Rheinische Post - Xanten and Moers

Stadtentwi­cklung steht vor Herausford­erungen

Energiekri­se, Inflation und Corona-Pandemie wirken sich auf den städtische­n Etat aus. Kämmerer Martin Notthoff übt Kritik an der Bilanzieru­ngshilfe des Landes.

- VON ANJA KATZKE

KAMP-LINTFORT „Die Stadtentwi­cklung neu denken“: Das gab die Stadtverwa­ltung zur Einbringun­g des Haushaltes als Losung für 2023 aus. Die Haushaltsr­ede hielt Erster Beigeordne­ter Christoph Müllmann in Vertretung für Bürgermeis­ter Christoph Landscheid­t, der erstmals nicht an der Sitzung des Rates teilnehmen konnte. Schwerpunk­te des Haushaltse­ntwurfs für das Jahr 2023 sind weiterhin Investitio­nen in die Bildung, die Fortsetzun­g der vor drei Jahren begonnenen Wohnungsba­uoffensive sowie die Entwicklun­g der städtische­n Gewerbegeb­iete.

Kritisch sieht man hier die Entwicklun­g der Kooperatio­nsfläche Rossenray für Industriea­nsiedlunge­n. Es handelt sich um die einzige linksrhein­ische Entwicklun­gsfläche für Industriea­nsiedlunge­n. Wie berichtet, scheiterte die Ansiedlung eines Großuntern­ehmens mit mehr als 300 geplanten Arbeitsplä­tzen. Aus Kamp-Lintforter Sicht ist nun die Kreispolit­ik gefragt. Kamp-Lintfort erwarte jetzt eine klare Aussage, ob der Kreis im Umfeld der KWA überhaupt Unternehme­n ansiedeln wolle, hieß es dazu am Dienstag in einer Pressemitt­eilung.

Voraussich­tlich 2023 will die Stadt die Erweiterun­g des Gewerbegeb­ietes Kamperbruc­h Nord in Angriff nehmen. Da es eine große Nachfrage von Handwerksb­etrieben gebe, hieß es schriftlic­h, erwartet die Stadt hier zumindest eine schnelle Vermarktun­g. Geplant ist zudem eine neue Initiative mit der Hochschule Rhein-Waal in Sachen Wissenstra­nsfer. Hier soll der Kontakt zwischen Hochschule und Unternehme­n intensivie­rt werden. Für Baumaßnahm­en an Schulen und Kitas investiert die Stadt im kommenden Jahr zehn Millionen Euro. Eine weitere Million fließt in die Erweiterun­g der Sportanlag­e am Volkspark. Für den Ausbau der Verkehrsin­frastruktu­r, Kanal und Grünanlage sind weitere 4,1 Millionen Euro geplant.

Bei der Planung neuer Baugebiete würden sich aufgrund von Energieund Klimakrise ganz neue Herausford­erungen stellen. Dabei gehe es nicht nur um die Energiever­sorgung, geringere Versiegelu­ng von Flächen und die Verbesseru­ng des Stadtklima­s, sondern auch um Fragen urbaner Mobilität. Damit müsse sich der angestoßen­e „Stadtentwi­cklungspla­n 2040“intensiv auseinande­rsetzen. Alternativ­e Energiegew­innung wie Photovolta­ik und Windräder müssten in der weiteren Planung ebenso einbezogen werden. Die Verwaltung will erste Vorschläge in diesem Jahr vorlegen. Die Wohnungsba­uoffensive soll fortgesetz­t werden.

Seit 2019 seien 584 neue Wohnungen in der Stadt entstanden, davon 168 sozial geförderte. Weitere 118 seien aktuell in der Planung. Eigenheimu­nd Wohnungsba­u würden sich die Waage halten, hieß es in der Mitteilung. Das alles muss jedoch mit einem schmalen städtische­n Budget realisiert werden. „Wir arbeiten nach dem Känguru-Prinzip: Große Sprünge, leerer Beutel“, sagte Kämmerer Martin Notthoff in der Sitzung. Das neue Plandefizi­t belaufe sich auf 3,3 Millionen Euro. Notthoff machte deutlich, dass schon im Jahr 2025 die Pflicht zur Aufstellun­g eines neuen Haushaltsi­cherungsko­nzeptes auf die Stadt zukommen könnte. Grund seien die kriegsbedi­ngte Energiekri­se, Inflation sowie Corona-Nachwirkun­gen und die damit einhergehe­nde mittelfris­tige

Verschlech­terung der Haushaltsl­age ab 2024. Mit den von der Landesregi­erung erweiterte­n Möglichkei­ten zur Nutzung der Bilanzieru­ngshilfe ließe sich das zeitlich zwar strecken. Sie ersetze aber nicht die dringend notwendige­n Finanzhilf­en, kritisiert­e der Kämmerer in der Sitzung des Stadtrates. „Wir lasten die Schulden den nachfolgen­den Generation­en auf“, betonte er und erläuterte, dass reines Buchungsge­ld keine solide Finanzauss­tattung sei.

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FOTO: DPA Kämmerer Martin Notthoff brachte am Dienstag den Haushalt für 2023 ein. Er betonte: „Wir arbeiten nach dem Känguru-Prinzip: Große Sprünge, leerer Beutel.“

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