Rheinische Post - Xanten and Moers
Die Probleme der Hausärzte beim Impfen
Groß ist die Nachfrage nach Impfterinen bei Allgemeinmedizinern. Diese können jedoch kaum planen. Es fehlt Biontech.
WESEL (sz) Mehr Impfstoff steht ganz oben auf der Wunschliste der Hausärzte – gleich neben der Planbarkeit der Termine. Zwar ist die Nachfrage riesig. Aber: „Wir dürfen nur unsere Patienten impfen“, sagt beispielsweise Horst Steinbring, Obmann der Weseler Hausärzte mit Praxis in Blumenkamp, „und nur nach Priorität“. Er hat am 1. und 2. April 100 Patienten mit Astrazeneca geimpft. „Die Dosen sind am gleichen Tag gekommen“, erzählt er. Danach gab es nur noch ein paar Portionen Astrazeneca, was nicht schlimm sei. Mit der Generation Ü 60 sei er jetzt fast durch. Er benötige aber dringend Biontech für die Jüngeren. Ob er es bekommt? „Das“, sagt er, „kann man nicht vorhersagen.“Rund 300 Dosen würde er noch benötigen. Menschen die beatmet werden, beispielsweise, müssen dringend geimpft werden, sagt der Mediziner.
Die Bereitschaft, sich impfen zu lassen, auch mit Astrazeneca, sei hoch. „Die meisten nehmen es, wie es kommt.“Aber Steinbring stellt fest, dass zahlreiche Patienten nicht zum Impfzentrum Niederrheinhalle wollen. „’Ich lasse mich nur von Ihnen impfen’, das höre ich öfter.“
Normalerweise müssten Menschen
über 60, die zu den Risikopatienten gehören, inzwischen geimpft sein. „Ein Problem ist aber, dass der Kreis Wesel nichts über Vorerkrankungen weiß. Der kann nur nach Geburtsjahrgang gehen. An dieser Stelle sei der Hausarzt gefragt.“Steinbring ermuntert Patienten dazu, durchaus nachzufragen.
Für Franz-Joachim Weyers, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung im Kreis Wesel, wird es zunehmend schwieriger zu impfen. Um eine Blockade der Telefone zu vermeiden, hatten die Hausärzte beschlossen, aktiv auf ihre Patienten zuzugehen, sie direkt anzurufen. „Jeder Zweite oder Dritte, den wir erreichen, ist aber inzwischen schon geimpft“, sagt Weyers. Die Menschen waren bereits im Impfzentrum. Er wünscht sich, dass es eine Information vom Impfzentrum gäbe: Einfach im Eingang abfragen, wer der Hausarzt ist und abends eine Mail senden. Es scheitere an Technik und Datenschutz. Vielleicht auch am guten Willen – das aber sagt Weyers nicht. „Meine Mitarbeiterinnen sind mit dem Arbeitsaufwand am Limit und zum Teil darüber.“Den Ärger der Kollegen über die Unplanbarkeit der Impfungen teilt
Weyers. Er müsse eine Woche vorher bestellen. „Was ich bekomme, sehe ich erst, wenn es bei mir im Kühlschrank ist.“Weyers möchte wissen, wann er welchen Stoff bekommt. Bei ihm lehnen etliche Impfberechtigte Astrazeneca ab. Doch darf er in so einem Fall die Priorisierung übergehen? „Das Problem überlässt man uns. Das RKI empfiehlt, über 60-Jährige zu impfen. Die Bundesrepublik haftet bei Impfschäden, wenn nach RKI-Empfehlung geimpft wurde. Und die Politik wälzt das Problem auf uns ab“, so Weyers. Ein Arzt würde ein enormes Risiko eingehen, impfte er Jüngere. Weyers wünscht sich ebenfalls mehr Biontech oder vergleichbare Impfstoffe für die Ü 60-Gruppe. Und: Weg von der Priorisierung. „Dann können wir die Menschen impfen, so wie sie in die Praxis kommen“. Das sei aber erst ab Juni angedacht.