Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Tischtenni­s-herren im Wm-finale chancenlos

Im Endspiel ist China zu stark. Bei dieser Weltmeiste­rschaft überhaupt so weit gekommen zu sein, ist die eigentlich­e Überraschu­ng.

- VON SEBASTIAN STIEKEL

(dpa) Noch nie war Jörg Roßkopf nach einem verlorenen Wm-finale so stolz. „Dieses Silber glänzt wie Gold“, sagte der Bundestrai­ner der deutschen Tischtenni­snationalm­annschaft am Sonntag nach dem 0:3 gegen den Gastgeber China.

Deutliche Endspiel-niederlage­n gegen die Tischtenni­s-übermacht kennt Roßkopf zwar schon von den Olympische­n Spielen im vergangene­n Jahr oder von der vorangegan­genen Team-weltmeiste­rschaft 2018 in Schweden. Aber die Geschichte dieses Finals in Chengdu ist eine völlig andere. Es war ein großer Erfolg, mit der Außenseite­r-besetzung Dang Qiu, Benedikt Duda und Kay Stumper überhaupt so weit gekommen zu sein. Bislang hatte Roßkopf nur die vergeblich­en Versuche der Generation Boll/ovtcharov erlebt, die dominanten Chinesen wenigstens einmal vom Thron zu stoßen.

Die Geschichte dieses Finals ist so schnell erzählt, wie das aus deutscher Sicht zu befürchten war. Duda verlor zum Auftakt in 0:3 Sätzen gegen den Weltrangli­sten-ersten Fan Zhendong. Einzel-europameis­ter Dang Qiu gewann beim 1:3 gegen Olympiasie­ger Ma Long wenigstens den dritten Satz. Und dem 19 Jahre alten Wm-debütanten Kay Stumper gelang gegen Mixed-weltmeiste­r Wang Chuqin auch keine Überraschu­ng mehr (0:3).

„Erstmal bin ich traurig. Ich werde später realisiere­n, wie viel wir bei diesem Turnier erreicht haben“, sagte Stumper.

Das deutsche Überraschu­ngsteam hatte zuvor in der 20-Millionen-einwohners­tadt im Westen Chinas zwei Tischtenni­s-thriller nacheinand­er gewonnen: 3:2 nach 0:2-Rückstand im Viertelfin­ale gegen Frankreich. Und am Samstag dann 3:2 nach 1:2 im Halbfinale gegen noch einmal deutlich stärker besetzte Südkoreane­r.

Gegen China hat im Tischtenni­s allerdings schon seit Jahren niemand mehr eine Chance. In diesem Team ist selbst der Weltrangli­stendritte Liang Jingkun nur Ersatz. So gewannen die Olympiasie­ger den

Wm-titel zum zehnten Mal nacheinand­er. Die letzten Mannschaft­sweltmeist­er, die nicht aus China kamen, waren die Schweden in den Jahren 2000, 1993, 1991 und 1989.

In Deutschlan­d hat der frühere Doppel-weltmeiste­r Roßkopf derweil geschafft, was kaum jemand in den vergangene­n Jahren für möglich hielt: Eine Mannschaft aufzubauen, die auch ohne den Rekord-europameis­ter Timo Boll und den Olympiadri­tten Dimitrij Ovtcharov (beide Trainingsr­ückstand) zur Weltspitze gehört. Schon 2021 verteidigt­en die Deutschen ohne die beiden ihren Em-titel. Doch selbst der damalige Führungssp­ieler Patrick Franziska

war in Chengdu nach der Geburt seines ersten Kindes nicht dabei.

Also formte Roßkopf ein Team, das neben der starken Entwicklun­g aller drei Spieler in den vergangene­n Monaten vor allem vom Zusammenha­lt lebt. Duda und Dang sind auch privat enge Freunde. Beide lebten bereits zusammen in einer WG und gewannen als Doppelpart­ner unter anderem das Wtt-turnier in Katar in diesem März. Bei Stumper ging alles noch schneller: 2021 wurde er Junioren-europameis­ter, 2022 verpflicht­ete ihn der deutsche Rekordmeis­ter Borussia Düsseldorf. Bei dieser WM dann verdrängte er nach dem dritten Vorrunden-spiel den deutlich erfahrener­en Ricardo Walther (ASV Grünwetter­sbach).

„Wir können alle super stolz auf die Jungs sein. Finale ist natürlich Wahnsinn“, sagte Rekord-europameis­ter Boll in einer Video-botschaft. Bei den Olympische­n Spielen 2024 will er aber selbst wieder dabei sein.

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FOTO: JIANG HONGJING/DPA Deutschlan­ds Topspieler Qiu Dang von Borussia Düsseldorf im Finale in Aktion.

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