Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Museum feiert Wesels Wiederaufb­au

Sonntag wird die Ausstellun­g „Wunder aus Trümmern“, die derzeit aufgebaut wird, eröffnet. Im Centrum werden Fotos, Dokumente und Weseler Produkte aus der Wirtschaft­swunderzei­t gezeigt. Wir haben uns schon mal umgeschaut.

- VON KLAUS NIKOLEI

WESEL Jeder Weseler, ob in der Stadt vor vielen Jahren aufgewachs­en oder zugezogen, sollte sich in den nächsten drei Monaten fest vornehmen, das Städtische Museum an der Ritterstra­ße zu besuchen. Jedenfalls, wenn er sich ein wenig für die Stadtgesch­ichte interessie­rt. Denn in der Galerie im Centrum wird ab Sonntag, 8. September, die Ausstellun­g „Wunder aus Trümmern – Die wirtschaft­liche Entwicklun­g einer störten Stadt“zu sehen sein. Und zwar bis zum 15. Dezember. Zur offizielle­n Eröffnung im Bühnenhaus ist am Sonntag jeder willkommen (siehe Infobox).

Unsere Redaktion hat sich am Donnerstag die stadtgesch­ichtliche Ausstellun­g, die sich aktuell noch im Aufbau befindet, vorab einmal angesehen.

Auch wenn noch längst nicht alle der vielen Schwarz-weiß-bilder aus der sogenannte­n Wirtschaft­swunderzei­t mit Erklärungs­texten versehen sind und auch so manches Ausstellun­gsstück in den Glasvitrin­en noch nicht benannt ist, wird beim Rundgang durch die Galerie klar, dass jedem Nostalgike­r hier warm ums Herz wird.

Auf einem dicken roten Band, das sich durch die gesamte Ausstellun­g zieht, sind zu Beginn Fotos der Geschäfte an der Hohen Straße zu sehen, auf der damals noch die Straßenbah­n gefahren ist. Wo sich heute beispielsw­eise der Telekom-shop befindet, gab es in den 50er Jahren Lebensmitt­el bei Otto Mess. Und gegenüber, wo heute Galeria steht, war in den 50er Jahren das neue Rathaus errichtet worden. Bilder aus dem Verwaltung­sbau, ein altes Telefon, Stempel und ein liebevoll gearbeitet­es Modell des Rathauses sind weitere Hingucker. Ebenso Bilder und Zeitungsar­tikel über den Einsturz des Hansa-kaufhauses gegenüber der Hauptpost, bei dem im Februar 1954 vier Menschen ihr Leben verloren.

Die Ausstellun­gsmacher haben mehr als ein Dutzend Zeitzeugen zu ihren Erinnerung­en an die 50er und 60er Jahre befragt. Die Interviews sind an mehreren Stellen zu sehen. Die bewegten Bilder werden mit Hilfe eines Beamers auf Leinwände im Hochformat projiziert. Es lohnt sich, den Senioren zuzuhören, die Wesel zum Teil mit aufgebaut haben.

Ein altes Motorrad der Firma Express gibt es zu bestaunen in dem Ausstellun­gsbereich, in dem es ums Thema Mobilität geht. Weil Autos nach dem Krieg unerschwin­glich waren, erlebten Motorräder einen wahren Boom.

Vor allem, wer sich für Sport interessie­rt ist, gerät bei der Ausstellun­g ins Schwärmen. Da gibt es Bilder und das Plakat eines „Fußball-groß

kampfes“„Schwarz gegen Weiß“, bei dem sich Bäcker und Schornstei­nfeger auf dem damaligen Heuberger Sportplatz gegenüberg­estanden haben. Auf dem gleichen Spielfeld fanden seinerzeit auch Handballsp­iele der Frauen statt. Zwei historisch­e Aufnahmen zeigen außerdem die aus Wesel stammende Eva Falk, die in den 50er Jahre eine bekannte Autorennfa­hrerin war und internatio­nale Erfolge feierte.

Natürlich widmet sich die Ausstellun­g, in der Zeitgeist der Wirtschaft­swunderjah­re spürbar wird, auch den Weseler Firmen. Wer weiß schon, dass es in Wesel einmal eine Brillenfab­rik gegeben hat? Oder auch eine Metzgerei in der Innenstadt, in der man Frikadelle­n & Co. aus einem Schlaraffe­nland-automaten ziehen konnte?

Fazit: Es ist eine Ausstellun­g, die wirklich Spaß macht. Die erste offene Führung findet übrigens am Donnerstag, 12. September, um 19 Uhr für Interessie­rte statt. Heiko Suhr, der kommissari­sche Leiter des Stadtarchi­vs, wird unter anderem über seine Lieblingso­bjekte der Ausstellun­g sprechen. Eine Anmeldung ist nicht nötig.

Es gibt ein umfangreic­hes Rahmenprog­ramm zur Ausstellun­g, die bis Mitte Dezember zu sehen ist. Die Themen und genauen Daten enthält ein Flyer, der unter anderem im Centrum ausliegt. Weitere Infos unter www.wesel.de

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RP-FOTOS: KLAUS NIKOLEI Motorräder waren in den 50er Jahren ein beliebtes Fortbewegu­ngsmittel, weil Autos damals für viele noch unerschwin­glich waren. In der Ausstellun­g ist diese Express zu bewundern.
 ??  ?? Wenn im Wesel der Nachkriegs­zeit Schützenfe­st gefeiert wurde, hatten die Geschäfte geschlosse­n, die Kinder schulfrei.
Wenn im Wesel der Nachkriegs­zeit Schützenfe­st gefeiert wurde, hatten die Geschäfte geschlosse­n, die Kinder schulfrei.
 ??  ?? Raritäten: Schilder der Fahrschule Niehues, die es noch heute gibt.
Raritäten: Schilder der Fahrschule Niehues, die es noch heute gibt.
 ??  ?? Ein Hingucker aus den 60er Jahren ist dieses Freizeitkl­eid.
Ein Hingucker aus den 60er Jahren ist dieses Freizeitkl­eid.
 ??  ?? Das Spiel „Schwarz gegen Weiß“lockte 1953 viele Zuschauer.
Das Spiel „Schwarz gegen Weiß“lockte 1953 viele Zuschauer.

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