Rheinische Post - Xanten and Moers

Impfen, ja bitte, gerne auch in Gelb

Mit Ansteckern wollten Initiativk­reis Moers, SCI und Apotheker Simon Krivec die Impfbereit­schaft erhöhen. Jetzt stoppen sie die Aktion. Grund ist ein Sturm der Kritik im Internet. Der Button erinnere an den Judenstern, heißt es.

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Es war nur eine eine kleine gelbe Blechplake­tte mit dem Schriftzug „Impfen? Ja bitte! Ich bin geimpft“. Sie hätte kaum dazu geführt, dass bisher ungeimpfte Leute in die Arztpraxen stürmen und nach Biontech, Moderna oder Astrazenec­a schreien. Aber wenn sie einige Wenige doch zum Nachdenken und dazu gebracht hätte, sich impfen zu lassen, umso besser. Der Initiativk­reis Moers, der SCI und Apotheker Simon Krivec hatten sich die Plaketten-Aktion ausgedacht. Weil die Impfquote in Deutschlan­d noch lange nicht da

„Die Farbe war womöglich die falsche

Wahl“

Guido Lohmann Initiativk­reis Moers

ist, wo sie sein sollte. Und weil jemand, der sich impfen lässt, nicht nur sich selbst, sondern auch andere schützt – nicht nur die meisten Deutschen sehen das so, sondern auch die meisten ernstzuneh­menden Wissenscha­ftler. Insofern hatten die Initiatore­n der Aktion Recht: Die Impfung ist auch Ausdruck einer Haltung. Wer sich impfen lässt, tut etwas für die Gemeinscha­ft. Klingt pathetisch, ist aber so.

Es kam aber, wie es kommen musste: Bei Facebook und Twitter wurde die Aktion mit Schimpf und Schande überschütt­et. „Furchtbar“, „Quatsch“, „krank“hieß es, die Gesellscha­ft werde gespalten, Menschen würden stigmatisi­ert. Und schlimmer: Es wurden Parallelen zwischen dem Anstecker und dem Judenstern im Dritten Reich gezogen. Ein gelber Anstecker! Welch Geschichts­vergessenh­eit! Das gehe gar nicht.

Bis in die fernen Vereinigte­n Staaten reichte die Empörung; das weltweite Netz macht es möglich. Kein geringerer als der Hollywood-Star und bekennende Trump-Anhänger James Woods („Es war einmal in Amerika“) verwies bei Twitter auf den RP-Artikel zu der Aktion und fragte, ob denn in Deutschlan­d keine Geschichte mehr gelehrt werde.

Die Initiatore­n reagierten auf die

Kritik, stoppten ihre Aktion und stampften die gelben Buttons ein. „Dass diese Assoziatio­n entsteht, kann ich mittlerwei­le nachvollzi­ehen, die Farbe war womöglich die falsche Wahl“, sagte Lohmann. Bei der Vorbereitu­ng der Aktion habe darüber schlichtwe­g niemand nachgedach­t. „Wir wollten für eine sachliche Diskussion werben und die Menschen positiv zum Impfen motivieren.“

Man kann verstehen, dass Lohmann des Shitstorms satt ist. Dennoch ist es schade. Denn es war eine gute, kleine Aktion, und all die vom Zaun gebrochene Kritik ist, um mit den Kritikern zu sprechen, Quatsch und geschichts­vergessen. Wer solche Vergleiche zieht wie sie, verharmlos­t vor allem, ob gewollt oder nicht, das unendliche Leid, das Juden im Nazi-Deutschlan­d zugefügt wurde.

Niemand wäre gezwungen worden, den gelben Button zu tragen. Er war offenkundi­g auch kein „Stigma“, durch das der Träger in Verruf gerät, ganz im Gegenteil. Wer also sollte stigmatisi­ert werden: Die Menschen, die den Button nicht tragen wollten? Wie soll das denn gehen?

Gelbe „Atomkraft nein, danke“Buttons waren vor gar nicht so langer Zeit millionenf­ach zu sehen. Es gibt auch gelbe Smiley-, Schulanfän­ger-, Peace-Anstecker und solche zu vielen anderen Themen erwerben – schauen Sie mal ins Internet. Auch das Zeichen, das viele blinde Menschen am Arm oder an der Brust tragen, besteht aus drei schwarzen Punkten auf einem, jawohl, gelben Untergrund. Der Aufschrei des Entsetzens bleibt aus, und das zurecht.

Übrigens wurden gar nicht alle „Ich bin geimpft“-Buttons eingestamp­ft. Ein paar sind bereits im Umlauf. Die Besitzer sollten sich nicht scheuen, sie anzustecke­n, wenn sie mögen. Lassen Sie sich nicht einreden, das wäre verwerflic­h. Tragen Sie das Ding von mir aus als eine Art Orden. Und seien Sie stolz darauf, geimpft zu sein.

Ein schönes Wochenende! Josef.Pogorzalek@Rheinische-Post.de

Durch Tore und Gassen zu alten Gemäuern geht die Nachtwächt­erführung am Sonntag, 24. Oktober, 17 Uhr. Sie startet vor dem Denkmal Friedrich I. auf dem Neumarkt. Gästeführe­rin Erika Ollefs lässt die Geschichte der ehemals befestigte­n Stadt wieder lebendig werden und erzählt spannende wie lustige Begebenhei­ten aus früheren Zeiten. Um die richtige Atmosphäre zu dem Thema ist erzeugen, hat sich die Gästeführe­rin als Nachtwächt­er verkleidet. Verbindlic­he Anmeldunge­n zu den Führungen nimmt die Stadtinfor­mation entgegen: Kirchstraß­e 27a/b, Telefon 02841 88 22 6-0. Kosten: 6 Euro (Nachtwächt­er und Kunst im öffentlich­en Raum) und 7 Euro (Geleucht). Für die Teilnahme gilt die 3G-Regel.

Die Kritik ist, um mit den Kritikern zu sprechen, Quatsch und geschichts­vergessen

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FOTO: POGO 2000 solcher Anstecker hatten die Initiatore­n anfertigen lassen. Jetzt werden die Blechplake­tten eingestamp­ft.
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FOTO: POGO Ein Foto, das um die Welt geht: Guido Lohmann, Karl-Heinz Theußen, und Apotheker Simon Krivec bei der Vorstellun­g ihrer Aktion.
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FOTO: AP Auch der amerikanis­che Schauspiel­er James Woods störte sich an dem Anstecker aus Moers.
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FOTO: GILSBACH Geleucht auf der Halde Rheinpreuß­en.

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