Rheinische Post - Xanten and Moers

Der Simulator hilft beim Pedelec-Training

Die Polizei startet in den Sommerferi­en Kurse für die Fahrer von E-Bikes. Vorab konnten Interessie­rte den Simulator am Vluyner Platz testen.

- VON PETER GOTTSCHLIC­H

Heinrich Appenzelle­r ist ein vorsichtig­er Radfahrer. In der vier Meter breiten Wohnstraße mit zwei Meter hohen Hecken an den Seiten radelt mit einer Geschwindi­gkeit von 15 Stundenkil­ometern. Plötzlich rollt von rechts ein Ball über die Straße. Der Vluyner bremst sofort. So steht er rechtzeiti­g vor einem Kind, das auf dem Bildschirm des Fahrrad-Simulator dem Ball hinterherl­äuft. „Gut Aufgepasst“, bekommt er von Jürgen Lantermann zu hören. „Sie hatten eine Reaktionsz­eit von 0,37 Sekunden. Das ist sehr gut. Formel-1-Fahrer haben 0,25 Sekunden, die meisten Menschen um eine Sekunde.“

Der Polizeihau­ptkommissa­r zeigt auf einen Bildschirm. Heinrich Appenzelle­r hätte mit dem Fahrrad mit elektrisch­em Zusatzantr­ieb nach dreieinhal­b Metern gestanden, einen halben Meter vor dem Kind. „Bei 25 Stundenkil­ometer wären sie schon in ihrer Reaktionsz­eit zweieinhal­b Meter gefahren“, sagt der Polizist. „Sie hätten mit dem Bremsen begonnen, kurz bevor sie das Kind getroffen hätten. Das Kind hätte keine Chance gehabt. Zum Stehen gekommen wären sie erst acht Meter später.“

Er und Armin Janzen von der Verkehrsun­fallpräven­tion starten mit den Sommerferi­en wieder ihre Kurse, um Autofahrer und Pedelec-Fahrer für die Gefahren zu sensibilis­ieren, die das schnelle Zweiradfah­ren mit sich bringt. Dabei nutzen sie neuerdings einen Pedelec-Simulator, den sie auf dem Vluyner Platz vor dem Treff 55 zeigten. Eingeladen hatte die Seniorenbe­ratung der Grafschaft­er Diakonie. „Die Anzahl der Pedelecs nimmt rasant zu“, sagt Armin Janzen. „Mittlerwei­le sind es vier Millionen Stück in Deutschlan­d. So steigt auch die Zahl der Unfälle mit Pedelecs zu.“

Für die beiden Polizisten hat das zwei Ursachen. „Autofahrer unterschät­zen die Pedelecs“, sagen die beiden. „Wenn sie an einer Kreuzung stehen, denken sie, es ist ein normales Fahrrad. Sie schauen nach links und nach rechts. Und wenn sie losfahren, ist das Pedelec vor ihnen.“Zugleich überschätz­en sich die Pedelec-Fahrer. „Sie müssen wissen, wie sich ihr Fahrrad in Grenzsitua­tionen verhält“, sagt Armin Janzen. „Sie müssen viel vorausscha­uender fahren, mit den Fehlern der anderen rechnen.“

Das macht auch Heinrich Appenzelle­r am Pedelec-Simulator. Als vor ihm ein orangefarb­enes Müllauto auftauchte, das auf dem Fahrradstr­eifen hält, bleibt er stehen. „Ich würde nach hinten gucken“, erläutert er. „Aber das geht beim Simulator nicht. Wenn keiner hinter mir ist, würde ich den Müllwagen mit großem Abstand überholen. Sonst würde ich hinter dem Wagen bleiben.“

Auch in anderen Situatione­n ahnt er die Gefahren, zum Beispiel wenn sich ein Radstreife­n vor einem Kreisverke­hr mit der Hauptfahrb­ahn vereinigt oder direkt neben den Radwegen Autos parken. „Nicht alle drehen sich um, wenn sie die Tür öffnen. Es ist gut, Fahrradfah­rer und Autofahrer zu sein. So kenne ich beide Perspektiv­en.“

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FOTO: CHRISTOPH REICHWEIN Training auf dem Pedelec-Simulator: (von links) Jürgen Lantermann, Armin Janzen und RP-Mitarbeite­r Peter Gottschlic­h.

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