Rheinische Post - Xanten and Moers
Neue Gewaltwelle in Schweden
STOCKHOLM (dpa) Nach einem traurigen Rekord bei tödlicher Schusswaffengewalt 2022 erlebt Schweden erneut eine Welle der Gewalt. In der Hauptstadt Stockholm kam es in den vergangenen Tagen immer wieder zu nächtlichen Schüssen und vorsätzlich herbeigeführten Explosionen.
In der zweiten Nacht in Folge wurde im Stockholmer Randbezirk Farsta am Freitagmorgen eine Wohnung beschossen, ohne dass jemand verletzt wurde. Wenige Stunden zuvor war in einem Treppenhaus im Bezirk Årsta eine Sprengladung explodiert. Nach Angaben der Zeitung „Aftonbladet“wurden Reste einer Handgranate gefunden. Verletzt wurde auch hier niemand. Festnahmen gab es nicht.
Schweden ringt seit einigen Jahren mit einer um sich greifenden Bandenkriminalität. 2022 kam es zu 388 Schusswaffenvorfällen. 61 Menschen starben dabei. Opfer und Täter sind immer häufiger Minderjährige. Die Probleme mit den Gangs hatten auch im Wahlkampf vor der schwedischen Parlamentswahl im September eine wichtige Rolle gespielt, nach der das Land eine neue Regierung erhalten hatte. Diese hat versprochen, das Problem in den
Griff zu bekommen. In Stockholm nahmen Schüsse und Detonationen seit Weihnachten aber spürbar zu.
Die Hintergründe werden unter anderem in einem Konflikt um den Drogenmarkt in der Stadt Sundsvall knapp 400 Kilometer nördlich vermutet. Dem Rundfunksender SVT und dem „Aftonbladet“zufolge hat dort ein 24-Jähriger mit einem kriminellen Netzwerk das Sagen, doch ein in der Türkei lebender 36-Jähriger und sein Umfeld wollen ihm diese Position streitig machen. Mehrere der Taten sollen sich demnach gegen Angehörige der beiden Hauptakteure in diesem Konflikt richten.
Die Lage ist nach Polizeiangaben aber überaus komplex. Man habe es nicht nur mit einem, sondern mit gleich mehreren Konflikten zu tun, die parallel vor sich gingen, sagte der kommissarische regionale Polizeichef Mattias Andersson am Freitag auf einer Pressekonferenz. „Wir arbeiten an vielen, vielen Fronten.“Oberste Priorität habe, die Gewaltspirale zu durchbrechen. Daher habe man beschlossen, das Ganze nun als Sonderlage einzustufen – das bedeutet, dass die Ermittlungen eine eigene Leitung und zusätzliche Kräfte erhalten können.
„Wir arbeiten an vielen, vielen Fronten“Mattias Andersson kommissarischer regionaler Polizeichef