Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Die „Würzburger Lügensteine“
Was Johann Beringer am
4. Oktober 1725 in der
Fachpresse veröffentlichte, war wirklich erstaunlich: Der
Würzburger Naturforscher und Professor für Medizin glaubte im Besitz von mehr als 2000 außergewöhnlichen Fossilien zu sein. Sein Bericht darüber, der in den „Neuen Zeitungen für gelehrte Sachen“erschien, sollte eine Ankündigung für eine Abhandlung sein, die Beringer im folgenden Jahr verfasste: die „Lithographiae Wirceburgensis“. Einer der auffälligsten Steine, von denen Beringer dachte, die Natur hätte sie erschaffen, zeigte eine Spinne in ihrem Netz. Auf einem anderen schien eine Riesenmilbe gerade eine Fliege zu verspeisen, ein weiterer zeigte eine Biene, die sich im Anflug auf eine Blume befand. Die Bilder sahen aus wie von Menschen gefertigte Reliefs – und das waren sie im Grunde auch. Moderne Betrachter hätten den Betrug wohl schnell bemerkt. Doch zu Beringers Zeit befand sich die Forschung zu Fossilien noch in ihren Anfängen. Es waren oft Mediziner, die sich als Naturforscher betätigten.
Ein paar Studenten hatten Beringer hereingelegt, vermutlich waren auch einige Wissenschaftskollegen in den Betrug verwickelt. Die jungen Männer boten ihm schon im Mai 1725 erste angebliche Fundstücke an. Beringer beauftragte die Studenten mit Grabungen und kaufte ihnen ihre Sammlung für rund 300 Reichstaler ab. Schon 1726 kamen dem Wissenschaftler Zweifel an der Echtheit einiger Exemplare. Er sortierte sie aus, veröffentlichte sein Werk aber dennoch. Erst 1732 erkannte er, dass er einem Betrug aufgesessen war. Er fand seinen eigenen Namen auf einem der Steine. Diese nannte man fortan „Würzburger Lügensteine“.