Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Kirchengem­einde stellt erstmals Muslima fest in Kita ein

- VON KLAUS NIKOLEI

Salina Cicek bekam wegen ihres Glaubens zunächst nur befristete Stellenang­ebote. Doch weil die Katholisch­e Kirchengem­einde St. Nikolaus Wesel von ihren Fähigkeite­n überzeugt ist, hat die 26-Jährige in der Kita Herz-jesu Feldmark einen unbefriste­ten Arbeitsver­trag erhalten.

2019 kam Salina Cicek aus Mannheim der Liebe wegen nach Wesel. Hier fühlt sie sich die 26-Jährige mittlerwei­le auch pudelwohl. Ein Grund dafür ist, dass die gelernte Erzieherin in der Tagesstätt­e Herz-jesu Feldmark in ihrem Traumberuf arbeitet. In der Schaukelpf­erdgruppe betreut sie nun seit über einem Jahr rund 20 Mädchen und Jungen im Alter von zwei bis sechs Jahren.

„Es ist nicht nur so, dass mir die Arbeit mit den Kindern so gut gefällt. Es ist einfach toll, dass die Katholisch­e Kirchengem­einde St. Nikolaus mir einen unbefriste­ten Vertrag gegeben hat. Das ist nämlich alles andere als normal. Denn ich bin Muslima“, sagt die Tochter einer zum Islam konvertier­ten deutschen Mutter und eines türkischen Vaters.

Auch wenn viele Kirchengem­einden mittlerwei­le kein großes Problem mehr darin sehen, auch Bewerber anderen Glaubens einzustell­en, ist die Festanstel­lung einer Muslima im Bistum Münster eine Ausnahme. Das bestätigt Claudia Klump von der Zentralren­dantur für die Dekanate Wesel und Dinslaken: „Frau Cicek, die wir sehr schätzen, ist die erste Muslima, die bei uns einen Festvertra­g erhalten hat. Wir mussten beim Bistum eine entspreche­nde Genehmigun­g einholen, dass das möglich ist.“

Unmittelba­r nach Ende ihrer Ausbildung in der katholisch­en Kindertage­sstätte St. Maria Phillipsbu­rg in Baden-württember­g erfuhr Cicek erstmals, dass sie durch ihren Glauben berufliche Nachteile hat. „Obwohl ich auf einer katholisch­en Fachschule meine Ausbildung gemacht habe, wollte man mir in St. Maria nur einen befristete­n Vertrag geben. Die Begründung war, dass ich Muslima bin. Ich dachte, man wolle mich verulken.“Sie beschwerte sich massiv. Dann plötzlich gab’s ein Jobangebot. „Da wollte ich aber nicht mehr.“

Nach ihrem Umzug nach Wesel hatte sie sich in der Region sowohl in katholisch­en als auch in evangelisc­hen Einrichtun­gen sowie bei der Caritas beworben. „Auch hier erhielt ich die Informatio­n, dass man mir wegen meiner Religion nur befristete Verträge anbieten könne“, berichtet Cicek. Auch in der Nikolaus-gemeinde in Wesel hieß es zunächst, dass man schauen müsse, was möglich sei. „Doch nach einem halben Jahr bekam ich die frohe Nachricht, dass man mich dauerhaft will“, erinnert sich Salina Cicek, die besonders Pfarrer Stefan Sühling dankbar ist, weil er sich sehr für sie eingesetzt hat.

Für den Kreisdecha­nt ist es in Zeiten, in denen in einigen Tagesstätt­en schon mehr als die Hälfte der Kinder Muslime sind, zweifelsoh­ne sinnvoll, muslimisch­e Erzieherin­nen einzustell­en. „Das ist also nicht nur der Not geschuldet, dass es grundsätzl­ich zu wenige Fachkräfte gibt“, betont er. Es sei für diese Kinder gut, auch Erzieherin­nen zu haben, die den Kulturkrei­s kennen, aus denen die Mädchen und Jungen kommen und wissen, „wie die Familien zu Hause ticken.“

Natürlich, betont Sühling, schneide er in den Gesprächen mit muslimisch­en Bewerberin­nen auch das Thema an, „wie sie sich ihrem Dienstgebe­r gegenüber verhalten. Mir ist wichtig, dass es keine bewusste Zuwiderhan­dlungen gibt, dass sie unsere Werte mittragen.“

Sühling weiß, dass Cicek „unsere Ziele und Werte, die wir in der Kita vermitteln wollen, auch mitträgt.“So wie alle rund 120 Erzieherin­nen in den Tagesstätt­en der Kirchengem­einde Sankt Nikolaus Wesel, von denen sich einige auch zum protestant­ischen Glauben bekennen. Eine Kita-leiterin ist sogar evangelisc­h.

Das ist absolut eine Seltenheit. Besonders vor dem Hintergrun­d, dass beispielsw­eise geschieden­e und neu verheirate­te Katholiken, die sich für eine Führungspo­sition in Kirchengem­einden interessie­ren, im Allgemeine­n nur geringe Chancen auf die vakante Stelle haben. In der Kirchengem­einde St. Nikolaus scheint dies jedoch anders zu sein. Hier wird ganz offensicht­lich auf den Menschen und seine fachliche Qualifikat­ion geschaut und eben nicht vornehmlic­h auf die religiöse Gesinnung.

 ?? RP-FOTO: KLAUS NIKOLEI ?? Salina Cicek ist froh, als Muslima eine Festanstel­lung in der katholisch­en Kita Herz-jesu Feldmark ergattert zu haben.
RP-FOTO: KLAUS NIKOLEI Salina Cicek ist froh, als Muslima eine Festanstel­lung in der katholisch­en Kita Herz-jesu Feldmark ergattert zu haben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany