Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Bund und Länder machen Druck bei Sormas
Das System soll die Kontaktnachverfolgung über die Grenzen von Landkreisen und Städten ermöglichen.
BERLIN (frin) Bund und Länder bleiben dabei: Bis Ende Februar soll die Software Sormas in allen Gesundheitsämtern in Deutschland eingeführt werden. Die vom Helmholtz-zentrum für Infektionsforschung (HZI) entwickelte Software gilt als zentraler Baustein bei der Bekämpfung der Pandemie. Denn mit ihrer Hilfe könnten erstmals Daten deutschlandweit über Städte- und Kreisgrenzen hinweg ausgetauscht werden.
Doch das Ziel dürfte kaum zu erreichen sein. Aktuell haben laut HZI etwa die Hälfte aller Gesundheitsämter Sormas installiert. Rund 170 Gesundheitsämter haben nicht mal den sogenannten Auftragsverarbeitungsvertrag unterschrieben. Dieser muss laut dem Projekt-verantwortlichen Gérard Krause bis zum 15. Februar vorliegen, damit das Ziel vonseiten des HZI überhaupt noch erreicht werden kann. Am weitesten bei der Umsetzung sind nach Informationen unserer Redaktion Bayern und Mecklenburg-vorpommern, wo Sormas Anfang Februar in jeweils drei Viertel der Behörden betriebsbereit oder in Betrieb gewesen sein soll. In NRW sind laut dem Wirtschaftsministerium mehr als die Hälfte der Gesundheitsämter angeschlossen. In Hamburg, Sachsen und dem Saarland war Anfang Februar noch kein einziges Amt angeschlossen.
Vielerorts gibt es immer noch Bedenken, in der aktuellen Krise die Software zu wechseln. Viele Städte und Landkreise bestehen darauf, ihre eigenen Programme weiterzunutzen und diese über eine Schnittstelle an Sormas anschließen zu lassen. Im aktuellen Beschluss von Bund und Ländern sagt die Bundesregierung zu, diese zügig zur Verfügung zu stellen, auch wenn Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) vom „Schnittstellenwahnsinn“alles andere als begeistert sein soll.
Für Unternehmer wie Jan Kus ist der Föderalismus in diesem Punkt ein Gräuel: „Wir müssen dadurch theoretisch jedes Gesundheitsamt abklappern, weil alle eigene Schnittstellen verwenden.“Kus ist Geschäftsführer der Kölner Digitalagentur Railslove. Gemeinsam mit Partnern hat er die Recover-app entwickelt, mit der sich Kontaktdaten elektronisch erfassen lassen. „Die App kann in Restaurants, Kitas, Schulen, Pflegeheimen oder beim Frisör genutzt werden“, sagt Kus. Er und seine Mitstreiter arbeiten aktuell an einer Schnittstelle zu Sormas, durch die Gastronomen dem Gesundheitsamt alle Daten per Knopfdruck zur Verfügung stellen könnten. Die Liste der Besucher müsste vom Amt nicht mehr telefonisch angefragt und dann eingetippt werden. Doch die Vielzahl von Schnittstellen erschwert die Arbeit – und damit auch die Bekämpfung der Pandemie. Kus sagt jedenfalls klar: „Es braucht eine Einheitlichkeit bei den Schnittstellen.“