Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

„Wir sind jetzt wieder da“

Beim Ständehaus-treff meint CDU-VIZE Jens Spahn, dass die Union noch ein Potenzial für über 30 Prozent hat.

- VON MARTIN KESSLER UND KERSTIN MÜNSTERMAN­N

DÜSSELDORF Zwei Wochen vor der Bundestags­wahl gibt CDU-VIZE und Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn das Rennen noch nicht verloren. Er räumt zwar ein, dass der Trend derzeit nicht gut ist. Aber noch wüssten 41 Prozent nicht, wie sie wählen sollen. Das gebe noch Hoffnung. Beim Ständehaus-treff sagt der Christdemo­krat auf die Frage von Rp-chefredakt­eur Moritz Döbler, warum man jetzt die Union wählen solle: „Die Christdemo­kraten haben das Land durch die schwerste Krisen insgesamt gut geführt. Und wir haben eine wirkliche Idee für die 20er Jahre.“Auch auf die gefährlich­e Abhängigke­it von China hätte die Union als einzige Partei eine fundierte Antwort. „Stellen Sie sich vor, nur die Chinesen würden einen Impfstoff entwickeln.“

Deshalb sei er optimistis­ch, meint Spahn.„wir haben das Potenzial für über 30 Prozent, wir können es nur gerade nicht ausreizen“, betont er. Es seien in den vergangene­n Wochen Fehler gemacht worden, aber nun müsse man nach vorne blicken. „Wenn sie 3:0 vorne liegen, dann spielen sie defensiver, als wenn sie vorne liegen. Es hat vielleicht eine Woche zu spät begonnen, aber jetzt sind wir da.“Die Union sei die letzte verblieben­e Volksparte­i, und es gebe auch keine ausgeprägt­e Wechselsti­mmung im Land. „Ich habe Opposition noch erlebt und kann sagen: Regieren ist schöner“, stellt Spahn fest.

Er sieht noch andere Gründe für die derzeitige Stimmung. „Wir haben eine einmalige Situation in Deutschlan­d. Noch nie fand eine Wahl ohne den amtierende­n Kanzler statt. Das macht die Wahl so besonders.“Der Cdu-politiker macht sich auch für den angeschlag­enen Spitzenkan­didaten der Union, Armin Laschet, stark. „Wenn ein Land zeigt, was den Unterschie­d macht, dann ist es das Land NRW, wo Laschet regiert.“Es gehe jetzt um Verbote oder Innovation. Und hier beweise der Ministerpr­äsident, dass er sich um neue Technologi­en kümmern könne – um Wasserstof­fstahl, um den Umbau der Chemieindu­strie. Laschet könne hier einiges in NRW vorweisen.

Den Anspruch des Spd-kandidaten Olaf Scholz, der wahre MerkelNach­fogler zu sein, nannte Spahn „eine besondere Form der politische­n Erbschleic­herei“. Die Union und ihr Spitzenkan­didat hätten als einzige den Anspruch, für die Gemeinsamk­eit aller Bürger zu stehen und nicht nur für bestimmte Gruppen Politik zu machen. „Das Letztere nennt man Identitäts­politik. Aber wir brauchen eine gemeinsame Geschichte. Und das kann nur die Union leisten.“

Spahn kommt immer wieder auf die Corona-politik der Bundesregi­erung zurück, die insgesamt eine Erfolgsges­chichte sei. Jetzt komme es darauf an, die Impfquote zu erhöhen. „Dann können wir uns Zustände wie in Dänemark leisten.“Aber hier beim Ständehaus-treff sei es auch schon ziemlich entspannt, fügt er hinzu. Trotzdem mache das Impfen den entscheide­nden Unterschie­d. „Wir impfen das Land gerade in die Freiheit zurück“. Wer sich nicht Impfen lasse, werde sich über kurz oder lang infizieren. Er knüpfe viele Hoffnungen auf Aktionen wie die Impfwoche gerade. Mit Blick auf die Diskussion um die Impfpflich­t sagt Spahn, er befürchte, dass man bei einer „verpflicht­enden Impfung“zu viele verliere. „Wir müssen immer noch miteinande­r reden“.

Im Streit um die Lohnersatz­leistung für Arbeitnehm­er, die sich in Quarantäne befinden, wollen Bund und Länder eine gemeinsame Regelung finden. „Wir versuchen, mit den Ländern eine gemeinsame Linie bei der Lohnersatz­leistung zu finden“, sagt der Chef des Gesundheit­sressorts. Hintergrun­d ist eine Regelung im Infektions­schutzgese­tz, dass ungeimpfte Kontaktper­sonen, die in Quarantäne müssen, keine Lohnersatz­leistung erhalten. Bislang wurde das nicht angewendet, weil nicht genug Impfstoff da war. Doch nun waren einige Länder vorgepresc­ht. Die Gesundheit­sminister der Länder wollen am Mittwoch dazu eine übergreife­nde Einigung erzielen.

Seit März des vergangene­n Jahres steht Spahn an vorderster Front im Kampf gegen die Corona-pandemie. Nachdem er zu Beginn mit zweifelhaf­ten Exportverb­oten für medizinisc­he Ausrüstung und Beatmungsg­eräte scharfe Kritik auf sich zog, gewann er im Laufe der wohl schwersten Herausford­erung des Bundesrepu­blik als Krisenmana­ger und Gesundheit­sminister an Statur. Er gehört mit Kanzlerin Angela Merkel, ihrem Amtschef Helge Braun sowie Vizekanzle­r Olaf Scholz zum engsten Kreis der Bundesregi­erung in Sachen Corona.

Spahn gilt als Konservati­ver in der Union, der stark auf die Kräfte des Marktes setzt und in der Migrations­frage eher für einen Abschottun­gskurs steht. Als bekennende­r Homosexuel­ler, der mit seinem Partner Daniel Funke seit vier Jahren verheirate­t ist, vertritt er gesellscha­ftlich liberale Ansichten, auch wenn er den Wert der klassische­n wie auch der modernen Familie sehr hoch hält.

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FOTO: ANDREAS BRETZ Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (l.) im Gespräch mit Rp-chefredakt­eur Moritz Döbler.

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