Rheinische Post - Xanten and Moers
„Wie ein Stück Dreck in die Ecke gedrängt“
Ein junger Mann besucht eine Prostituierte, sie tauschen Nummern, er verliebt sich. Dann wird Lucas G. im Bordell der Schädel eingeschlagen.
Bevor Lucas G. von jenem Abend im Sommer 2016 erzählt, von der Eisenstange, die seinen Schädel brach und der Prostituierten, die sein Herz eroberte, verlässt er den Saal 201 für einige Minuten. „Mein Mandant will einen ruhigeren Ort aufsuchen“, sagt sein Rechtsanwalt. Die Verhandlung wird unterbrochen.
G. ist nicht mehr der Mensch, der er einmal war. So sagt er es vor Beginn des Prozesses gegen zwei Männer, die ihn am 6. Juni 2016 in einem Bordell an der Vulkanstraße in Duisburg brutal verprügelt haben sollen. Sie müssen sich nun wegen schwerer Körperverletzung verantworten. Heute ist der 31-Jährige oft unkonzentriert, er leidet unter plötzlichen Angstzuständen oder wird schlagartig aggressiv. Eine Posttraumatische Belastungsstörung, haben die Ärzte gesagt. Auch die Aussage vor der Strafkammer am Landgericht Duisburg
fällt ihm schwer. Immer wieder springt er zwischen den Ereignissen, spricht undeutlich oder kann sich nicht richtig erinnern.
Was vor fünf Jahren in dem Bordell in Duisburg geschehen ist, beschreibt die Anklageschrift so: G., wie sich später herausstellen wird ein Stammgast in dem Etablissement, besucht dort am späten Abend eine Prostituierte. Kurz nachdem er ankommt, betreten auch zwei Security-Mitarbeiter das Zimmer. Der heute 32-Jährige und der 26-Jährige sollen G. unerwartet angegriffen haben. Schläge, Tritte, ein Kniestoß bricht dem Freier die Nase. Die Männer sollen G. dann blutend über den Flur in ein Büro gezogen haben und dort mehrmals mit einer Eisenstange auf seinen Kopf eingeschlagen haben.
Damals in der ersten Meldung der Polizei hieß es, G. habe sich mit der Prostituierten gestritten, die Security-Mitarbeiter hätten dann eingegriffen. Ob diese Version so stimmt, muss der Prozess erst noch zeigen. Die angeklagten Männer haben am ersten Verhandlungstag keine Aussage gemacht. Einer der beiden, den G. oft nur den „Albaner aus Hamburg“nennt, ist mittlerweile mit der jungen Frau, die damals in dem Bordell gearbeitet hat, verheiratet. In Duisburg werden ihm Verbindungen ins Rocker-Milieu nachgesagt.
Zwischen 2015 und 2016 hat G. sich mehrmals in der Woche mit der Frau getroffen, erzählt er. Man habe Nummern getauscht, sich viel geschrieben. „Ein bisschen verliebt“, sei er gewesen. In Chats nannte er sie seinen Schatz. Irgendwann hat G. herausgefunden, dass sie mit einem der Security-Männer im Bordell zusammen ist. Damit sie den verlässt, müsse G. 40.000 Euro zahlen und sie aus dem Rotlichtmilieu frei kaufen. G. schlug das aus und sagt: „Die wollten mich abziehen.“
An jenem Abend, so erzählt er es, habe G. nur mit der heute 29-jährigen Frau reden wollen. Dann seien plötzlich die beiden Männer in den Raum gekommen. „Die haben mich wie ein Stück Dreck in die Ecke gedrängt“, sagt G. Vor der Tat gab es offenbar mehrere Nachrichtenverläufe zwischen dem Freier und der Prostituierten, in denen G. den Security-Mitarbeiter und später auch die junge Frau beleidigt. „Gib dem Hund meine Adresse“und „Sag’ deinem Freund, eine deutsche Eiche haut man nicht einfach um“, steht dort etwa. G. wollte am Dienstag vor Gericht nicht bestätigen, dass die Nachrichten von ihm sind.
G. fehlen viele Erinnerungen, sagt er. Irgendwie konnte er sich nach dem Angriff nach draußen vor das Bordell retten. Ein Taxi-Fahrer hat dann den Krankenwagen gerufen. In der Klinik muss G. notoperiert werden. Mehrere Knochen im Gesicht waren gebrochen. Zwölf Zentimeter lang war der Riss in seinem Schädel. Ein Urteil wird spätestens am 9. November erwartet.
In der Klinik muss G. notoperiert werden. Mehrere Knochen im Gesicht waren gebrochen. Zwölf Zentimeter lang war der Riss in seinem Schädel.