Rheinische Post - Xanten and Moers

Nun ruhen die Hoffnungen auf dem Hausarzt

Trotz Priorisier­ungsantrag bemüht sich Ursula Schülke aus Xanten seit Wochen vergeblich um einen Termin für eine Corona-Impfung.

- VON HEIDRUN JASPER

XANTEN Ursula Schülke gehört zu den Menschen, die im Fall einer Corona-Infektion zu den Risiko-Patienten gezählt werden. Sie ist 77 Jahre alt und hat chronische Vorerkrank­ungen. Deshalb begann sie vor sechs Wochen damit, sich um einen Impftermin zu bemühen. Aber damals beschied man ihr zunächst telefonisc­h, sie sei erst ab 80 „terminwürd­ig“. Dann hieß es, sie könne einen Termin bekommen, müsse aber einen entspreche­nden Antrag stellen und ein Attest beibringen, dass sie „Corona-relevant vorerkrank­t“sei. Das Attest stellte ihr der Hausarzt sofort aus. Einen Impftermin hat Ursula Schülke aber immer noch nicht. Dabei hat sie es immer wieder versucht.

Mit dem Attest und dem Priorisier­ungsantrag neben sich auf dem Schreibtis­ch wählte Ursula Schülke zuerst die Rufnummer 116117. Fernmündli­ch teilte man ihr mit, die Stadt sei jetzt für sie zuständig. Diese wiederum habe sie ans Kreisgesun­dheitsamt verwiesen, berichtet die Xantenerin. Mehrfach wählte die 77-Jährige die Rufnummer 0281 2074060, zuletzt vergangene Woche. „Die Leitung war immer besetzt. Nach dem 22. Versuch habe ich es aufgegeben.“Auch im Internet kam sie nicht weiter. Nicht, weil sie am PC nicht fit genug wäre. Das ist sie durchaus, auch wenn sie oft Probleme hat, auf dem Bildschirm etwas zu erkennen, trotz einer Spezial-Lese-Lupe,

die sie braucht, weil ihre Sehkraft wegen einer Vorerkrank­ung eingeschrä­nkt ist. Aber grundsätzl­ich weiß sie sich zu helfen. Trotzdem gelang es ihr nicht, online einen Termin zu vereinbare­n. Sie fragt sich, warum keine Gebrauchsa­nweisung verteilt wurde, zum Beispiel als Flyer. Zumal andere Menschen weniger PC-Erfahrung haben. „Und nicht jeder hat einen Sohn oder eine Tochter, der oder die hilft, sich online einen Impftermin zu buchen.“

Die Seniorin, die bis vor vier Jahren die Vorsitzend­e des VdK-Ortsverban­des Menzelen war, versucht es mit Humor zu nehmen. „Ich hatte nie die Zeit, mich selbst zu bedauern: Warum sollte ich jetzt damit anfangen?“Sie baut nun auf den Impfstart bei den Hausärzten, die in dieser Woche die ersten Impfdosen erhalten sollen. Sie will dann mit ihrem E-Scooter zur Praxis rollen, sich ins Wartezimme­r setzen und erst wieder gehen, wenn sie eine Impfdosis oder zumindest einen Termin bekommen hat. „Ich möchte geimpft werden, egal mit welchem Vakzin, mit ärztlicher Zustimmung von mir aus auch mit Astrazenec­a.“Denn sie will in ihrem Leben unbedingt noch ihre Schwester (81) in Missouri (USA) besuchen. „Die ist längst geimpft. Ihr hat nur der Arm ein bisschen gezwickt, das war`s.“

Nach Angaben des VdK ist die Xantenerin kein Einzelfall. Auch andere Menschen mit chronische­n Vorerkrank­ungen hatten oder haben

demnach Schwierigk­eiten, einen Impftermin zu vereinbare­n. Ursula Schülke ist übrigens überzeugt, dass sie in dieser Woche nicht vergeblich zum Hausarzt rollen wird: „Da geht es bestimmt nach Schönheit, da habe ich dann natürlich die größten Chancen.“

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RP-FOTO: JAS Ursula Schülke mit ihrem Smartphone: Seit Wochen versucht sie, einen Termin für eine Corona-Schutzimpf­ung zu bekommen – bisher vergeblich.

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