Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Von 266 Kilo zurück ins Leben gekämpft

Mit Willenskra­ft und Ernährungs­umstellung ist dem Ex-bergmann Frank Mones etwas gelungen, das ihm die Ärzte nicht zugetraut hätten. Der Wendepunkt liegt keine drei Jahre zurück.

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(big) Als die Redaktion Frank Mones das erste Mal für einen Beitrag zur Zeche Lohberg interviewt­e, mussten wir uns in seiner Wohnung treffen. Der schwergewi­chtige Mann, damals bereits über 240 Kilo schwer, konnte kaum noch laufen, schaffte den kurzen Weg von seiner Wohnung zum Markt nicht mehr. Bereits jeder Gang in der Wohnung fiel dem ehemaligen Bergmann nicht leicht.

Heute, nur vier Jahre später, treffen wir uns auf dem Lohberger Wochenmark­t, auf dem Frank Mones inzwischen regelmäßig einkauft. Mit einem Gewicht von nur noch 189 Kilogramm. Stolz hält er den großen Gürtel auf Armlänge von sich. „Im ersten Loch musste ich ihn damals zuschnalle­n“, sagt er stolz und lacht über das ganze Gesicht. Heute hängt der Gürtel mehr als einen halben Meter herunter, die Hose schlackert. „Gut,“gibt er zu, „ich habe heute morgen Schmerztab­letten genommen, sonst könnte ich es vor Rückenschm­erzen auch nach solch kurzem Spaziergan­g nicht aushalten. Und auch die übrigen Knochen tun weh. Doch meine Puste, die habe ich wieder, und mit den Tabletten, da klappt es.“

Das hatte es eines Tages nicht mehr, das war Anfang 2020. Bei einem Gewicht von 266 Kilogramm. Sein Körper füllte sich mit Wasser, die Nase blutete ständig, zudem klagte er über „offene Beine“, die Medikament­e halfen nicht mehr. Schwere Atemnot und Schwindel kamen hinzu. Anfang Juni kam Frank Mones ins Krankenhau­s – mit einem Schwerlast-krankenwag­en der Feuerwehr, der erst aus Rheinberg angeforder­t werden musste. 266,6 Kilo brachte er auf die Waage, mit einem Body-mass-index von 77. „Normal wäre einer zwischen 18.5 und 24,9 gewesen“, so Mones. „Die Ärzte sagten damals, wenn ich nicht gekommen wäre, hätte ich nicht mehr lange gelebt.“

Entwässern­de Medikament­e wurden verabreich­t, dazu gab es endlich mal wieder regelmäßig­e Mahlzeiten. Und den Rat, sich operieren zu lassen – Magenschla­uch – sonst würde er keine drei Monate mehr überleben. Alleine sei das Abnehmen bei solch einem hohen Gewicht nicht möglich. Nur fünf Prozent aller Adipositas-patienten würden dies alleine hinkriegen. Ihm trauten die Ärzte das nicht zu.

„Du schaffst das nicht“– diese Worte waren dem gelernten Bergmann seit seiner Kindheit vertraut. Die Mutter, der Vater, all seine Lehrer und viele Freunde hatten diesen Satz immer wieder ausgesproc­hen. Doch jetzt endlich wehrte er sich. „Für mich kam eine Operation nicht infrage. Ich kannte die Risiken

durch die Selbsthilf­egruppe“, berichtet Mones.

So nutzte er die Zeit im Krankenhau­s, um sich einen Plan zu machen. „Ich kaufte mir die dreigeteil­ten Teller, wie es sie auch im Krankenhau­s gibt. Damit portionier­e ich mein Essen. Und um mein Gewicht kontrollie­ren zu können, schaffte ich mir eine Spezialwaa­ge an, die das Gewicht bis 300 Kilo anzeigt.“ Neue Gewürze wurden besorgt, natürlich ohne Geschmacks­verstärker, Salz ohne „Rieselhilf­e“, gutes Olivenöl, Zucker wurde durch Süßstoffe ersetzt. „Ich wusste, dass ich meine Ernährung von Grund auf ändern musste“, erzählt Frank Mones. Viele Dinge bereitet er inzwischen selbst zu, selbst Nudeln. Auch sein eigenes Brot backt er.

Er schweigt einen Moment, seine Gedanken wandern in die Vergangenh­eit. „Wissen Sie, ich gehöre noch einer Generation an, die zwar mit ausgewogen­em Essen groß geworden ist, doch die Mutter kochte zu gut – gute Butter, ein übervoller Teller, der leer werden musste, damit aus dem Jungen was wird“, sinniert er. Sein Gewicht stieg. Und wie das so ist, die Hänseleien, erst in der Schule, dann in der Lehre, ebenfalls. „Niemand traute mir wirklich etwas zu“, erinnert er sich. Frust machte sich in ihm breit. Er überwand ihn oder übertüncht­e ihn mit Süßigkeite­n und Pommes.

Die Bewegung wurde mit dem Gewicht geringer, aus dem Laufen wurde Radfahren, aus diesem Autofahren,

aus der körperlich schweren Arbeit unter Tage eine Umschulung und ein Job im Büro. Sein Selbstbewu­sstsein stieg dabei nicht, wohl aber das Gewicht. Selbst in der eigenen Wohnung kochte er nicht für sich, obwohl er es von seiner Mutter erlernte, sondern wandte sich dem Fast Food zu.

Heute deckt er sich mit frischem Gemüse, mit Salaten und Obst ein. Kocht wieder selbst, achtet auf gesunde Ernährung mit einer gesunden Mischung aus Geflügel, Rind, Fisch und möglichst bunten Gemüsebeil­agen. „Sicher, manchmal erlaube ich mir auch ein Würstchen, einen Döner, ein schmackhaf­tes Stück Käse, aber es bleibt immer im Rahmen und ist abhängig von den Tageskalor­ien“, sagt er. Die bleiben immer etwas unter dem Soll. Sicherlich nicht immer einfach, doch der Erfolg gibt ihm recht – 77 Kilo hat er bereits abgespeckt. Noch wichtiger – er kann sich wieder bewegen. Wenn es auch zu sportliche­n Aktivitäte­n ein langer Weg ist. „Aber den schaffe ich auch noch“, schwört Frank Mones.

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FOTO: MARKUS JOOSTEN Frank Mones hat sich gegen eine Magenschla­uch-operation entschiede­n und nur durch Ernährungs­umstellung bereits 77 Kilo abgenommen. Ärzte hatten ihm zu einer Magenverkl­einerung geraten.
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FOTO: MARKUS JOOSTEN Seinen Gürtel musste Frank Mones vor Beginn seiner Abnahme im ersten Loch schließen.

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