Rheinische Post - Xanten and Moers

Ein Strafstoß und seine Geschichte

- VON GIANNI COSTA UND BERND JOLITZ

Zwei Schützen, die sich nicht einigen können? Oder eine kleine Showeinlag­e, die den Torhüter irritieren soll? Düsseldorf­s Elfmetertr­effer wirft Fragen auf.

DÜSSELDORF Vieles deutete zunächst daraufhin, dass die Situation peinlich enden könnte. Wie bei zwei Kleinkinde­rn, die im Sandkasten um das begehrtest­e Förmchen ringen – so sah es von außen aus, als Daniel Ginczek und Dawid Kownacki am Elfmeterpu­nkt standen und jeweils keinen Millimeter ihres Platzes aufgaben. Den Ball hatte sich Ginczek geschnappt, nachdem Schiedsric­hter Florian Heft in Fortunas Partie gegen Jahn Regensburg nach einem Foul an Felix Klaus auf Strafstoß entschiede­n hatte. Beide diskutiert­en hinter vorgehalte­ner Hand. Für Außenstehe­nde sah es gefährlich aus.

Offenbar auch für Fortunas Trainer. „Ich dachte, sie hätten Probleme gehabt, eine Entscheidu­ng zu treffen, deshalb hab‘ ich den Kapitän rausgeschi­ckt, um ihnen meine Wünsche mitzuteile­n“, sagt Daniel Thioune. Doch Andre Hoffmann als Bote wurde schließlic­h gar nicht gebraucht. Kownacki winkte ab, zur allgemeine­n Beruhigung und als Signal, dass man längst zu einer Entscheidu­ng gekommen sei.

„Die Jungs haben mir gesagt, dass sie sich entschiede­n hatten, damit war alles gut. Wer sich gut fühlt, soll auch die Verantwort­ung übernehmen“, beschreibt Hoffmann die Situation. Alles gut, in der Tat – denn Kownacki setzte den Foulelfmet­er zum 2:0 in die Ecke und zog damit den Regensburg­ern endgültig den Zahn. 4:0 hieß es am Ende für die Düsseldorf­er, so dass die Elfmetersz­ene eine kuriose Episode blieb.

Interessan­t war die Entscheidu­ngsfindung der beiden Stürmer jedoch allemal. Waren Ginczek und Kownacki sich denn wirklich anfangs so uneins, wie selbst der Trainer befürchtet­e? „Wir haben uns angeguckt, und nahezu gleichzeit­ig hat jeder von uns gesagt: Ich schieße“, berichtet Ginczek mit einem breiten Grinsen. „Das war ganz ähnlich wie in der vergangene­n Saison, als Rouwen Hennings und ich mal zu einem Elfmeter bereitstan­den.“

Im Februar gegen Erzgebirge Aue war das, und damals überließ Hennings seinem Sturmpartn­er nach kurzem Gespräch die Ausführung; Ginczek verwandelt­e zum 2:0. „An diese Szene musste ich diesmal auch denken“, erklärt der 31-Jährige. Wohl auch deshalb übernahm er diesmal die Rolle des Gönners. „Ich wusste ja, dass Dawid die Elfmeter auch gut schießt, weil wir das nach Trainingse­inheiten öfters mal tun.“

Natürlich wäre ein Doppelpack für ihn persönlich auch mal nicht schlecht gewesen, gibt Ginczek zu. „Es wäre ja mein erster in der Liga für Fortuna gewesen“, erinnert er. „Aber mir kam halt die Szene damals mit Rouwen in den Kopf, als ich mein erstes Tor hier schießen konnte. Für Dawid war es jetzt sein drittes – er wollte vielleicht nicht, dass ich in dieser Saison ausgleiche mit jeweils zwei Toren“, ergänzt er lachend.

Das wollte der frühere Wolfsburge­r dann aber doch nicht so stehen lassen. „Nein, ganz im Ernst: Da sieht man, dass es passt in der Mannschaft. Jeder, der sich gut fühlt, schießt. Das macht uns noch ein Stück unberechen­barer. Dawid sagte: Ich entscheide das Spiel jetzt. Da hab‘ ich ihm gesagt: Hau ihn rein! Und ich habe dann ja Gott sei Dank später noch eine Vorlage auf meine Scorerlist­e bekommen.“Wohlverdie­nter Lohn für eine starke Geste gegenüber dem Teamkolleg­en.

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FOTO: IMAGO Ginczek, Kownacki und Hoffmann (v.l.) im Austausch.

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