenfahrrad MiRa auf dem Parkplatz an der Mühlenstraße abstellten.
„Die Menschen erzählten, welche Erfahrungen sie haben, was sie noch lernen wollen“, erzählen die beiden pädagogischen Mitarbeiter in der Erwachsenen- und Familienbildung im Kirchenkreis Moers über die Generalprobe. „Diese Menschen können mit individuellem Wissen und Erfahrungen andere bereichern. Sie können ihren Schatz weitergeben, wenn ihr Wissen und ihre Erfahrung wertgeschätzt werden. Die Weitergabe bereichert ihre Umgebung.“
Mit MiRa bewegt sich der Kirchenkreis auf neuen Wegen, erfindet das Rad im übertragenen Sinne neu. Gibt es seit einem halben Jahrhundert eine aufsuchende Jugendarbeit, bei der Sozialarbeiter zu Treffpunkten gehen, an denen sich Jugendliche aufhalten, um mit ihnen in Kontakt zu kommen, überträgt der Kirchenkreis Moers diesen Gedanken auf die Bildungsarbeit.
Petra Kurek und Paul Groschinski wollen mit dem Mitmach-Rad, wie sich das Kürzel MiRa auflöst, bei Treffpunkten präsent sein, an denen sich viele Erwachsene aufhalten. Das können zum Beispiel Orte wie Fußgängerzonen oder Spielplätze sein, Anlässe wie Gemeindefeste oder Stadtteilfeste. Diese Erwachsenen würden nicht unbedingt die Türschwelle zu einem Klassenzimmer oder Kursraum überschreiten, wie viele Jugendliche der aufsuchenden Jugendarbeit nicht die Türschwelle zu einem Jugendzentrum überschreiten würden.
Dabei ist das Lastenrad, das mit
Elektromotor unterstützt ist und vorne einen Kasten hat, ein „Eyecatcher“, ein Blickfänger, wie sich dieses Wort sinngemäß übersetzen lässt. In dem Kasten ist zum Beispiel ein Din-A-5-Karton zu finden, auf dem unter anderem drei Fragen zu lesen sind: „Was kannst Du besonders gut? Welche Themen beschäftigen Dich? Was ist Dir besonders wichtig im Leben?“Kaffee und Wasser sind ebenfalls untergebracht, weil Menschen mit Getränken in der Hand schneller ins Gespräch kommen.
„Die Menschen, die die Fragen beantworten, können ihre Kontaktdaten hinterlassen“, berichtet Petra Kurek über die aufsuchende Bildungsarbeit. Paul Groschinski ergänzt: „Wir leisten „Empowerment“. Wir zeigen Menschen ihre Potenziale auf, die sie vorher vielleicht nicht wahrgenommen haben. Wir ermutigen sie, ihr Wissen weiterzugeben. Das Konzept fasst Bildung weit, nicht nur als Unterricht von einer studierten Lehrkraft, sondern als Kommunikation von Menschen. Die Menschen können Kursleitende werden, wenn sie von uns unterstützt werden. Als potenzielle Kursleitende verändern sie das Bildungsangebot.“
Auch wenn das Projekt MiRa gerade erst anläuft und am Ostersonntag
seine Premiere in Kapellen nach dem Ostergottesdienst feiert, wird es bereits jetzt über die Grenzen des Niederrheins von Bildungsträger verfolgt, weil es buchstäblich an den Rädern der Bildung dreht, Bildung in Bewegung setzt, um neue Wege zu erfahren.
Finanziert wird es mit 17.000 Euro, die vom Bildungsministerium Nordrhein-Westfalen über das Evangelische Erwachsenenbildungswerk Nordrhein fließen. Das innovative Projekt MiRa läuft in den Jahren 2024 und 2025, endet dann oder wird weitergeführt, wenn es erfolgreich gewesen sein sollte.
Das Mitmach-Rad ist im gesamten Kirchenkreis Moers unterwegs, der in etwa dem Altkreis Moers entspricht und von Friemersheim bis Alpen, von Homberg bis Hoerstgen reicht. „Kirche kommt in Bewegung“, freut sich Superintendent Wolfram Syben über die aufsuchende Bildungsarbeit. „Kirche macht sich auf den Weg zu Orten und Plätzen, wo die Menschen sind, kommt mit ihnen in Kontakt und wertschätzt sie. Das entspricht ihrer Intention.“